Annabell Krämer zu TOP 2 "Gesetz zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern bei der Besetzung von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen von Landesunternehmen"

Annabell Krämer

In ihrer Rede zu TOP 2 (Gesetz zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern bei der Besetzung von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen von Landesunternehmen und -beteiligungen sowie von Verwaltungsräten der öffentlich-rechtlichen Sparkassen) erklärt die stellvertretende Vorsitzende und gleichstellungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:

"Liebe Mitglieder der Koalitionsfraktion: Ihr Gesetzesentwurf ist verfassungsrechtlich bedenklich, handwerklicher Murks und erweist dem Ziel der Gleichberechtigung von Frauen einen Bärendienst. die erste Lesung ohne Aussprache im Landtag, die uns zugestandene Frist zur Benennung von Anzuhörenden betrug sechs Stunden, die Anhörung erfolgte bereits eine Woche später. Werte Koalition, ein anständiges Gesetzgebungsverfahren sieht anders aus.

Fangen wir an mit dem Status Quo: §4 Absatz 2 unseres bestehenden Gleichstellungsgesetzes regelt Stellenbesetzungen im öffentlichen Dienst abschließend und richtig. Bei der Einstellung sind Frauen bei gleichwertiger Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorrangig zu berücksichtigen, sofern sie in der entsprechenden Fallgruppe unterrepräsentiert sind. Hier wird der Bestenauslese entsprochen. Es besteht kein Handlungsbedarf, aber Schwarz-Grün möchte keine Gleichberechtigung, sondern Gleichstellung um jeden Preis. Geschäftsführungsorgane von Landesunternehmen sollen zukünftig paritätisch besetzt werden. Erreicht werden soll dieses dadurch, dass gemäß § 4 Absatz 1 des Entwurfes auf die gleiche Anzahl von männlichen und weiblichen Personen im Bewerbungsverfahren hingewirkt werden soll. Nicht nur, dass es verfassungsrechtlich mehr als bedenklich ist – das verhindert übrigens auch nicht der Verweis darauf, dass das Grundgesetz weiterhin seine Gültigkeit behält – es führt auch zu kuriosen Absurditäten. Sollte in einem bisher überwiegend männlich besetzten Vorstand ein Posten nachzubesetzen sein, muss bei Überhang an weiblichen Kandidaten dafür gesorgt werden, dass auch gleich viele männliche Kandidaten für das Auswahlverfahren angeworben werden. Und das, obwohl die Stelle grundsätzlich mit einer Frau besetzt werden soll. Da bei Bewerberüberhang eines Geschlechts niemand im Verfahren ausgeschlossen werden darf, müsse durch 'persönliche Ansprache' oder dem zusätzlichen Einsatz von Headhuntern dafür gesorgt werden, dass sich ein paritätischer Bewerberkreis ergibt. Das erinnert ein wenig an grüne Parteitage, bei denen männliche Mitglieder nur dann ein Rederecht haben, wenn sich auch weibliche Mitglieder zu Wort melden. Nur in Ausnahmesituationen dürfen Verträge mit kompetenten und bewährten Geschäftsführungsorganen oder Vorständen in Zukunft verlängert werden, wenn die auferlegte Parität diesem entgegensteht. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass erst der Vertrag mit dem geschätzten männlichen Vorstandsvorsitzenden des UKSH verlängert wurde, bevor dieses Gesetz im Eiltempo durch das Parlament gewinkt wird, obwohl es bereits seit 1,5 Jahren fertig in der Schublade der Finanzministerin liegt. 

Warum ist dieses Gesetz ein Bärendienst für die Gleichberechtigung von uns Frauen? Nur in Ausnahmegründen darf der nächste Geschäftsführer des Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr – der Ende des Jahres benannt werden muss – ein Mann sein, da dieses Geschäftsführungsorgan alternierend besetzt werden soll. Wie, glauben Sie, wirkt sich dieses auf die Akzeptanz einer zukünftigen weiblichen Geschäftsführerin aus?  Da kann die neue Geschäftsführerin noch so kompetent und fachlich geeignet sein, sie wird trotzdem immer mit dem Stigma der 'Quotenfrau' konfrontiert sein. Komplett von der Bestenauslese verabschiedet man sich mit der Besetzung der Aufsichtsorgane. Dort muss zwingend eine paritätische Besetzung erfolgen. Fachliche Eignung spielt somit zukünftig keine Rolle mehr. Fortbildungen sollen tatsächlich jahrelange berufliche Expertise ersetzen. Mit diesem Gesetz schlägt Parität die Qualität von Aufsichtsorganen.

Die vernichtende Kritik an der den geplanten Gesetzesänderungen zum Sparkassengesetz hat zumindest dazu geführt, dass konkurrierende Gesetzgebung reduziert wurde. Für die verpflichtende paritätische Besetzung des Verwaltungsrats gibt es eine Übergangsfrist bis 2028. Dann schlägt auch hier eine starre Quote die demokratische Legitimation. Wie urteilte doch das Thüringer Landesverfassungsgericht? 'Die Freiheit der Wahl verlangt, dass Wahlen nicht durch Zwang und Druck von staatlicher Seite beeinflusst werden und dass der Prozess der Willensbildung des Volkes 'staatsfrei' verläuft. Das Paritätsgesetz schränkt hingegen die Freiheit der Wählerinnen und Wähler ein.' Nichts anderes geschieht jedoch, wenn 'Hinterzimmerpolitik' zukünftig erforderlich wird, um eine gesetzeskonforme Geschäftsorganisation der Sparkassen sicherzustellen."

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort