In ihrer Rede zu TOP 43 (Service Stern Nord in den Tarifvertrag der Länder überleiten) erklärt die finanzpolitische Sprecherin und stellvertretende Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:
„Als wir uns vor gar nicht langer Zeit das erste Mal mit diesem Thema beschäftigt haben hier im Plenum und ich mich eingearbeitet habe, muss ich sagen: Ich war wirklich ein bisschen beschämt, dass hier, verzeihen Sie, wenn ich das so sage, teilweise fast prekäre Arbeitsbedingungen zugelassen worden sind.
Ich habe Ihnen das mit aktuellen Stellenausschreibungen beschrieben, mit Stellenausschreibungen, bei denen ein langjähriger Tarifvertrag so ausgelegt war, dass er tatsächlich überholt wurde durch die Anhebung des Mindestlohnes. Und parallel haben wir eine signifikante Erhöhung des Bürgergeldes gehabt.
Diese Menschen, über die wir hier sprechen, stehen jeden Morgen auf, leisten harte Arbeit für das Wohl unserer Patientinnen und Patienten und müssen mit ansehen, dass sie eigentlich nur eine geringe Differenz in manchen Stellen haben zu Bürgergeldbeziehern. Das darf nicht sein. Das darf sich ein Land wie Schleswig-Holstein nicht erlauben!
Deshalb ist heute ein wirklich guter Tag. Es ist wirklich ein guter Tag, denn ich kann Ihnen sagen: Wer selber mal im Krankenhaus lag, der weiß wirklich, wie gerade die Service-Beschäftigten zur Genesung beitragen.
Denn der Arzt, der schnell zur Visite kommt für fünf Minuten, der hat nicht die Zeit für ein nettes Wort oder für sonstiges. Das ist die Reinigungskraft, mit der man vielleicht über den letzten Urlaub spricht. Das ist die Service-Kraft bei der Essensausgabe, die vielleicht noch mal Zeit hat und sagt: ,Mensch, Sie essen doch lieber noch ein paar Gurkenscheiben mehr, ich habe Ihnen noch ein bisschen was mit draufgepackt.‘
Manche Menschen bekommen keinen Besuch im Krankenhaus. Doch zur Genesung gehört auch die psychische Genesung und nicht nur die körperliche. Deshalb gibt es zwei Säulen im Krankenhaus, die Menschen wohltun. Da sind die Servicekräfte und da sind die Ärzte. Beide sind zusammen Bestandteil eines Unternehmens.
Deshalb bin ich der SPD für diesen Antrag sehr, sehr dankbar. Ich bin auch dankbar, dass Lasse Petersdotter den Koalitionspartner so schnell überzeugen konnte.
Nun wurde schon gesagt, dass dies ein Kraftakt für das Land sei. Ich bin da eigentlich optimistisch. Ich sehe das gar nicht so – aus mehreren Gründen.
Dieser Arbeitgeber hat bisher eine Weiterempfehlungsquote von unter 30 Prozent, einen hohen Krankenstand, eine hohe Fluktuation und jeder weiß, der sich mit dem Kampf um die Fachkräfte auseinandergesetzt hat, was allein Personalrekrutierung für Ressourcen bindet, was das kostet oder auch was der Krankenstand kostet.
Das UKSH begründet einen Teil seines Defizits, dann auch unter anderem mit den hohen Kosten für Zeitarbeitskräfte. Mit den Kosten für Zeitarbeitskräfte also, die viel, viel besser bezahlt werden. Das sind hohe Kosten.
Wir werden in Zukunft voraussichtlich einen geringeren Krankheitsstand haben, eine geringere Fluktuation und weniger Zeitarbeit. Wenn bei einem Patienten im Krankenhaus die Genesung zudem schneller voranschreitet durch ein paar nette Worte, dann sparen Sie auch dort Kosten und zwar in nicht ganz unerheblichem Maße.
Dass man sagt, man kannibalisiere den Arbeitsmarkt, denn Fachkräfte werden ja nicht mehr - auch das sehe ich nicht. Ich ging eingangs darauf ein, dass wir in den letzten Jahren bei der Anpassung des Bürgergeldes ein großes Stück weit vorangegangen sind. Was wir aber dabei nicht aus den Augen lassen dürfen und sollten, ist folgender Punkt: Es muss einen Abstand geben. Und durch diese signifikante Erhöhung des Bürgergeldes ist dieser Abstand in vielen Berufen nicht mehr gewahrt.
Ich bin der Meinung, wenn man sagt, dass hier Arbeit wertgeschätzt und auch anständig bezahlt wird, dann bin ich auch frohen Mutes, dass wir dort vielleicht die Zahl der potenziellen Arbeitskräfte wieder erhöhen können.
Denn unser Ziel muss es auch sein, dass wir viele Menschen aus dem Bürgergeld wieder in den ersten Arbeitsmarkt zurückführen. Und ich glaube, dass wir durch einen entsprechenden Lohnabstand genau das erreichen.
Wir müssen wieder einen gesunden Unterschied zwischen Entlohnung und Bürgergeld haben. Und das können wir leider jetzt nur noch erreichen, indem wir auch mindestens den Mindestlohn wieder anheben. Und ich bin froh, dass wir bei der Service Stern Nord nicht mehr über Mindestlohn reden. Und insofern freue ich mich heute, dass wir diese gemeinsame Lösung gefunden haben."
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.