Anita Klahn zu TOP 2 „Kulturfestival SH und coronabedingte Kulturhilfen“

Anita Klahn

In ihrer Rede zu TOP 2 (Kulturfestival SH und coronabedingte Kulturhilfen) erklärt die stellvertretende Vorsitzende und kulturpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anita Klahn:

„Die Auswirkungen der Corona-Pandemie können im Einzelnen sehr unterschiedlich sein. Wer seinen Arbeitsplatz weiterhin voll ausfüllen kann oder wenigstens in Kurzarbeit oder im Homeoffice arbeiten kann, also Arbeit und Einkommen behält, der wird die Kontaktbeschränkungen und die eingeschränkten Betreuungsmöglichkeiten sicher zurecht als großes persönliches Ärgernis empfinden, aber man hat eine Perspektive, eine wirtschaftliche Absicherung. Während es für viele andere seit diesem Frühjahr um die gesamte Existenz geht, Rücklagen aufgebraucht werden, ohne Perspektive, ob und wann man sein gewohntes Leben und seine Arbeit fortführen kann. Dazu gehören besonders gebeutelte Branchen wie die Gastronomie, die Veranstaltungsbranche und gerade auch die Kultureinrichtungen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie als reine Dienstleister allesamt auf regen Publikumsverkehr angewiesen sind und sich im erneuten Herunterfahren des öffentlichen Lebens massiven Existenzbedrohungen gegenübersehen.

Und zur Ehrlichkeit gehört auch, dass die Kunst- und Kulturszene bereits vor Corona nicht auf Rosen gebettet war. Ich erinnere insbesondere an einen Diskussionsabend mit Kulturschaffenden, an dem uns sehr klar vermittelt wurde, dass die vorhandenen Strukturen mit fehlenden bzw. geringen Einnahmesituationen vielen sehr viel Enthusiasmus abverlangt, um ihrer Berufung treu zu bleiben. Denn der größte Lohn ist häufig der Applaus und die Begeisterung der Zuschauer. Die für die Wirtschaft schnellstens aufgelegten Hilfsprogramme passten für die Kulturschaffenden nur begrenzt. Umso wichtiger war und ist es, dass sowohl der Bund als auch das Land Schleswig-Holstein verschiedene und passendere Fördermaßnahmen entwickelt hat. Der aktuelle Sonder-Newsletter des Kulturministeriums zeigt die vielfältigen Maßnahmen auf. Ein besonderes Veranstaltungsformat wie das Kulturfestival ist immanent wichtig für das Überleben der Kulturschaffenden. Wobei wir momentan nicht genau sagen können, wann die Fortsetzung des Kulturfestivals starten kann. Aber nach allem, was wir an positiven Rückmeldungen über Veranstaltungen erhalten, sollten wir alle Anstrengungen für einen baldigen Neustart mobilisieren.

Ich bin froh, dass wir kürzlich zusätzliche Hilfen für den Kulturbereich mobilisieren konnten: Bei der beschlossenen Soforthilfe ‚Kultur II‘ können bis Ende November weitere Hilfen beantragt werden. Dies gilt sowohl für existenzbedrohende Liquiditätsengpässe als auch für Einrichtungen, die vom Land Schleswig-Holstein institutionell gefördert werden. Wir wissen, dass wir damit nicht alle Nöte lindern, aber wir hoffen, dem ein- oder anderen damit über den Berg zu helfen. Der wichtigste Gedanke bei allen Programmen und Unterstützungen ist: Wie können wir es schaffen, die Strukturen in diesen Bereichen über die Corona-Pandemie zu retten? Geschlossene Betriebe und pleitegegangene Solo-Künstler werden nur schwer wiederkehren, sobald wir den Publikumsverkehr wieder zulassen können. Teils über Jahrzehnte gewachsene Strukturen geraten so in eine wirtschaftliche Notlage, die unvermittelt und unverschuldet über die Leute hereingebrochen ist.

Das heißt für uns: Wir müssen die Existenzen sichern und die Notlage überbrücken. Darauf müssen unsere Programme abzielen. Es kann also nicht darum gehen, wie wir möglichst viel Geld unter die Leute bringen oder Unterstützungen zusagen und beschließen, die wir schon vor Corona gerne gesehen hätten, weil sie uns da schon sinnvoll erschienen sind. Und noch ein Aspekt kommt hinzu: Wir müssen ebenso schauen, wie wir mit unseren Möglichkeiten haushalten. Ich plädiere an dieser Stelle klar dafür, dass wir bei allen nötigen Unterstützungen vorsichtig und umsichtig mit den Förderprogrammen umgehen. Es sind bereits riesige Summen mobilisiert worden, an denen wir und unsere Kinder die nächsten Jahrzehnte mit der Rückzahlung beschäftigt sein werden. Daher haben wir auch eine hohe Entscheidungsverantwortung und müssen gut überlegen, welche Maßnahmen den Kultur- und Veranstaltungsbereich nicht nur in der jetzigen Pandemiezeit absichern, sondern auch zukunftsweisend stärken.“