Finanzen/ Nachrichtenlose Bankkonten

Annabell Krämer zu TOP 10 „Mittel aus nachrichtenlosen Bankkonten"

Annabell Krämer

In ihrer Rede zu TOP 10 (Mittel aus nachrichtenlosen Bankkonten) erklärt die finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:

„Schätzungsweise zwei bis neun Milliarden nicht zuordenbare Euro liegen auf deutschen Bankkonten und Depots. Finanzinstitute haben hier den Kontakt zum Kunden verloren. Sei es, weil der Kunde verstorben ist und der Erbberechtigte keine Kenntnis über das Vermögen hat, oder sei es, weil der Kunde umgezogen ist und dieses seiner Bank nicht mitgeteilt hat.

Durch die Digitalisierung nimmt die Anzahl der herrenlosen Konten zu. Anders als in früheren Zeiten, fällt den Erben kein physisches Sparbuch mehr in die Hand.

Im Gegensatz zu den USA, dem Vereinigten Königreich, Kanada, Japan,

Frankreich und Italien hat Deutschland als einziger G7-Mitgliedstaat keine Regelungen für den Umgang mit nachrichtenlosen Assets. Diese Regelungslücke wollen wir schließen.

Die FDP im Bundestag hat im März mit der Drucksache 19/17708 einen vergleichbaren Antrag eingebracht, der wie der vorliegende Antrag die Einrichtung eines zentralen Meldesystems mit gesetzlicher Melde- und Auskunftspflicht für nachrichtenlose Vermögenswerte fordert, um die Nachverfolgung von Konten durch Anspruchsberechtigte zu erleichtern.

Eine Website könnte hier Auskunft darüber geben, ob es Einträge im Melderegister gibt. Datenschutzrechtliche Einwände greifen hier nicht, da ein berechtigtes Interesse auf Auskunft analog zum Grundbuchamt oder Handelsregister besteht bzw. bestehen muss.

Vermögen, das derzeit herrenlos auf Konten und Depots liegt, ist ‚totes‘ Kapital, das nicht wertschöpfend eingesetzt wird.

Insofern setzen wir uns mit dem heutigen Antrag dafür ein, zwei durch die KfW verwaltete Fonds aufzulegen, auf die das Guthaben dieser Konten und Depots nach einer geeigneten Zeit der Nachrichtenlosigkeit überführt werden soll.

Das Guthaben dieser Fonds soll hälftig gemeinnützigen Zwecken und deutschen Start-Ups als Risikokapital zur Verfügung gestellt werden. Die Mittel nachrichtenloser Konten sollen nach unserer Auffassung eingesetzt werden, um Zukunftsideen zu finanzieren.

Denn es mangelt in Deutschland an Wagniskapital. Insbesondere in späteren Wachstumsphasen stehen Gründer hierzulande vor erheblichen Problemen, ihren Kapitalbedarf zu finanzieren.

Der Mangel an Kapital birgt das Risiko, dass Gründer ins Ausland abwandern oder Wachstumschancen und Innovationskraft ungenutzt bleiben.

Zum anderen könnte ein Fonds bei der KfW geschaffen werden, der gezielt neue soziale, technologische oder gesellschaftliche Innovationen fördert. Diese Kapitalanlagen haben primär keine Gewinnerzielungsabsicht, gleichwohl generieren sie einen hohen sozialen Mehrwert.

Deutschland könnte durch einen solchen Fonds für einen Wachstumsschub sorgen und zudem die Umsetzung der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen vorantreiben. Hier sei verwiesen auf den britischen Fonds ‚Big Society Capital‘, der mit einem ähnlichen Modell in den letzten acht Jahren mehr als eine Milliarde Pfund für solche innovativen Start-Ups bereitstellen konnte.

An dieser Stelle muss klargestellt werden, dass die Eigentumsrechte der Berechtigten selbstverständlich unangetastet bleiben. Die Fonds sollten daher nach dem britischen Vorbild einen gewissen Anteil an liquiditätsnahen Investitionen vorhalten, um angemeldete Ansprüche sicher bedienen zu können.

Bisher sind die Finanzinstitute verpflichtet, die herrenlosen Konten weiterzuführen. Den Instituten entstehen hierdurch nicht nur Kosten durch die Verwaltung und Nachforschungsaufträge. Das operative Ergebnis wird aktuell auch durch den negativen Einlagenzins der EZB von aktuell derzeit 40 Basispunkten belastet.

Mangels einer zentralen Veröffentlichung oder einer Auskunftstelle ist es für Anspruchsberechtigte oft schwierig, die Vermögen zu ermitteln. Unter Vorlage des Erbscheins müssen sie sich teils mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand an jede Bank einzeln wenden. Hingegen ist es der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nach dem Kreditwesengesetz erlaubt, zum Zwecke der Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung die Inhaberdaten aller Konten in Deutschland abzufragen.

Im Gegensatz zu Behörden sind Erben auf einen langwierigen und kostenintensiven Prozess angewiesen, wenn sie die Existenz eines Kontos vermuten, aber nicht wissen, bei welchem Kreditinstitut es sich befindet.

Mit der Einführung eines zentralen Melderegisters und der Einrichtung von Fonds für gemeinnützige Zwecke und Start-Ups gäbe es somit nur Gewinner. Die Banken würden von Verwaltungskosten und Negativzinsen entlastet, die Ermittlung von Vermögenswerten durch Erben erleichtert sowie Gründer und soziale Zwecke unterstützt.

Insofern freue ich mich, dass wir heute eine Bundesratsinitiative anstoßen, die den Druck auf Berlin erhöht, das von der FDP im Bundestag adressierte Anliegen endlich in die Tat umzusetzen.“

Es gilt das gesprochene Wort!