Finanzen/ Schuldentilgungsplan

Annabell Krämer zu TOP 26 „Generationengerechtigkeit leben – Schuldentilgungsplan entwickeln“

In ihrer Rede zu TOP 26 (Generationengerechtigkeit leben – Schuldentilgungsplan entwickeln) erklärt die finanzpolitische Sprecherin der FDPLandtagsfraktion, Annabell Krämer:
 
„Schleswig-Holstein war lange Haushaltsnotlageland, und trotzdem – oder gerade deshalb – hat es die Schuldenbremse im Jahr 2010 unter SchwarzGelb als erstes Bundesland überhaupt in der Landesverfassung verankert.  
 
Eine ausgesprochen robuste Konjunktur und historische Niedrigzinsen ermöglichen uns bereits seit einigen Jahren Nettotilgungen. Das hat den Landtag schon im Jahr 2014 dazu bewogen, eine Tilgung der aufgelaufenen Altschulden ins Auge zu fassen und eine entsprechende Lösung einzufordern.  
 
Sowohl die Verankerung der Schuldenbremse als auch die Formulierung des Tilgungsziels sind fraktionsübergreifend zustande gekommen. Nun, weitere vier Jahre später, ist es unserer Meinung nach an der Zeit, endlich an konkreten Regelungen zu arbeiten, wie ein stetiger und planvoller Schuldenabbau verbindlich festgeschrieben werden kann.
 
Wie notwendig eine rechtlich verbindliche Regelung ist, lässt sich bereits an folgender Tatsache ablesen: In diesem Jahr werden die Zinsausgaben bei einer halben Milliarde Euro liegen. Schon das ist eine gewaltige Summe, die uns politische Handlungsspielräume raubt. Doch das ist nur die Hälfte dessen, was wir noch im Jahr 2010 an Zinsen ausgeben mussten – und das bei einem annähernd identischen Schuldenstand von rund 26 Milliarden Euro!
 
2010 ging man zudem von einer Zinslast für das Haushaltsjahr 2018 von rund 1,5 Milliarden Euro aus. Eine Milliarde mehr, als wir im heutigen historisch niedrigen Zinsumfeld tatsächlich bezahlen.

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass wir den positiven Haushaltsüberschuss 2017 vor allem den niedrigen Marktzinsen zu verdanken haben. Wären die Zinsprognosen von 2010 auch nur annähernd eingetroffen, hätten wir in 2017 wie auch  in den Vorjahren ein Haushaltsdefizit gehabt.  
 
Die Zinswende wird kommen, auch wenn der Zeitpunkt ungewiss ist. Die gebeutelten Sparer sehnen diese Wende herbei, denn ihre Einlagen schmelzen unter negativen Realzinsen seit Jahren dahin; wir Finanzpolitiker hingegen müssen diese Aussicht fürchten und die öffentlichen Haushalte deshalb bestmöglich vor steigenden Zinsausgaben wappnen.
 
Das ist für uns eine Frage der Generationengerechtigkeit. Wir müssen die Haushaltsrisiken bändigen und dürfen nicht zulassen, dass uns die Zinslasten jene Investitionsmittel entziehen, die wir brauchen, um unsere Infrastruktur funktionsfähig zu halten. Wir bändigen die Haushaltsrisiken zwar kurzfristig, indem wir uns unseres hervorragenden Zinsmanagements sowie der Absicherung durch Derivate bedienen, doch langfristig hilft nur ein konsequentes Abtragen des Schuldenbergs.
 
Dieser Schuldenberg wächst durch die unvermeidliche Übernahme der HSHAltlasten um mindestens 5,5 Milliarden Euro auf die unfassbare Summe von über 30 Milliarden Euro an. Das ist unglaublich bitter und eine schwere Hypothek für die Zukunft, mit der wir jetzt umgehen müssen. Das HSHDebakel muss für uns Ansporn sein, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die zukünftigen Belastungen zu begrenzen. Die Politik steht tief in der Schuld künftiger Generationen. Das haben wir uns bei all unserem Handeln immer wieder vor Augen zu führen.
 
Der vorliegende Antrag ist somit eine erste Antwort dieser Koalition auf die schwere Entscheidung, die wir alle im nächsten Plenum zu treffen haben: Wir fegen den Scherbenhaufen zusammen und suchen den richtigen Umgang mit den finanziellen Folgen schwerer Fehlentscheidungen der Vergangenheit.
 
Ein stetiger, planvoller und verbindlicher Schuldenabbau ist unser Ziel. Zwar sind auch in den letzten Jahren schon Nettotilgungen vorgenommen worden, doch hingen diese Tilgungen vor allem mit konjunkturellen Mehreinnahmen zusammen. Nettotilgungen werden durch das Haushaltsgesetz begünstigt, indem etwaige Haushaltsüberschüsse am Jahresende ausschließlich für Tilgungen oder für Zuführungen zu Sondervermögen verwendet werden dürfen. Diese Regel ist sinnvoll und trägt einer generationengerechten Haushaltspolitik Rechnung.
 
Doch wenn wir unser strategisches Ziel der Schuldentilgung ernst nehmen wollen, dürfen wir uns nicht auf konjunkturelle Sondereffekte verlassen. Wir wollen und wir müssen auch strukturell tilgen, und zwar nach einem mit unserem Zinsmanagement abgestimmten Plan, der dem Landeshaushalt zugleich auch weiterhin ein konjunkturelles Atmen ermöglicht.
 
Ich freue mich auf die Diskussionen im Finanzausschuss, auf die Vorschläge auch aus der Finanzwissenschaft und hoffe auf breite Unterstützung in diesem Haus.“

(Es gilt das gesprochene Wort.)