Familie/ Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung

Anita Klahn zu TOP 27 „Der Rechtsanspruch auf Ganztag kommt“

Anita Klahn

In ihrer Rede zu TOP 27 (Der Rechtsanspruch auf Ganztag kommt – Umsetzung jetzt vorbereiten) erklärt die stellvertretende Vorsitzende und familienpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anita Klahn:

„Wir wollen, dass sich junge Menschen für eine Familiengründung entscheiden. Gleichzeitig fordern wir von diesen jungen Menschen aber auch, mit ihrer beruflichen Expertise der Wirtschaft und der Gesellschaft als Fachkräfte zur Verfügung zu stehen. Wir erwarten, dass sie durch eine Berufstätigkeit ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit erlangen. Wenn wir also von Eltern fordern, dass sie gleich­berechtigt ihrer Berufstätigkeit nachgehen  sollen, dann müssen wir auch dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen stimmen. Denn die heutige Arbeits- und Berufswelt erwartet eine hohe Flexibilität der Berufstätigen und setzt voraus, dass es ausreichend Betreuungsmöglichkeiten für Kinder gibt. Da gibt es sicher Entwicklungspotential, aber darum geht es hier nicht.

Die Lebenswirklichkeit der Familien ist, dass zunehmend beide Elternteile arbeiten und im Fall der Allein­erziehenden steht es ohnehin außer Frage, dass in diesem Kontext eine außerfamiliäre Kinderbetreuung benötigt wird. Dabei geht es explizit nicht darum, möglichst jeden in den Arbeitsmarkt zu zwingen, sondern es geht darum, jedem eine Wahlmöglichkeit zu geben. Es ist auch erklärtermaßen nicht unser Ziel, alle Schülerinnen und Schüler im schulischen Ganztag in der Schule zu wissen. Kinder brauchen das familiäre Umfeld und haben eigene außerschulische Interessen. Zu glauben, der Ort Schule könne das ersetzen, überfordert das System Schule.

Damit es aber die angesprochene Wahlmöglichkeit für berufstätige Elterngeben kann, muss es nach der Kitazeit mit ihren ganztägigen Angeboten in den Grundschulen ein vergleichbares Betreuungszeitfenster geben. Der Ganztag und die Ganztagsschule sind also wesentliche Elemente, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Daraus leite ich unseren gemeinsamen Anspruch ab, den Ganztag weiterzuentwickeln. Deshalb begrüßen wir die Entscheidung auf Bundesebene auf einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ab 2025. Dass sich der Bund sowohl an den Investitions- als auch den Betreuungskosten beteiligt, ist dabei genauso folgerichtig wie dringend erforderlich: Denn so eindeutig positiv die Entscheidung auch ist: Die praktische Umsetzung wird sich deutlich schwieriger gestalten. Das gilt für die dafür benötigten finanziellen und personellen Ressourcen genauso wie für die Ausgestaltung der Ganztagsbetreuung vor Ort.


Es ist ja schön, wenn der Bund eine flächendeckende Ganztagsbetreuung beschließt. Es wäre aber auch in seiner Verantwortung gewesen, eine sinnvolle Finanzierung mit zu verantworten. Allein darauf zu setzen, dass der Rechtsanspruch den Druck der Eltern so erhöht, dass die Länder und auch die Kommunen gar nicht anders können, als die Finanzierung zu übernehmen, ist für mich unverantwortlich. Von daher war es richtig, den Vermittlungsausschuss in der Frage der Finanzierung anzurufen. Bei zu erwartenden dauerhaften Betriebskosten von rund 300 Millionen Euro in Schleswig-Holstein brauchen wir eine entsprechende Bundesbeteiligung. Und nicht nur die Finanzierung wird eine Herausforderung – auch das nötige Personal zu finden, dürfte sich ähnlich schwierig gestalten.

Darüber hinaus müssen wir auch klären, ob wir über eine Ganztagsbetreuung oder eine Ganztagsschule sprechen. Für uns Freie Demokraten heißt Ganztag nicht allein, dass wir die Kinder einfach einer Beaufsichtigung überlassen. Ganztag soll auch eine Erweiterung des schulischen Angebotes sein.

Dafür müssen wir über die Ausgestaltung der Curricula genauso wie über die Rhythmisierung des Schulalltags debattieren. Ein Blick in das europäische Ausland wird dabei hilfreich sein. Wir Freie Demokraten wollen ein gutes Konzept für den schulischen Ganztag auf den Weg bringen. Dazu sind Gespräche mit Eltern, Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern und den Schulträgern aufzunehmen, um ein gemeinsames und abgestimmtes Konzept für Ganztagsangebote zu entwickeln. Ich freue mich auf die gemeinsame Diskussion!“

Es gilt das gesprochene Wort!