In ihrer Rede zu TOP 3+29+36+39+46 (Haushaltsberatungen 2025) erklärt die stellvertretende Vorsitzende und finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:
"Eigentlich könnte ich mich schon zehn Minuten an der Rede vom Kollegen Koch abarbeiten, aber das lassen wir dann mal. 347.181.000 Euro. Was ist das? Das sind unsere Minderkreditaufnahmen in diesem Haushalt. Keine Notkredite, keine volle Inanspruchnahme der konjunkturellen Kredite. Was haben wir gemacht? Wir haben nämlich faktisch nichts gestrichen. Wir haben uns zum Beispiel am Gebot der Etatreife orientiert. Die besagten nämlich, dass ein Mittelabfluss wahrscheinlicher sein muss als ein Nichtmittelabfluss. Was haben wir gemacht?
Northvolt haben wir mit einem Leertitel versehen. Das heißt, sollte es unterjährig zur Zahlungsverpflichtung kommen, was wir im Endeffekt alle hoffen, wenn sich alles zum Guten wendet, werden wir mit einem Nachtragshaushalt die Mittel zur Verfügung stellen. Das ist solide Haushaltsführung. Dafür haben wir auch Mittel übrig gelassen bei den konjunkturellen Krediten.
Wir haben nämlich 80 Millionen Euro Luft gelassen zur Verfassungsgrenze. Und, noch einmal, keine Notkredite. Glauben Sie allen Ernstes, Kollege Koch, dass man Etatreife hat? Etatreife besteht nur, wenn es in 2025 mit einer größeren Wahrscheinlichkeit als mit einer Nicht-Wahrscheinlichkeit zu einer Auszahlung kommt, ansonsten ist es nicht verfassungskonform. Da geben uns die Bundeshaushaltsordnung und die Landeshaushaltsordnung klare Regeln vor. Ja, wir haben vorgesorgt. Wir alle hoffen, dass Northvolt klappt, die Mittel haben wir zur Verfügung.
Wir stärken mit 43 Millionen Euro die Krankenhäuser, und mit 25 Millionen Euro die Landesstraßen. Wir finanzieren analog auch natürlich die Lehrerstellen, die Sie gestrichen haben. Wir stärken die kommunale Familie, wie wir es hier oft schon diskutiert haben. Wir nehmen Ihre unsägliche Finanzierung über den Kommunalen Finanzausgleich zurück, das sind 20,3 Millionen Euro. Wir halten Versprechungen. Wir setzen die Evaluation des Kita-Gesetzes um. Kollege Garg wird dazu noch ausführlich Stellung nehmen nachher. Wir stärken den wichtigen Versorgungssicherungsfonds mit sechs Millionen Euro.
Und ganz wichtig: Für uns Freie Demokraten ist jedes Kind in diesem Land gleich viel wert. Wir haben uns immer für eine 100-prozentige Finanzierung der Ersatzschulen, des Regelfördersatzes stark gemacht. Das konnten wir mit Ihnen nie durchsetzen. Aber dass Sie jetzt auch noch kürzen wollen, das ist wirklich eine Sauerei, das sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit. Anstatt die bestehenden 82 Prozent sukzessive auf die 100 Prozent zu erhöhen, wollen Sie diesen Satz nun auf 80 Prozent kürzen. Und die finanzielle Benachteiligung der Ersatzschulen soll durch Sie weiter erhöht werden. Dabei sind doch gerade die Ersatzschulen die, die den Druck von den Schulen nehmen und die Kommunen vor Ort massiv entlasten. Die könnten die Kinder doch gar nicht versorgen, wenn sie die Ersatzschulen nicht hätten. Und wir beantragen, und da bin ich sehr froh, weil ich glaube, dass wir da die Opposition an unserer Seite wissen, für diesen Punkt namentliche Abstimmung.
Bei den Frauenhäusern und im Opferschutz hat die Opposition gewirkt. Das hätten wir früher haben können, wären sie unserem Antrag gefolgt. Jetzt weiß ich, warum Sie keine Anhörung wollten. Ich bedanke mich trotzdem ausdrücklich, dass Sie meiner Forderung nachgekommen sind. Bei den Tierheimen ist dieses leider nicht der Fall. Und welche Wertschätzung hat die Pflege eigentlich bei der Landesregierung? Ich sage es Ihnen in aller Deutlichkeit: keine. Anstatt die Ausbildung endlich attraktiver zu machen, erhöhen Sie den Eigenanteil bei den Mietkosten für die Altenpflegeschulen. Wir nehmen diese Belastung selbstverständlich zurück.
Und das alles solide und verfassungskonform finanziert. Und wie Sie gesehen haben, wir haben Ihnen lediglich zwei Positionen in Ihrem Haushalt gestrichen: zum einen Ihre Stellen für Ranger, sehen Sie es mir nach, Stellen für Lehrer haben in der heutigen Zeiten für uns einen höheren Stellenwert als Ranger, die den Leuten erklären, wie sie sich beim Spazierengehen zu verhalten haben und zum anderen Ihr Bürgerbeteiligungsverfahren Klimaschutz reloaded. Wir benötigen keinen weiteren grünen Stuhlkreis, um vermeintliche Akzeptanz in der Bevölkerung für Ihre Maßnahmen zu suggerieren.
Was wir aber brauchen, ist ein auskömmlich finanziertes Hospiz in Neumünster. Diese Streichung der Mittel von Ihnen nehmen wir auch zurück. Und auch hierfür verlangen wir eine namentliche Abstimmung. Hier setzen wir unsere Prioritäten. Ansonsten haben wir ausschließlich Luft aus Ihren Haushaltsmitteln gelassen. Sie können sich somit Ihre Empörungsrhetorik wirklich sparen.
Ja, die Haushaltsberatungen, ich möchte mich dafür noch mal entschuldigen, waren für einige von Ihnen sehr langwierig, für uns aufschlussreich. Was bekamen wir auf Nachfrage zu der Höhe der Haushaltsansätze für Antworten von Ihnen? Puffer am Rande der Etatreife, Flexibilität im Haushalt bewahren, noch nicht konkret verplant und nur hier haben wir gekürzt. Und dass wir hiermit richtig liegen, hat die gestrige Veröffentlichung des Haushaltsabschlusses gezeigt: 270 Millionen Euro mal eben ausgeschwitzt. Und trotzdem strotzt ihr Haushaltsentwurf auch vor einer globalen Mehrausgabe. Wir hatten es bereits, auf die 585 Millionen Euro Verstärkung der Personalmittel möchte ich hier nicht mehr im Detail eingehen, aber eins ist mir noch aufgefallen: Sie gehen ja selbst nicht mal davon aus, dass Sie die Gelder brauchen, denn mit der Nachschiebeliste wurden vorsorglich neue Rücklagentitel für nicht benötigte Personalmittel eingeführt. Hört, hört! Da plant doch schon jemand Haushaltsreste. Ich bin mir sicher, 385 Millionen Euro reichen, denn der nächste Tarifabschluss ist erst im November und ist somit nur für zwei Monate zusätzlich auszufinanzieren. Das erwähnen Sie nicht.
Wir brauchen echte Investitionen und nicht Ihre Nullnummern. Und da kommt bei mir jetzt mal die IB.SH ins Spiel. Die IB.SH ist wirklich ein wertvoller Partner für das Land und eine auskömmliche Eigenkapitalausstattung ist für die Refinanzierung am Kapitalmarkt wichtig und unerlässlich. Ich habe über viele Jahre Bankfinanzierung gemacht. Ich habe auch die Meldung gemacht an die Bankenaufsicht, ich bin die letzte, die keine auskömmlich finanzierte Bank möchte. Aber selbigen Zweck einer harten Kernkapitalquote zur Förderung erfüllen auch die Gewinnrücklagen. Wo liegt nun der Unterschied? Die Verwendung des Fonds für allgemeine Bankrücklagen obliegt ausschließlich dem Bankenvorstand. Das macht diese Form von Kernkapital, müssen wir ehrlich sagen, für den Vorstand auch sehr interessant. Wenn wir dann noch berücksichtigen, dass dann natürlich der Zugriff des Eigentümers auf Dauer verhindert wird.
Und ich habe mich mal schlau gemacht. Die IB.SH Schleswig-Holstein hat gemessen am vorhandenen Eigenkapital den dritthöchsten prozentualen Fondanlageanteil am Eigenkapital von allen Förderbanken in der Bundesrepublik. Absolut betrachtet leistet sich Schleswig-Holstein mit 821 Millionen Euro den zweitgrößten Topf bundesweit. Hamburg stellt übrigens erhebliche Sondervermögen für Wohnungsbau und Innovationsförderung aus den Überschüssen ihrer Förderbank zur Verfügung. Und das ist richtig so. Der Fonds für allgemeine Bankrisiken ist Anlagevermögen, das der IB.SH als Eigenkapital zum Nulltarif zur Verfügung steht. Der Fonds für allgemeine Bankrisiken ist Anlagevermögen, das der IB.SH als Eigenkapital zum Nulltarif zur Verfügung steht, während das Land als Eigentümer seine Haushalte kreditfinanziert und zu wenig Mittel für unsere wichtige Krankenhaussanierung und den sozialen Wohnungsbau hat. Die Verwendung von Gewinnrücklagen stünde hingegen dem Eigentümer zu. Deshalb fordern wir die Gewährträgerversammlung auf, sich dafür einzusetzen, dass bis auf weiteres keine Mittel mehr in den Fonds für allgemeine Bankrisiken eingestellt werden und somit ein höherer Jahresüberschuss und somit Gewinnrücklagen, die ausschüttbar sind, ermöglicht werden.
Da liegt allerdings die nächste Krux. Im IB.SH-Gesetz von 2003 ist festgelegt, dass die Landesregierung über die Gewinnverwendung der Bank entscheidet. Wenn wir es anständig machen, sind das zukünftig jährlich zwischen 30 und 70 Millionen Euro ausschüttbare Gelder. Wir wollen heute über das Haushaltsbegleitgesetz ändern, dass über die Verwendung der Mittel zukünftig das Parlament entscheidet. Dass die Regierung hier unglücklich agiert hat über die Jahre, hat sie hinlänglich bewiesen. Die Kontrolle des Parlaments ist somit mehr als zwingend erforderlich. Die Gewährträgerversammlung hat jahrelang ungehindert dabei zugesehen, dass potenzielle Mittel weit über den Bedarf hinaus dem Zugriff des Eigentümers, das ist das Land Schleswig-Holstein, entzogen wurden. Und liebe Landesregierung, Sie können so oft Sie wollen betonen, dass Sie diese Art von Eigenkapitalsicherung in letzter Zeit auch kritisch hinterfragt haben. Im Herbst haben Sie Ihr Handeln noch vehement verteidigt und das lässt sich auch in allen Protokollen des Finanzausschusses nachlesen. Wir haben erhebliche Lücken bei der Finanzierung unserer Krankenhausinfrastruktur. Wir wollen diese schließen.
Aber was bei mir wirklich ein Gefühl des Fremdschämens auslöst, ist die Diskussion zum Landesblindengeld während der Haushaltsberatungen. Im Bundesvergleich hat Schleswig-Holstein mit 300 Euro das niedrigste Landesblindengeld. Und inflationsbereinigt ist es seit der Festsetzung von 2013 nur noch 235 Euro wert. Ihre geplante Erhöhung um 25 Euro, auch das übrigens nur auf Druck der Opposition und erst ab April, ist ehrlich gesagt einfach nur peinlich. Die Äußerung des Staatssekretärs, man wolle ja keine Anreise setzen, damit noch mehr Anspruchsberechtigte zukünftig Blindengeld beantragen, war schon unfassbar. Aber dass die regierungstragenden Fraktionen sich diese Aussage auch noch zu eigen machen, zeigt der Antrag, in dem der Ansatz des Landesblindengeldes jetzt tatsächlich um fast eine Million Euro gekürzt werden soll. Sie sollten sich schämen! Wir beantragen zur Ihrem Kürzungsantrag natürlich auch eine namentliche Abstimmung und bitten um Zustimmung zu unserem verfassungskonformen Haushaltsansatz mit den richtigen Prioritäten, ohne Notkredite und mit Abstand zur Verfassungsgrenze."
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.