Bildung/ Beschulung von Heimkindern

Anita Klahn zu TOP 17+51 „Beschulung von Kindern und Jugendlichen in Erziehungshilfeeinrichtungen“

Anita Klahn

In ihrer Rede zu TOP 17+51 (Beschulung von Kindern und Jugendlichen in Erziehungshilfeeinrichtungen) erklärt die stellvertretende Vorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anita Klahn:

„Zuerst möchte ich meinen Dank für den vorliegenden Bericht an das Ministerium aussprechen. Meine Hoffnung ist, dass dieser Bericht zu einer sachlichen Diskussion beiträgt. Denn der wiederkehrende Vorwurf, dass Kinder und Jugendliche aus Einrichtungen der Erziehungshilfen pauschal benachteiligt werden, wird mit diesem Bericht entkräftet. Ein Vorwurf, der einem Schreiben der Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände an das Sozialministerium aus dem Jahr 2013 entstammt. Statistische Daten zur Bewertung dieses Vorwurfes lagen damals aber nicht vor. Eine Abfrage der Schulämter und Schulräte hat aber auch ergeben, dass diese die Sorgen der LAG nicht teilten und angaben, ‚keine erheblichen Probleme bei der Beschulung‘ zu sehen.

In den Folgejahren wurden unterschiedlichste Wahrnehmungen problematisiert. Mit dem Erlass aus dem Jahr 2017 wurden einheitliche Verfahrens­vorgaben geschaffen, damit eine verlässliche Beschulung gewährleistet ist. Zur Kontrolle der Wirksamkeit dieses Erlasses wurden 2019 und jetzt im Mai Abfragen durchgeführt. Bedauerlicherweise haben von den 306 abgefragten schleswig-holsteinischen Einrichtungsträgern gerade einmal 17 Prozent eine Rückmeldung gegeben. Dennoch halte ich die Datenlage für repräsentativ. Es zeichnet sich ein Bild ab, das auch den damaligen Einschätzungen der Schulräte entspricht: Bei weniger als zwei Prozent der jungen Menschen wird keine Beschulung durchgeführt. Auch zu der Sorge, dass Kinder aus anderen Bundesländern durchs Raster fallen ist Folgendes anzumerken: Da nach §20 Abs. 1 SchulG ‚jedes nach Alter schulpflichtige Kind, unabhängig von seinem Wohnsitz in einer Schule aufzunehmen‘ ist, wird gewährleistet, dass jedem Kind die Beschulung an jedem Ort ermöglicht wird. Zusätzlich müssen die Träger von Erziehungshilfeeinrichtungen gemäß Landesverordnung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen anzeigen, sobald ein Kind im schulfähigen Alter aufgenommen wird und eine Konzeption vorlegen, die aufzeigt, wie eine möglichst zügige Beschulung der Kinder angestrebt wird. Und nach §43 Jugendfördergesetz sind, falls nötig, Übergangsmaßnahmen durchzuführen, die eine anschließende Regelbeschulung ermöglichen. Und das ist der springende Punkt. Es braucht nicht, wie hier von verschiedenen Parteien gefordert, eine gesetzliche Schulverpflichtung, sondern jedem in Schleswig-Holstein lebenden Kind wird eine Beschulung ermöglicht. Und ich sage ganz deutlich, dass ich das auch für richtig halte. Denn es gibt Gründe, die allein in dem Kind liegen, dass es nicht bzw. noch nicht in einer Regelschule beschulbar ist. Eine gesetzliche Schulpflicht, die diesem Umstand nicht Rechnung trägt, hilft weder dem Kind noch kann die Schule dies leisten. Aus liberaler Sicht ist daher die bestehende Regelung, die die Träger zu einer Übergangsmaßnahme verpflichten, die es wiederum ermöglicht, das Kind nach seinen Bedürfnissen auf eine Beschulung vorzubereiten, absolut richtig.

Kinder, die in den Einrichtungen der Jugendhilfe leben, haben unterschiedlichste, auch traumatische Erlebnisse zu verarbeiten. Sie müssen häufig erst einen Zugang zum Lernen und vor allem zu einem strukturierten Alltag erlernen. Sie haben unter Umständen immense Lerndefizite aufgebaut, die ihnen den Anschluss an eine altersgerechte Beschulung erschweren. Wenn wir das Kind, bzw. den Jugendlichen in der gesamten Entwicklung betrachten und unterstützen wollen, müssen auch individuelle Lösungen gefunden werden können und das bedeutet im Einzelfall auch heiminterne Beschulung. Ansonsten wird man einen negativen Kreis nicht durchbrechen können.

Hinschauen müssen wir natürlich hinsichtlich der Qualität der heiminternen Beschulung. Aber ein pauschales Misstrauen gegenüber den Einrichtungen ist genau so wenig angebracht wie das Vorurteil gegenüber den Regelschulen. Es gibt für beide Seiten hervorragende Beispiele. Regelschulen, die verlässliche Kooperationen mit Einrichtungen getroffen haben, genauso wie Einrichtungen, die mit sonderpädagogisch ausgebildeten Lehrkräften  gute Unterrichtskonzepte umsetzen. Und bei allem ist immer eine Überprüfung der Behörden gewährleistet.“

Es gilt das gesprochene Wort!