Pflege/Pflegekammer

Anita Klahn: Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht

„Lassen Sie mich mit einem Zitat aus der Stellungnahme der Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände beginnen. Diese Stellungnahme steht stellvertretend für viele andere.

 

Dort heißt es: ‚Unser gemeinsames Ziel ist es, in Schleswig-Holstein heute und in Zukunft eine Pflege auf qualitativ hohem Niveau für alle Pflegebedürftigen anbieten zu können. […] Wir haben den Gesetzentwurf anhand dieser Überlegungen geprüft und sind zu dem Schluss gekommen, dass [der Gesetzentwurf] – ganz entgegen der Intention des Gesetzgebers – die Gefahr birgt, die Situation der Pflegenden – und damit der Pflege insgesamt – zu belasten. Das erfüllt uns mit Sorge.‘

 

Ich glaube den Kolleginnen und Kollegen der Koalition sogar, dass sie eigentlich etwas Positives für die Pflege bewirken wollten. Nur ist wie so häufig: Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht.

 

Wir Freien Demokraten haben in den letzten Monaten immer wieder darauf hingewiesen, dass das jetzt vorliegende Pflegekammergesetz in keiner Weise die Erwartungen der in der Pflege Beschäftigten erfüllt, es keines der Probleme gelöst, sondern stattdessen weitere Probleme geschaffen werden.

 

Gleiches hat die Regierungskoalition Schwarz auf Weiß in der umfangreichen schriftlichen Anhörung von mehr als 70 Fachverbänden und -personen dokumentiert bekommen. Selbst in der mündlichen Anhörung waren die Experten sehr klar in ihrer ablehnenden Haltung.

 

795 bei der Landtagsverwaltung eingegangene Schreiben von Einzelpersonen aus der Pflege, dazu umfangreiche Unterschriftenlisten aus Pflegeeinrichtungen und Kliniken, die sich alle ausdrücklich von einer Pflegekammer mit Zwangsmitgliedschaft distanzieren, sprechen eine deutliche Sprache und lassen die angeführte repräsentative Umfrage zur Farce werden.

 

Zieht die Regierungskoalition nun Schlussfolgerungen aus den vielen negativen Rückmeldungen? Nein, ihr vielzitierter Dialog ist wieder einmal nur Rhetorik.

 

Offensichtlich interessiert es sie überhaupt nicht, welche Sorgen die Pflegekräfte zu den für sie persönlichen Auswirkungen des Gesetzentwurfes haben, wie zum Beispiel die Zwangsmitgliedschaft und die Aberkennung des Pflegeexamens bei Nichtzahlung des Beitrages – dessen Höhe im Übrigen noch völlig unklar ist.

 

Die Pflegefachkräfte zweifeln zu Recht, dass sich durch die Pflegekammer irgendetwas  an den Rahmenbedingungen ihrer täglichen Arbeitsbelastung positiv verändert. Es wird nicht mehr Fachkräfte allein durch die Errichtung einer Pflegekammer geben. Und für die Ausbildung ist die Pflegekammer auch nicht zuständig.

 

Für die wichtigen Fragen der Arbeitsbedingungen und Entlohnung sind weiterhin die Tarifpartner, also die Gewerkschaften und Arbeitgeber zuständig. Und ich betone an dieser Stelle, dass wir die Tarifautonomie in keinster Weise eingeschränkt wissen wollen.

 

Und auch Sie, Frau Ministerin Alheit, frage ich, ob sie sich überhaupt ernsthaft für die Probleme der Menschen in der Pflege interessieren, wie sie in ihren Grußworten gern betonen.

 

Die Errichtung der Pflegekammer ist mit 730.000 Euro, jährliche Folgekosten sind mit bis zu 4 Millionen Euro veranschlagt. Das Ganze auf Schulden aufgebaut, die durch die späteren Beitragszahler refinanziert werden sollen.

 

Ich will aber nicht unterschlagen, dass sich wenige kleinere Berufsverbände für die Errichtung einer Kammer eingesetzt haben.

 

Was schon paradox ist, erstens hätten diese Verbände eine starke Lobby für die Pflege werden können und zweitens werden diese überflüssig sobald es die Pflegekammer gibt.

 

Warum sind gerade diese Verbände also die glühendsten Verfechter einer Kammer?

 

Die Antwort ist einfach. Rheinland-Pfalz macht es vor. Dort sind Funktionäre gerade dieser Verbände auf gut dotierte Positionen in der Pflegekammer gehoben worden. Wir werden also sehr genau darauf achten, wie in Schleswig-Holstein die Führungspositionen bei der Pflegekammer besetzt werden.

           

Damit die Pflegekräfte genau dokumentiert bekommen, wer die Verantwortung trägt, beantragt meine Fraktion für die Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes namentliche Abstimmung.

 

Die Kollegen des SSW erinnere ich noch einmal daran, dass sie sich immer gegen das Kammerwesen ausgesprochen haben, jetzt aber sogar eine Kammer für abhängig Beschäftigte einführen wollen.

 

Ich appelliere an alle Abgeordneten – stoppen sie diesen unsäglichen Gesetzentwurf.“