Annabell Krämer zu TOP 12 „Folgen der veränderten Einnahmesituation auf die mittelfristige Finanzplanung“

finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer

Annabell Krämer zu TOP 12 „Folgen der veränderten Einnahmesituation auf die mittelfristige Finanzplanung“ In ihrer Rede zu TOP 12 (Mündlicher Bericht über die Folgen der veränderten Einnahmesituation auf die mittelfristige Finanzplanung des Landes) erklärt die finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:

„Die September-Steuerschätzung hat deutlich gemacht, dass der Weg aus der Corona-Krise ein langer sein wird. Während der Steuereinbruch in diesem Jahr wohl nicht ganz so groß ausfallen wird wie noch im Mai befürchtet, hat sich die Prognose für die Jahre 2021 bis 2024 nochmals leicht eingetrübt. Ja, wir erwarten für nächstes Jahr ein kräftiges Wirtschaftswachstum, aber ohne eine weitere Steigerung werden wir in absehbarer Zeit nicht auf den alten Finanzplanungspfad zurückkehren können.
Die Entwicklung der Steuereinnahmen auf Landes- und kommunaler Ebene ist bereits hinreichend dargelegt worden. Die entscheidende Frage ist, wie wir diese Herausforderung angehen. Anzunehmen, dass die gesamten Steu- erausfälle durch strukturelle Ausgabenkürzungen zu kompensieren wären, ist unseriös und fahrlässig. Ich muss niemandem mehr in diesem hohen Hause verdeutlichen, dass ich eine Anhängerin äußerster Haushaltsdisziplin bin. Aber gerade jetzt mit Haushaltskürzungen die konjunkturelle Erholung zu gefährden, wäre mit Blick auf die Sicherung von Arbeitsplätzen und zu- künftiger Steuereinnahmen töricht.
Ich möchte auch betonen: Ausgaben und hier insbesondere Investitionen, die wir Freie Demokraten letztes Jahr noch als richtig erachtet haben, sind durch die Pandemie selbstverständlich nicht falsch und entbehrlich geworden. Vor der Pandemie bekannte Sanierungsbedarfe, die im aktuellen Infrastrukturbericht identifiziert und beziffert wurden, müssen wir für die Zu- kunftsfähigkeit angehen. Hierfür müssen projektbezogene Kreditermächtigungen zur Verfügung gestellt werden. Für finanzielle Luftschlösser hatten wir jedoch auch vor Corona weder Sympathie noch Geld. Es sollte zudem Konsens darüber bestehen, dass wir mittelfristig die Ausgaben an einen veränderten Einnahmepfad anpassen müssen. Das sieht bereits die Schul- denbremse vor. Diese Anpassung muss aber auch wachstums- und konjunk- turpolitisch verträglich sein und kann bereits durch eine Reduzierung eines jährlichen Ausgabenwachstums erfolgen, das gegenüber den ab 2021 wie- der steigenden Einnahmen zurückbleibt.
Uns Freien Demokraten ist wichtig, dass die Notkredite zum einen nur für die konkret festgelegten Bedarfe verwendet werden dürfen. Ferner müssen strukturelle Verbesserungen zukünftiger Steuerschätzungen zwingend die Inanspruchnahme der Kredite bzw. die vorhandene Kreditermächtigung re- duzieren. Ich betone, eine Kreditermächtigung in Höhe von 4,5 Milliarden Euro bedeutet nicht, dass das Land diese auch in vollständiger Höhe in Anspruch nimmt. Sie ist nur der maximale Rahmen, der als Sicherheitsnetz die Zukunftsfähigkeit unseres Landes sicherstellen soll.
Wir Freie Demokraten haben immer die Auffassung gehabt, dass nur ein Land mit funktionierender Infrastruktur ein Land mit Zukunftsperspektive und wirtschaftlichen Chancen sein kann. Da wir dringenden infrastrukturel- len Nachholbedarf haben, wäre es ein schwerer Fehler, den Rotstift bei den Investitionen anzusetzen. Wir werden an sämtlichen Ausgaben festhalten, die eine positive volkswirtschaftliche Rendite haben. Letztlich kann uns nur Wirtschaftswachstum auf den ursprünglichen Einnahmepfad zurückführen. Dieser Zusammenhang müsste auch allen sogenannten Wachstumskritikern einleuchten.
Steuererhöhungen hingegen, die wirtschaftliches Engagement behindern und Wachstum entgegenstehen, lehnen wir selbstverständlich ab. Es wäre doch ein wirtschaftspolitischer Irrsinn, die Wirtschaft zunächst mit Hilfsprogrammen zu unterstützen und der zarten Pflanze der Konjunkturerholung durch Abschöpfen der Leistung wieder den Garaus zu machen. Wir bleiben zudem unseren Kommunen ein verlässlicher Partner. Mit dem in der letzten Woche vereinbarten Stabilitätspakt tragen wir dazu bei, dass die Kommunen Planungssicherheit gewinnen und an ihren Investitionsplänen festhalten können. Das Land federt die coronabedingten Steuereinnahmen bis ins Jahr 2022 ab, fördert Investitionen in die Infrastruktur und stockt den Kommuna- len Finanzausgleich nochmals auf. Dank dieser Maßnahmen können die Kommunen auch in diesen schwierigen Zeiten und darüber hinaus daran arbeiten, den Sanierungsstau abzubauen und Bedarfe beispielsweise im Schul- und Straßenbau zu decken. Rund zwei Drittel der gesamtstaatlichen Investitionen finden auf kommunaler Ebene statt. Investitionen, die auch die Auftragsbücher der mittelständischen Wirtschaft füllen.
Was können wir noch tun, um den Weg zurück zum ursprünglichen Einnah- mepfad zu finden? Die Pandemie hat gezeigt, wozu unser Staatswesen in der Krise in der Lage ist. Genehmigungen wurden schnell erteilt, Auflagen – wo es möglich war – gelockert und bürokratische Anforderungen zurückge- schraubt. Hieran müssen wir anknüpfen – insbesondere die Vereinfachung des Planungsrechtes müssen wir weiterhin fordern. Es gilt, die Innovations- kraft unserer Unternehmer und den Mut, neue Geschäftsfelder anzugehen, weiter zu fördern.