In ihrer Rede zu TOP 2+24+36+45 (Haushaltsberatungen 2022) erklärt die finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:
„Auch der Haushalt 2022 steht ganz im Fokus der Bewältigung der Corona-Krise. 703 Millionen Euro aus dem in 2020 aufgenommen Notkredit in Höhe von insgesamt 5,5 Milliarden Euro verstärken den diesjährigen Haushalt. Die November-Steuerschätzung lässt uns ein wenig Licht am Horizont sehen.
Es ist positiv hervorzuheben, dass wir – entgegen dem ursprünglichen ersten Haushaltsentwurf – bereits im nächsten Jahr haushalterisch in der Lage sein werden, Schulden zu tilgen. Anstatt – wie zunächst geplant – 67 Millionen Euro zusätzliche Schulden aufzunehmen, werden wir die erste Viertelmilliarde tilgen. Die gute konjunkturelle Entwicklung führt zudem dazu, dass die Kommunen nächstes Jahr zusätzliche 63 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich erhalten. Diese gute Entwicklung darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir natürlich weiterhin Mittel aus den im letzten Jahr gebildeten Notkreditrücklagen entnehmen müssen.
Nach bisheriger Planung werden 703 Millionen Euro aus der Notkreditermächtigung in Anspruch genommen, davon rund 503 Millionen Euro für die Kompensation pandemiebedingter Steuermindereinnahmen. Der Haushaltsentwurf 2022 sieht bereinigte Einnahmen in Höhe von 13,9 Milliarden Euro vor. Die bereinigten Ausgaben – ohne die Übernahme der Altlasten aus der HSH FinFo – betragen im Haushaltsentwurf 2022 knapp 14,6 Milliarden Euro. Auch hier wird deutlich: Ohne die Inanspruchnahme der in 2020 gebildeten Rücklagen aus Notkrediten wäre kein ausgeglichener Haushalt möglich. Erst zusammen mit der geplanten Entnahme von Rücklagen aus IMPULS zur weiteren Sanierung unserer Landesinfrastruktur, ist der Haushalt konjunkturell mit einer Viertelmilliarde Euro im Plus. Strukturell ist er ausgeglichen.
Investieren werden wir in diesem Jahr rund 1,6 Milliarden Euro. Die Investitionsquote beträgt somit 10,9 Prozent. Wir müssen uns jedoch bewusst sein, dass der Haushalt 2022 ein Defizit von knapp einer halben Milliarde Euro ausweisen würde, wenn wir nicht in 2020 die Kreditermächtigung in Höhe von 5,5 Milliarden Euro eingegangen wären. Jede Inanspruchnahme der Rücklage bedeutet eine effektive Kreditaufnahme. Gelder, die unsere Kinder und Kindeskinder zurückzahlen müssen. Wir müssen sparsam mit jedem Euro in unserem Haushalt umgehen. Das bedeutet nicht, jeden Euro auf den Prüfstand zu stellen. Wichtig ist aber, konsumtive Ausgaben zu hinterfragen. Jeder Euro, der einen Überschuss erwirtschaftet, ist und bleibt ein vernünftig investierter Euro.
Wir dürfen nicht vergessen: Wir befinden uns noch mitten in der Pandemie. Wir hoffen, dass wir mit unseren Rücklagen für die Pandemiebekämpfung auskommen, aber niemand kann das – Stand heute – verlässlich sagen. Wir brauchen zum Beispiel wieder mehr Testkits und unsere Krankenhäuser müssen erneut Betten freihalten. Insofern fehlt mir für die – und täglich grüßt das Murmeltier – Jahr für Jahr mit 'copy paste' vorgebrachten Haushaltsanträge der SPD jegliches Verständnis. Wir haben die Verschuldung zukünftiger Generationen in Kauf genommen, um Existenzen und Leben zu retten und zu schützen. Wir haben gemeinsam vereinbart, dass Kreditermächtigungen aus unserem Notkreditbeschluss ausschließlich zu den darin konkretisierten Zwecken in Anspruch genommen werden dürfen. Wir haben mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen, dass nicht benötigte Mittel zwingend die Kreditrücklage und somit die Inanspruchnahme der Kredite reduzieren. Und genau deshalb war es mir so wichtig, dass auch Abweichungen hiervon nur mit verfassungsändernder Mehrheit möglich sind. Unsere Notkredite sind zur Bekämpfung der Pandemie und ihrer Folgen gedacht, außerdem für die Aufrechterhaltung notwendiger bereits geplanter Investitionen in unsere Infrastruktur. Sie sind kein Füllhorn, in das man nach Belieben hineingreifen kann, um seine politischen Wünsche zu erfüllen. Und genau deshalb habe ich so für die erforderliche Zweidrittelmehrheit gekämpft, um die Mittel vor dem Zugriff zukünftiger Parlamente zu schützen.
Sage und schreibe fünf Mal will sich die SPD aus dem Corona-Nottopf bedienen. Das lehnen wir ab! Wie jedes Jahr – allerdings erst, seit die SPD nicht mehr selbst in Regierungsverantwortung ist – wird der beitragsfreie Krippenplatz gefordert. Abgehakt, dass die SPD uns die bundesweit höchsten Elternbeitragssätze hinterlassen hat. Aber zu suggerieren, dass dieses für 20 Millionen Euro zu finanzieren sei, ist mehr als unseriös. Wo bleiben Ihre Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 50 Millionen Euro aufsteigend jährlich ab 2023? Die SPD möchte 250 Plätze für die praxisintegrierte Ausbildung von Erziehern finanzieren. Dieses aber – simsalabim – verpflichtend für drei Jahrgänge finanziert durch nur 700.000 Euro. Leider beträgt der Bedarf hierfür aber 3,6 Millionen Euro. Sie hätten doch nur in unsere Jamaika-Anträge gucken müssen. Wir haben nicht nur um weitere 100 Plätze aufgestockt, sondern stellen auch noch Leitungsstunden für die Anleitung frei. Hierfür stellen wir 389.000 Euro in 2022 und 2,4 Millionen Euro in 2023 zur Verfügung.
Aus der Corona-Rücklage soll zum Beispiel ein Förderprogramm für Landgasthöfe aufgelegt werden. Nicht nur, dass es sich um eine Zweckentfremdung der Corona-Rücklagen handeln würde, wirtschaftlich bedrohte Landgastwirte haben andere Sorgen als ein nachhaltiges Betriebskonzept zu entwickeln oder ihr Gebäude energetisch zu sanieren. Digitale Gästelenkung im Tourismus soll ebenso aus der Corona-Nothilfe finanziert werden. Nicht nur, dass auch dieses nicht zulässig ist, das Land ist hier schon längst weiter. Verschiedene Projekte – wie zum Beispiel in St. Peter-Ording oder Scharbeutz – wurden bereits aus ordentlichen Haushaltsmitteln gefördert. Befremdlich finde ich die Forderung nach zusätzlichen strukturellen Förderungen für Naturschutzverbände, damit diese vier zusätzliche Stellen einrichten können, um Planungsverfahren besser 'begleiten' zu können. Liebe Sozialdemokraten, bei aller Liebe, das lässt mich stark an Ihrem Bekenntnis zur A20 zweifeln! Zusätzliche Mittel würden Verbände in ihrem Bestreben, große Infrastrukturprojekte zu verhindern, stärken. Wir Freie Demokraten wollen Planbeschleunigung und keine Planungsverhinderung.
Wir lehnen Ihre Haushaltsanträge ab. Unser Haushaltsentwurf ist stimmig, hat die Generationengerechtigkeit im Blick und ist vorwärtsgewandt. Blicken wir optimistisch nach vorne, ein Haushalt mit Augenmaß, einer fantastischen Investitionsquote und verbesserte konjunkturelle Aussichten. So kommen wir gut aus der Krise!“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort