In ihrer Rede zu TOP 5 (Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes) erklärt die stellvertretende Vorsitzende und haushaltspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:
"Das Landesverfassungsgericht hat entschieden, dass das Gesetz über den kommunalen Finanzausgleich bis Ende 2024 nachjustiert werden muss. In erster Lesung haben wir hierzu im Oktoberplenum debattiert. Dieses übrigens auch schon auf unseren Wunsch, denn die regierungstragenden Fraktionen äußerten damals ihre Überraschung, warum man diesen Punkt nicht mit der Haushaltsberatung zusammenlegen könnte. Die Änderungen gäben doch keine eigenständige Debatte her.
Zwei Gründe machten dieses jedoch erforderlich: Zum einen steckte der Teufel im Detail, zum anderen war es unsere Intention, wichtige Positionen zu stärken beziehungsweise aufzunehmen. Wie heißt es doch auf der Internetseite der Landesregierung? ,Ein wichtiges Staatsziel ist die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in unserem Land. Auch Gemeinden und Kreise sollen deshalb ihren gerechten Anteil an den Steuereinnahmen erhalten, damit sie die ihnen aufgetragenen Verpflichtungen und sonstigen Aufgaben erfüllen können.'
Dann wollen wir doch mal sehen, inwiefern Sie diesem gerecht werden. In der Debatte im Oktober sagte der Fraktionsvorsitzende der CDU lapidar, dass die wegfallenden Landesgelder in Höhe von rund 20 Millionen Euro durch einen neu einzurichtenden Vorwegabzug aus dem kommunalen Finanzausgleich kompensiert würden. Alle Städtebauförderprogramme könnten unverändert fortgeführt werden.
Eine Zwischenfrage hierzu meinerseits ließ der Fraktionsvorsitzende der CDU nicht zu. Dem Kollegen Koch schwante natürlich, dass ich ihm das Narrativ einer Kompensation der Städtebaufördermittel über den kommunalen Finanzausgleich zerschießen würde.
Es ist nämlich mitnichten eine bloße Kompensation des Landesanteils durch das FAG. Dies würde nämlich bedeuten, dass sich die Mittel im kommunalen Finanzausgleich um die Streichung im Einzelplan 4 erhöhen würden.
Was bedeutet somit die Aussage ,wir kompensieren die Landesmittel für die Städtebauförderung über den kommunalen Finanzausgleich' also tatsächlich?
Ich übersetze: Wir streichen den Kommunen die Landesmittel für den Städtebau bis auf den letzten Cent. Weil die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel weiterhin genutzt werden sollen, muss die kommunale Familie für die erforderliche Co-Finanzierung von Einzelmaßnahmen in ausgewählten Kommunen selber aufkommen.
Das können Sie so machen, es aber so zu verkaufen, als würde sich nichts ändern, ist aus meiner Sicht unredlich. Was dem Ganzen aber die Krone aufsetzt ist, dass Sie die kommunale Familie städtebauliche Maßnahmen finanzieren lassen, die seitens der Landesregierung bereits bewilligt worden sind: 35 Millionen Euro in den nächsten drei Jahren. Das Innenministerium hat die Förderbescheide unter anderem für das Elmshorner Rathaus vergeben, den Spatenstich gemacht und Kommunen von Mölln bis Flensburg dürfen die Restfinanzierung übernehmen.
Meine sehr geehrten Kollegen von Schwarz-Grün, ich bin seit 7,5 Jahren Mitglied in diesem Landtag, aber eine solche Unverfrorenheit ist mir noch nicht untergekommen. Sie untergraben das zwingend notwendige Vertrauen der Kommunen in Zusagen der Landesregierung. Was wollen Sie zukünftig noch einkassieren? Was ist eine Zusage dieser Landesregierung noch wert? Anscheinend nicht einmal mehr das Papier, auf dem sie verfasst wurde. Und das Sie diesen Wortbruch auch noch ohne weitere Aussprache durchwinken wollten, macht es noch unfassbarer. Nicht einmal mehr der nun doch entstandene Widerspruch der Kommunen über diverse Resolutionen und Verlautbarungen der kommunalen Spitzenverbände führt dazu, dass Sie Ihr Vorhaben revidieren.
Über die Nachschiebeliste, die uns inzwischen vorliegt, hätten Sie die Möglichkeit hierzu gehabt. Diese Chance haben Sie vertan und die Vertrauensbasis zwischen Land und Kommunen nachhaltig geschadet.
Inwiefern ein Vorwegabzug für Städtebau zudem dazu beiträgt, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in unserem Land herzustellen und die Kommunen ertüchtigt, die ihnen aufgetragenen Verpflichtungen zu erfüllen, bleibt auch Ihr Geheimnis. Wir streichen Ihnen dieses Vorhaben mit unserem Änderungsantrag wieder!
Jetzt kommen wir allerdings zu zwei bestehenden Vorwegabzügen und einem potentiell neuen Vorwegabzug, die zur Erfüllung dieser Aufgaben geeignet wären: Es geht um die Förderung von Einrichtungen auf kommunalem Gebiet, die auch von Einwohnern anderer Kommunen beziehungsweise umliegende Gemeinden genutzt werden. Dieses sind Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen, kommunale Lehrschwimmbecken und Tierheime.
Erstens: Es bleibt dabei, Schleswig-Holstein hat zu wenig Frauenhausplätze! Dieses Manko hat das Innenministerium bereits 2019 festgestellt und die Bedarfe sind seitdem noch gestiegen. Ich sage es immer wieder: Nirgendwo müssen mehr schutzsuchende Frauen abgewiesen werden als in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Ein Rechtsstaat hat die Verpflichtung, seine Bürgerinnen und Bürger vor Gewalt zu schützen. Wir haben Sie im Oktober aufgefordert, die Mittel hierfür im kommunalen Finanzausgleich aufzustocken. Auch diese Chance über die Nachschiebeliste haben Sie verstreichen lassen. Und auch hier täuschen Sie die Öffentlichkeit.
Ich zitiere aus dem Flyer der grünen Landtagsfraktion zu ,2,5 Jahre Schwarz-Grün': ,Schutz von Frauen vor Gewalt gestärkt mit 10 Mio. Euro jährlich'. Was bedeutet, etwas zu stärken? Es bedeutet etwas kräftiger, leistungsfähiger, belastbarer zu machen. Was ist nun also in den letzten 2,5 Jahren passiert? Nichts! Nicht einen Euro haben Sie zusätzlich für Frauenfacheinrichtungen oder Frauenhäuser durch politische Entscheidungen zur Verfügung gestellt. Die Dynamisierung der Mittel um 2,5 Prozent haben wir gemeinsam unter Jamaika beschlossen. Zusätzliche Mittel für Gewaltschutz gibt es nicht bei Schwarz-Grün. Unseren hier vorliegenden Antrag auf Erhöhung der Mittel um 1,6 Millionen Euro für die Frauenhäuser haben Sie bereits im Finanzausschuss eine Absage erteilt.
Zweitens: Ungefähr fünfzehn Prozent unserer Kommunen stellen flächendeckend die gesamte Infrastruktur zur Verfügung, die die Schwimmerziehung der Menschen in unserem Küstenland überhaupt ermöglicht. In den letzten Jahren haben zu viele Bäder aufgrund hoher finanzieller Defizite geschlossen. Das Erlernen der Schwimmfähigkeit wird aufgrund fehlender Bäder zunehmend zu einer Herausforderung. Wir dürfen keine weiteren Lehrschwimmbecken in unserem Land verlieren! Fünfzehn Prozent der Kommunen schultern die Defizite der Bäder, die allen Schleswig-Holsteinern zur Verfügung stehen.
Immens gestiegene Betriebskosten erfordern eine Mittelerhöhung des Vorwegabzugs um mindestens 7,5 Millionen Euro auf 15 Millionen Euro in 2025 und eine Dynamisierung der Mittel um 2,5 Prozent jährlich analog zu den Frauenhäusern. Diese von uns geforderte Maßnahme hätte das Land noch nicht einmal etwas gekostet. Unter Jamaika haben wir diesen Vorwegabzug eingeführt und hierfür die 7,5 Millionen Euro Landesmittel zur Verfügung gestellt. Es wäre richtig, die Kommunen nun mit demselben Betrag zu beteiligen. Aber nein, Sie finden es wichtiger, dass Lübeck und Wesselburen die Sanierung des Schlossbereichs von Ahrensburg mit 2,1 Millionen Euro finanzieren. Bei den Schwimmstätten wäre eine Erhöhung des Vorwegabzuges tatsächlich angezeigt.
Gemeinsam nutzen – gemeinsam zahlen. Dass sich die kommunalen Spitzenverbände gegen eine Erhöhung des Vorwegabzuges aussprechen, ist nicht verwunderlich. Immerhin profitieren über 850 Kommunen bisher von einer nahezu kostenlosen Nutzung der Schwimmstätten.
Drittens: Die Unterbringung der Fund- und Sicherstellungstiere durch die Kommunen ist und bleibt keine freiwillige, sondern eine pflichtige Aufgabe. Insofern ist die institutionalisierte Unterstützung der Tierheime bei den Betriebskosten überfällig. Die Kommunen sind für die Unterbringung der Tiere verantwortlich. Eine anteilige Finanzierung der Tierheime über den kommunalen Finanzausgleich stellt die Bereitstellung des Versorgungsangebots seitens der Tierheime sicher und verhindert das Risiko der Selbstversorgungspflicht durch die Kommunen, die erheblich teurer ist, als die Bereitstellung der Versorgung durch das Ehrenamt.
Für die Tierheime hat die Mittelbereitstellung über das FAG den Vorteil, dass nicht mehr bürokratieüberbordende Verhandlungen mit jeder einzelnen Kommune geführt werden müssen. Alleine im Kreis Pinneberg muss das Tierheim Elmshorn mit fast 30 Kommunen Einzelverhandlungen führen. Das ist ein erheblicher Bürokratieaufwand, der nicht erforderlich sein sollte.
Auch hier hätten Sie die Chance gehabt, über die Nachschiebeliste nachzubessern. Sie sind jedoch weder bereit, den Kahlschlag bei den Landesmitteln für die Tierheime zurückzunehmen, noch sehen Sie die Verantwortung der Kommunen für die Fundtiere. Es sollte auch im Sinne der Kommunen sein, zu wissen, dass die Tierheime verlässliche Partner bleiben. Ja, Tiere streiken nicht für ihre Rechte, aber sie sollten sich nicht darauf verlassen, dass die vielen Ehrenamtler in den Tierheimen davor zurückschrecken.
Vielleicht kommen wir ja bald dahin, dass die Tiere im Fundbüro abgegeben werden!
Und eine Katzenschutzverordnung wollen Sie auch nicht erlassen. Tierschutz kommt im Vokabular von Schwarz-Grün nicht vor.
Sie werden heute alle unsere Vorschläge ablehnen. Das ist Ihr politisches Recht. Dass Sie aber versucht haben, jeglicher Konfrontation mit unseren Argumenten aus dem Weg zu gehen, ist nicht in Ordnung. Mit Verweis auf die Dringlichkeit der Überarbeitung des FAG haben Sie die von uns geforderte mündliche Anhörung abgelehnt. Dieses war ein reiner Vorwand, insbesondere, um sich nicht mit der Kritik an Ihrem Vorgehen mit den Städtebaumitteln auseinandersetzen zu müssen. Sie können uns weiterhin mündliche Anhörungen verweigern, wir tragen die wichtigen Anliegen dieses Landes trotzdem in die Öffentlichkeit.
Ihren lautlosen Bruch von Zusagen werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen!"
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.