In ihrer Rede zu TOP 23+37 (Planungen zur Novellierung des Gleichstellungsgesetzes sowie Sechster Gleichstellungsbericht in Verbindung mit: Vierter Gremienbericht) erklärt die frauenpolitische Sprecherin und stellvertretende Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:
„Der Allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 GG sieht vor, dass Gleiches gleich und Ungleiches verschieden behandelt wird. In Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG ist weiterhin verankert, dass niemand wegen seines Geschlechts, seiner Abstimmung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Trotz dieser Regelung gibt es vielseitige Ausnahmen, in denen die sogenannte positive Diskriminierung durch den Gesetzgeber initiiert ist.
Die Gleichstellungsgesetze liegen nach Art. 70 Abs. 1 GG in der Gesetzgebungskompetenz der Länder. Die Ziele sind gleichlautend: Die Gleichstellung von Mann und Frau, Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts, insbesondere von Frauen, beseitigen und zukünftige verhindern, Familienfreundlichkeit und Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern.
Statistiken zufolge hat sich der Frauenanteil der Bundesbeamten und Angestellten – Soldaten sind hierbei ausgenommen – von rund 48 Prozent im Jahr 1991 auf rund 59 Prozent im Jahr 2020 gesteigert. Auch hierzulande belegt die Personalstatistik, dass die Frauen in der öffentlichen Verwaltung angekommen sind. Der Sechste Gleichstellungsbericht in Verbindung mit dem Vierten Gremienbericht für den Zeitraum 2017-2022 zeigt zudem auf, dass der Frauenanteil in allen Besoldungs- und Entgeltgruppen gestiegen ist und teilweise zu einer deutlichen Überrepräsentanz führt. Dabei ist die Verteilung nach Ressorts sehr heterogen und reicht von einem Frauenanteil von 34,1 Prozent bis zu 74 Prozent. Allerdings gibt es in Führungspositionen weiterhin Nachholbedarf.
Wie dem Koalitionsvertrag zu entnehmen ist, haben sich die Koalitionsfraktionen darauf verständigt, das Gleichstellungsgesetz Schleswig-Holstein in dieser Legislaturperiode zu novellieren. Wir brauchen und wollen selbstverständlich auch in Zukunft mehr Frauen in den höheren Laufbahnen. Wir müssen mehr Frauen dazu aktivieren, in Bewerbungsprozesse einzusteigen, denn wir können es uns nicht weiter erlauben, auf die Potentiale hochqualifizierter Frauen zu verzichten.
Unsere Forderungen an die Landesregierung sollten hiermit deutlich werden: Es ist für uns selbstverständlich, dass Frauen und Männer bei der Besetzung von Leitungsstellen gleichberechtigt behandelt werden. Eine Gleichstellung darf jedoch nicht über das Leistungsprinzip gestellt werden. Fachliche Qualifikation gilt für uns geschlechterunabhängig. Allerdings verstehe ich nicht, wieso wir heute über Vereinbarungen im Koalitionsvertrag diskutieren, ohne konkrete Eckpunkte und Inhalte vorliegen zu haben.
Sie hatten mittlerweile zwei Jahre Zeit, sich konkrete Gedanken zu machen. Diesen Bericht könnten Sie im Koalitionsarbeitskreis unter 'Verschiedenes' stellen, um die Landesregierung zum Arbeiten zu bringen. Heute wirkt es wie ein Misstrauensvotum gegenüber ihrer eigenen Gleichstellungsministerin, wenn Sie sie hier öffentlich zum Arbeiten auffordern. Es wirkt fast so, als hätte weder die Ministerin noch die Koalitionsfraktion irgendwelche Ideen, so dass Sie hier auf schlaue Impulse der Opposition hoffen. Die können Sie haben. Chancengleichheit ist nicht gleichzusetzen mit Ergebnisgleichheit. Ermutigen Sie Frauen, sich auf höherrangige Stellen zu bewerben. Frauen leiden manchmal darunter, sich selbst klein zu reden. Hier kann gegebenenfalls die Ansprache besser werden. Das sich manche Männer völlig schmerzfrei alles zutrauen, werden Sie jedoch auch nicht mit einer Novellierung dieses Gesetzes heilen.
Andererseits ist es übrigens völlig aus der Zeit gefallen, dass Gleichstellungsbeauftragte nur weiblich sein dürfen. Im Ernst, das Leistungsprinzip darf niemals ausgehöhlt werden. Dass wir Frauen uns nicht verstecken müssen, ist beim Frauenanteil in der Richterschaft zu sehen. Das Geschlecht darf nie die bessere Qualifikation schlagen. Machen Sie mehr Sach- statt Symbolpolitik. Mehr Einsatz für gute und verlässliche Kitaversorgung wäre der wichtigste Schritt zur gelungenen Vereinbarung von Familie und Beruf."
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.