In ihrer Rede zu TOP 27 (Geschlechtsspezifischer Gewalt konsequent entgegentreten) erklärt die stellvertretende Vorsitzende und frauenpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:
"Geschlechtsspezifische Gewalt ist eine alltägliche Tragödie, die wir nicht hinnehmen dürfen. Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist nicht nur ein Angriff auf die individuelle Freiheit, sondern auch auf die fundamentalen Werte unserer Gesellschaft. Und jeder Femizid, jeder Gewaltakt, ist einer zu viel. Der vorliegende Antrag der SSW-Fraktion fordert zu Recht, dass wir entschlossen handeln und wichtige Maßnahmen nicht der Haushaltskonsolidierung zum Opfer fallen lassen.
Im Detail möchte ich mich auf die ersatzlose Streichung der Landesmittel für psychosoziale Prozessbegleitung stürzen, die – nur so nebenbei – nicht einmal Erwähnung im Alternativantrag der Koalition findet. Dieses Vorhaben führt die Bemühungen des Landes zur Umsetzung der Istanbul-Konvention und insbesondere das Hochrisikomanagement ad absurdum!
Durch die Streichung fallen ausgerechnet die Maßnahmen weg, die es häufig erst möglich machen, gewaltausübende Personen in die Verantwortung zu nehmen. Lassen Sie mich das ganze einmal verdeutlichen: Zeuginnen werden ab dem 01.01.2025, also in 19 Tagen, in einem Strafverfahren alleine gelassen! Wir alle kennen den Fall von Schackendorf.
Der Mann war mutmaßlich in die Wohnung seiner Ex-Partnerin eingedrungen und soll dort ihre Tochter und eine Freundin gefesselt haben. Als die 51-jährige Mutter nach Hause kam, schlug er ihr mit einer Eisenstange auf den Kopf. Die Frau starb aufgrund der Tat.
In einem Gerichtsverfahren hätte die Frau, sofern sie diese schreckliche Tat überlebt hätte, jedenfalls den Plänen der Landesregierung zufolge keine psychosoziale Prozessbegleitung an ihrer Seite. Und das ist unverantwortlich!
Aber auch Angehörige von verletzten Kindern, die durch die angeklagte Person häusliche Gewalt erfahren haben, werden ab dem nächsten Jahr nicht mehr unterstützt. Auch das möchte ich gerne einmal verdeutlichen.
In diesem Saal sitzen viele Mütter, so auch ich. Nehmen wir einmal an, wir wären Mütter, die selbst durch Gewalt des Kindsvaters traumatisiert sind und wir müssten in einem Verfahren aussagen, in dem es um schwere sexualisierte Gewalt gegen die eigene Tochter durch den gewalttätigen Vater geht.
Eine Streichung dieser im Vergleich überschaubaren Summe von 95.000€ gleicht einem Armutszeugnis! Schleswig-Holstein steht in der Verantwortung, nicht nur Maßnahmen zu verabschieden, sondern diese auch konsequent zu finanzieren.
Auch Frauenhäuser sind keine Luxusausgaben, sondern lebensrettend. Die Nachfrage steigt stetig, während die Mittel immer noch stagnieren. Die chronische Unterfinanzierung gefährdet die Sicherheit und Würde der Betroffenen und ohne ausreichende Finanzierung wird der Schutz für Betroffene unhaltbar. Insbesondere die psychosoziale Prozessbegleitung ist essenziell, um Frauen in einer ihrer schwersten Stunden beizustehen und die Strafverfolgung zu stärken.
Auch gewaltbetroffene Kinder sind hierbei nicht außer Acht zu lassen. Sie sind nicht nur Opfer, sondern oft auch zukünftige Gefährdete. Kürzungen in diesem Bereich riskieren langfristige gesellschaftliche Folgen. Psychologische Unterstützung ist ein zentraler Baustein, um Gewaltspiralen zu durchbrechen. Und kostenlose Prävention spart langfristig gesehen Geld!
Täterüberwachungsmaßnahmen, wie elektronische Fußfesseln, könnten die Rückfallquote drastisch senken und Betroffenen Sicherheit geben. Jeder Euro, den wir hier investieren, erspart unserer Gesellschaft mehrfache Folgekosten durch Gewalt, Krankheit und soziale Schäden. Das Argument ,leerer Kassen' darf schlussendlich nicht auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen werden. Gewalt gegen Frauen – aber ebenso auch Gewalt gegen Männer – zu bekämpfen ist keine Option, sondern eine Pflicht!
Wir fordern, wie es auch dem Antrag der SSW-Fraktion zu entnehmen ist, eine solide finanzielle Grundlage, um die beschlossenen Programme wie das Hochrisikomanagement auch vollumfänglich umsetzen zu können. Unser Appell ist eindeutig: Lassen Sie uns gemeinsam klare Prioritäten setzen. Die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger muss Priorität sein!"
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.