Annabell Krämer zu TOP 19 "Sozial- und fiskalpolitischen Zielen der Grundsteuerreform"

Annabell Krämer

In ihrer Rede zu TOP 19 (Sozial- und fiskalpolitischen Zielen der Grundsteuerreform) erklärt die stellvertretende Vorsitzende und finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:

"Die Grundsteuerreform – vollmundig als großer Wurf verkauft – entpuppt sich heute als Rohrkrepierer. Schauen wir uns doch einmal die Ziele an, die ursprünglich verfolgt werden sollten:

  • Es sollte die Verfassungsmäßigkeit hergestellt werden.
  • Es sollte die Aufkommensneutralität sichergestellt werden.
  • Es sollte Rechts- und Planungssicherheit geschaffen werden.
  • Es sollte ‚Steuergerechtigkeit‘ gefördert werden – definiert von den Unterstützern des Models über Kriterien einer Vermögenssteuer.

Dabei war von vornherein klar, dass diese Versprechen – seien sie nun politisch wünschenswert oder nicht - nicht durchtragen werden. Schauen wir uns die Details an:

1. Der Bodenrichtwert – ein Instrument der Ungerechtigkeit

Was zunächst sachlich klingt – ein durchschnittlicher Quadratmeterpreis innerhalb einer Bodenrichtwertzone – erweist sich in der Praxis als hochproblematisch. Statt individueller Bewertung gibt es oftmals Zufallswerte. Zwei Grundstücke, eine Straße, aber unterschiedliche Bodenrichtwertzonen. Das eine günstig, das andere teuer. Der Zuschnitt endete halt zufällig an einem Grundstück. Die Bodenrichtwerte wurden mehr als mit der heißen Nadel gestrickt und definiert. Hier entscheidet nicht die Realität, sondern eine willkürlich gezogene Linie auf der Karte über die Steuerlast. Das ist nicht gerecht, das ist schlicht absurd.

2. Die fiktive Miete – realitätsfern und ungerecht

Noch bizarrer wird es bei diesen fiktiven Mieten. Hier wird mit pauschalen Nettokaltmieten gerechnet, die sich an Baujahr und Wohnlage orientieren – und nicht an den tatsächlichen Einnahmen. Eigentümer, die günstig vermieten, werden dafür bestraft. Sie müssen ihre Mieter mit einer überproportional hohen Grundsteuer belasten. Selbstnutzer trifft es genauso: Wer in den eigenen vier Wänden wohnt, soll Grundsteuer zahlen, als wäre er Vermieter auf dem freien Markt. Besonders drastisch sind die Folgen in gefragten Lagen: Hier explodieren die fiktiven Mieten – und damit die Grundsteuer. Die Folgen dieses Systems sind Klagewellen, die sowohl Bürgerinnen und Bürger als auch die Kommunen belasten. In Großstädten und Ballungsräumen werden Menschen mit geringem Einkommen durch steigende Grundsteuern und damit verbundenen Mieterhöhungen weiter verdrängt. Wohnraumförderung? Fehlanzeige! Aufkommensneutralität? Dazu haben wir von Ihnen heute auch keine Ergebnisse gehört. 

Und auf den letzten Metern fällt Ihnen auf, dass durch diese ganzen Wertkomponenten wie fiktive Mieten, Bodenrichtwerte usw. die Wohnbebauung überproportional hoch belastet wird. Und die Antwort von Schwarz-Grün ist – gegen jeden Rat von Sachverständigen – durch differenzierte Hebesätze für Gewerbe und Wohnen die Verantwortung an die Kommunen abzuschieben. Sie lassen die ehrenamtlichen Gemeindevertreter vor Ort ausbaden, was Sie versäumt haben. Aber mein absolutes Highlight sind die energetischen Sanierungen – par ordre du mufti von der Politik vorgeschrieben. Nicht nur die verpflichtenden Photovoltaikanlagen bei Dachsanierungen ab zehn Prozent der Dachfläche, auch bei Eigentümerwechsel entstehen weitreichende Sanierungsverpflichtungen. Anstatt den Hauseigentümer bei erfolgter Sanierung wenigstens steuerlich zu entlasten, nachdem er teils hunderttausende Euro investieren musste, erfolgt eine höhere Belastung bei der Grundsteuer. Na das nenne ich mal Anreize zur Sanierung! Statt Klarheit und Gerechtigkeit gibt es Bürokratie, Intransparenz und Ungerechtigkeit. Statt Planungssicherheit gibt es Klagewellen. Wir alle miteinander sollten spätestens jetzt feststellen können: Die Grundsteuerreform mit ihren verfolgten Zielen ist kläglich gescheitert.

Das System ist und bleibt intransparent, bürokratisch und schlicht ungerecht. Und wenn sie schon nicht auf uns hören wollten, nehmen Sie doch wenigstens die Verbände wie Haus und Grund, den Bund der Steuerzahler oder sogar den Mieterbund ernst. Die einzige Antwort auf die Erfahrungen mit dem Bundesmodell ist ein eigenes Grundsteuergesetz für Schleswig-Holstein mit anderen Berechnungskriterien.

Und seien Sie sicher: Wir Freie Demokraten werden nicht aufhören, diese Kritik zu üben. Und zwar so lange, bis Schleswig-Holstein ein einfacheres und transparentes Grundsteuermodell hat."

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort.