Annabell Krämer zu TOP 20 u.a. "Entwurf eines Nachtragshaushaltsgesetzes für das Haushaltsjahr 2022"

Annabell Krämer

In ihrer Rede zu TOP 20+25+36+41 (Entwurf eines Nachtragshaushaltsgesetzes für das Haushaltsjahr 2022, Haushaltsabschluss 2021 und weitere Anträge zu Steuern und Abgaben) erklärt die finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:

"Mit dem zu beschließenden Nachtragshaushaltsgesetz 2022 schaffen wir die Grundlage für eine flexible Mittelumschichtung, um Menschen, die vor dem entsetzlichen Angriffskrieg Putins auf der Flucht aus der Ukraine sind, zu helfen. Zehn Millionen Euro werden dafür aus der Zinsvorsorge zur Verfügung gestellt, neben 38 Millionen Euro, die wir aus dem laufenden Haushalt umschichten können. Wir wollen mit diesen Mitteln die finanziellen Lasten, die aus der Aufnahme von Geflüchteten für das Land, die Kommunen oder für Private entstehen, reduzieren. Die Änderungen im Nachtragshaushaltsgesetz ermöglichen es dem Land, sowohl Maßnahmen, die im unmittelbaren sowie mittelbaren Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine stehen, als auch Kofinanzierungen zu gewährleisten.

Zur Sicherstellung der Versorgung, des Schutzes, der Aufnahme und der Integration der aus der Ukraine geflüchteten Menschen werden wir zunächst die Aufnahmekapazitäten erhöhen. Zusätzliche Container für die Laufzeit von zunächst zwölf Monaten werden angemietet. Wir gewährleisten die Versorgung und Unterbringung sowie die Bereitstellung von medizinischer und sonstiger Hilfe. Des Weiteren stellen wir den Zugang zu Bildung und dem Arbeitsmarkt sicher. Für die schulische und berufliche Integration der Geflüchteten stellen wir erforderliche Planstellen für allgemeinbildende und berufliche Schulen zur Verfügung. Die finanzielle Deckung erfolgt aus dem laufenden Haushalt durch Bereitstellung aus anderen Einzelplänen des laufenden Haushalts.

Sämtliche Ressorts der Landesregierung erklären sich in dieser dringenden Situation solidarisch, mit gemeinsamer Anstrengung alles Erforderliche in die Wege zu leiten, um im Rahmen des bestehenden Haushaltsvolumens den vielen schutzbedürftigen Menschen aus der Ukraine die erforderliche Hilfe zu geben, um ihr Leid zu mildern. Schleswig-Holstein ist bereit, diese Menschen mit offenen Armen zu empfangen, Schutz und Perspektive zu bieten – das ist das Mindeste, was wir in dieser schrecklichen Situation leisten müssen, die uns teilweise ohnmächtig auf die vielen von Putin verübten Gräueltaten blicken lässt.

Weitere 35 Millionen Euro, aus eingesparten Haushaltsmitteln aus dem Vorjahr, werden auf diesem Wege zum Auf- und Ausbau unseres Bevölkerungsschutzes für die nächsten Jahre zur Verfügung gestellt. Der Übergang zu den anderen Themenfeldern dieser Finanzdebatte fällt nicht leicht, aber auch die gestiegenen Energiepreise, und hier besonders die Benzinpreise, lassen uns die Auswirkungen dieses schrecklichen Krieges vor der Haustür spüren. Man mag sagen: Was ist das im Vergleich zu Flucht und Vertreibung? Aber diese gestiegenen Preise verursachen bei vielen Menschen Existenzängste. Schleswig-Holstein ist ein Flächenland und somit auch ein Land der Pendler. Tägliche Arbeitswege von über fünfzig Kilometern sind keine Seltenheit. Benzin- und Dieselpreise von weit über zwei Euro schüren bei vielen Gewerbetreibenden und Beschäftigen Ängste, ob das Auskommen noch reicht, um sämtliche Verpflichtungen begleichen zu können.

Ich muss hier einmal deutlich sagen, dass ich es mehr als zynisch finde, wenn der Facharbeiter oder die Facharbeiterin mit vielleicht zwei zu ernährenden Kindern zu Hause und langer Pendelstrecke aus Berlin zu hören bekommt, dass man mit einem Bruttoverdienst von viertausend Euro zu den Top-Verdienern gehöre, die keine Entlastung an der Zapfsäule bräuchten. Ganz nebenbei: Was ist mit dem Spediteur, selbständigen Handwerker oder sonstigen Gewerbetreibenden?

Die Bürger brauchen jetzt eine schnelle Entlastung. Ja, man kann sagen, dass der Tankrabatt nicht berücksichtigt, ob jemand bedürftig ist. Aber für eine Umverteilung haben wir die Progression bei der Einkommensteuer. Hier und heute ist nicht der richtige Zeitpunkt für eine Neiddebatte. Es gilt zu entlasten – und der Tankrabatt ist unbürokratisch, transparent und sofort umsetzbar. Liebe Kollegen von der CDU, die von Ihnen geforderte Spritpreisbremse greift ins Leere. Eine Reduzierung der Mehrwertsteuer ist europarechtlich nicht umsetzbar. Ein ermäßigter Steuersatz bedingt einen Antrag bei der EU-Kommission und muss von den Mitgliedstaaten einstimmig im Rat beschlossen werden. Nicht nur, dass dieses Monate dauern würde, ein einstimmiger Beschluss ist auch unrealistisch. Ihre zweite Forderung die Energiesteuer abzuschaffen ist ebenso nicht möglich, da die Besteuerung nach EU-Energiesteuerrichtlinie mindestens zum EU-Mindeststeuersatz vorgeschrieben ist. Ihre Spritpreisbremse würde folglich bei Benzin maximal eine Absenkung von knapp 30 Cent und bei Diesel lediglich um 14 Cent ermöglichen.

Sofern wir auch die Wirtschaft entlasten und somit Arbeitsplätze und Steuerkraft schützen wollen, sollten Sie – liebe Kollegen – ihre Ablehnung zum Tankrabatt überdenken. Er entlastet flexibel in der Höhe, zeigt transparent den tatsächlichen Preis der Konzerne, kann jederzeit zurückgenommen werden und hilft unseren vielen Pendlern und Gewerbetreibenden tatsächlich. Sollten diese oder weitere direktentlastende und unbürokratische Maßnahmen nicht konsensfähig gewesen sein in der Koalition, lag das ganz gewiss nicht an der FDP."

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort.