In ihrer Rede zu TOP 20 (Gemeinsame Beratung: a) Umsetzung sonderpädagogischer Standards an Grundschulen, Gemeinschaftsschulen und an Förderzentren in Schleswig-Holstein, b) Bericht zum Stand der Inklusion im schulischen Bildungsbereich) erklärt die stellvertretende Vorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anita Klahn:
„Wir haben hier bereits einiges an Zahlen und Fakten zu dem Bericht gehört. Und wir haben auch gehört, dass Schleswig-Holstein mit einer Quote von 70 Prozent im Vergleich zu den anderen Bundesländern sehr gut da-steht. Vorab möchte ich mich bei all jenen bedanken, die sich engagiert und unter Aufbietung aller Kräfte dafür einsetzen, dass vielerorts eine Inklusion trotz manch mangelnden Rahmenbedingungen und Widrigkeiten möglich gemacht wird. Dem positiven Tenor des Berichts will ich auch gar nicht widersprechen, ich wünsche mir aber, dass wir uns dem Thema ein wenig differenzierter nähern.
Die hohe Quote sieht nach außen gut aus, birgt aber auch ein Problem:
Über die Qualität der Inklusion sagt diese Zahl leider gar nichts aus. Und daher ist es mir wichtig, dass wir den Fokus etwas von dieser Zahl nehmen und der Qualität der Inklusion eine viel größere Beachtung schenken. Ich halte es auch für unglücklich und unangemessen, den Förderschulen pauschal zu unterstellen, dass die Kinder dort exkludiert seien. Das Gegenteil ist der Fall! Die Wirklichkeit ist so, dass die Förderschule für manche Kinder der bessere Lernort ist. Dort gibt es den bestmöglichen Förderunterricht, weil es dort Möglichkeiten zur Individualisierung gibt, die wir an den Regelschulen nicht haben. Wir Freie Demokraten plädieren dafür, die Förderschule zu erhalten und wir sind damit nicht allein: Auch die Eltern wünschen sich an dieser Stelle ein Wahlrecht, weil sie eben für viele eine sinnvolle Alternative zu den Regelschulen sind. Auch das gehört für mich zu einer echten Schulwahlfreiheit dazu. In diesem Zusammenhang müssen wir auch darüber diskutieren, unter welchen Bedingungen eine 100-prozentige Inklusion ein erreichbares Ziel sein könnte. Dann müssen wir aber auch ehrlich darüber sprechen, welche Konsequenzen dieses Ziel insgesamt für die Bildungspolitik und vor allem für die Personal- und Finanzpolitik hätte.
Im Schulalltag erleben wir viele engagierte Lehrkräfte, die inklusiven Unterricht erfolgreich umsetzen, allerdings sehen wir auch eine große Unzufriedenheit und Frustration: In den Kollegien ist eine zu hohe Arbeitsbelastung Alltag, welche sich wiederum stark auf die Lehrergesundheit nieder-schlägt. Hauptgründe sind fehlendes Personal, fehlende Zeit im Unterricht, nötige Fortbildungen und mangelnde Räumlichkeiten. Besonders heraus-fordernd wird es, wenn viele Kinder mit vielschichtigen Auffälligkeiten ein-zubinden sind: Hier wird es für Lehrkräfte häufig schwierig, Unterricht zu organisieren. Dies ist für alle Beteiligten kein wünschenswerter Zustand: weder für die Schüler, noch für die Lehrer und erst recht nicht für die Kinder mit Förderbedarf. Mit einer frühen Diagnostik, intensiven Gesprächen mit allen Beteiligten und regelmäßigen Überprüfungen sollte dafür gesorgt werden, dass wir Frustrationserlebnisse vermeiden und so früh wie möglich die bestmöglichen Förderinstrumente für alle Schülerinnen und Schüler identifizieren – gleich welche Schulform sie besuchen. Im Rahmen der Überarbeitung der sonderpädagogischen Förderverordnung haben wir die Möglichkeit, nach einer guten Lösung zu suchen.
Daher kann es für uns alle fraktionsübergreifend nur Ansporn sein, uns konstruktiv mit dem Thema im Bildungs- und Sozialausschuss auseinanderzusetzen und ich hoffe dabei darauf, dass wir alle Inhalte und Sichtweisen sachlich diskutieren können. Alle Beteiligten haben es verdient, dass wir sie in ihrer Arbeit unterstützen!“