Bezahlbarer Wohnraum in Scharbeutz - Innovative Ideen machen es möglich
In Scharbeutz besuchten unser wohnungsbaupolitischer Sprecher Jan Marcus Rossa gemeinsam mit seinen beiden Abgeordnetenkollegen Annabell Krämer und Jörg Hansen ein ganz besonderes Neubauquartier, das auf einem früheren Sportplatz an der Luschendorfer Straße entstand. Das Außergewöhnliche: Von den insgesamt 52 Mieteinheiten sind 13 Wohnungen preis- und belegungsgebunden, ohne dass die soziale Wohnraumförderung des Landes in Anspruch genommen wurde. Stattdessen hat die Gemeinde selbst den Bau der Sozialwohnungen bezuschusst und dafür ein Mitspracherecht bei der Belegung erhalten. Der Vertrag zwischen der Gemeinde und dem Eigentümer läuft über 30 Jahre. Während die Kaltmiete ansonsten acht bis elf Euro pro Quadratmeter beträgt, liegt sie bei den Sozialwohnungen lediglich bei sechs Euro.Insgesamt 11,7 Millionen Euro investierte die Wohnungsbaugesellschaft Ostholstein, kurz WOBAU OH, in das 2017 fertiggestellte Quartier.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen – den Besucher erwarten ansprechende Klinkerfassaden, von Rosen und anderen Blühpflanzen umsäumte Wege, beschauliche Innenhöfe mit einer Teichanlage und einem kleinen Spielplatz. Die Müllanlage befindet sich unterhalb der Erde, ausreichend Parkplätze stehen den Mietern in Carports zur Verfügung.
Zudem gibt es einen Gemeinschaftsraum mit angrenzender Terrasse, der von den Bewohnern gegen eine kleine Reinigungsgebühr für Feierlichkeiten genutzt werden kann. Eine moderne Küche ermöglicht gemeinschaftliches Kochen für einen schönen Abend mit Freunden. Wer seinen Besuch nicht in der Wohnung unterbringen kann oder will, dem steht sogar eine Gästewohnung zur Verfügung, die einem modernen Hotelzimmer in nichts nachsteht.
Den Verantwortlichen war intergeneratives Wohnen und überhaupt eine gute Mischung im Quartier sehr wichtig. Alt und Jung fühlen sich dort gleichermaßen wohl. WOBAU-Ostholstein-Geschäftsführer Fabian Weist wies im Gespräch auf die großen Schwierigkeiten hin, angesichts erheblich gestiegener Baukosten und Anforderungen an Neubauten bezahlbaren Wohnraum zu errichten. „Wer teuer baut, kann nicht günstig vermieten“, fasste er zusammen. Das sehen auch die Abgeordneten so. Der Bund hat in den letzten Jahren die energetischen Standards bis an die Grenze zum Unvernünftigen verschärft. Und wer nicht ausreichend Bauland ausweist, treibt auch die Bodenpreise weiter in die Höhe. Hinzu kommen ausgelastete Baufirmen und explodierende Baustoffpreise. Mit Blick auf die soziale Wohnraumförderung des Landes forderte Herr Weist, mit der Entwicklung der Baukosten Schritt zu halten und die Konditionen regelmäßig anzupassen, damit es nicht zu einer Quersubventionierung des sozialen Wohnraums durch frei finanzierten Wohnraum kommen muss.
Unser wohnungsbaupolitischer Sprecher Jan Marcus Rossa sieht das Projekt beispielgebend für andere Kommunen, die sich einen solchen Baukostenzuschuss leisten können: „Das Scharbeutzer Modell zeigt, wie preisgebundener Wohnraum auch ohne die strengen Vorgaben entstehen kann, die beim sozialen Wohnungsbau üblicherweise gelten. Das hat zu mehr Flexibilität bei der Belegung geführt, etwa hinsichtlich der Wohnungsgrößen und der Ausstattung. Das Scharbeutzer Modell taugt als Vorbild für andere Kommunen, die nicht unbedingt über eigene kommunale Wohnungsunternehmen verfügen müssen. Über Baukostenzuschüsse könnten auch mit privaten Anbietern gleichermaßen soziale und attraktive Wohnbauprojekte entwickelt und umgesetzt werden.“
Im Anschluss noch ein Gespräch mit der Bürgermeisterin von Scharbeutz
Der Wohnraummangel, die Auswirkungen der Pandemie auf Tourismus und Gewerbe sowie die großen Investitionsvorhaben in der Region – es gab vieles zu besprechen mit der Bürgermeisterin von Scharbeutz, Bettina Schäfer. Im Bürgerhaus empfing sie die tourismuspolitische Sprecherin Annabell Krämer, den wohnungsbaupolitischen Sprecher Jan Marcus Rossa und den Wahlkreisabgeordneten Jörg Hansen.
Frau Schäfer begrüßte die frühen Öffnungsschritte der Landesregierung, zumal sich der Tourismus nicht als Pandemietreiber erwiesen habe. Inzwischen sei fast wieder Normalität eingekehrt und es drängten sich zunehmend wieder die alten Probleme auf. Den touristischen Betrieben falle es mangels Wohnraum immer schwerer, genügend Fach- und Saisonkräfte zu gewinnen. Teilweise seien schon vorübergehende Betriebsschließungen nötig gewesen. Deshalb habe die Wirtschaft vor Ort zwei Wohnbauprojekte initiiert, um selbst den nötigen Wohnraum für ihre Mitarbeiter zu schaffen.
Ein weiteres Thema in der Region ist die Hinterlandanbindung der Festen Fehmarnbeltquerung. Die Abgeordneten haben auf die großen wirtschaftlichen Chancen des Projekts für Schleswig-Holstein hingewiesen. Für die Bürgermeisterin geht es vor allem darum, die Verkehrsprobleme vor Ort in den Griff zu bekommen. Ihre Vision ist ein gemeinsamer Bahnhof von Scharbeutz und Timmendorfer Strand. Für die zahlreichen Tagestouristen müsse es eine attraktive Anbindung direkt an die Ostsee, etwa mittels einer Shuttlebusverbindung, geben. Zuguterletzt hat die Bürgermeisterin ihrem Unmut über die geplante 380-kV-Stromleitung Luft verschafft. Zum einen wünscht sie sich mehr Gehör der betroffenen Kommunen beim grün geführten Umweltministerium. Zum anderen wirbt sie weiterhin für eine Erdverkabelung, um das Landschaftsbild zu schützen.