In ihrer Rede zu TOP 5+20 (Gemeinsame Beratung a) Entwurf eines Gesetzes über die Einführung einer pauschalen Beihilfe für gesetzlich krankenversicherte Beamtinnen und Beamte, b) Wahlmöglichkeit bei der Krankenversicherung für Beamtinnen und Beamte schaffen und Arbeitszeit der Landesbeamtinnen und –beamten lebensphasenorientierter und familienfreundlicher gestalten) erklärt die finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:
„Der Antrag des SSW erschließt sich mir nicht. Die Verkürzung der Wochenarbeitszeit für Familien mit Kindern unter zwölf Jahren um eine Stunde kann zwei Ziele haben: Erstens eine faktische Besoldungserhöhung für Familien mit jungen Kindern oder aber zweitens familienfreundlichere Arbeitszeiten. Zu erstens: Rückwirkend für 2020 erhöht die Landesregierung den Familienzuschlag um 40 Euro pauschal pro Kind; der Beihilfebemessungssatz für Ehegatten steigt für Familien ab zwei Kindern von 70 Prozent auf 90 Prozent und bei mehr als zwei Kindern von 80 Prozent auf 90 Prozent. Zudem gibt es Familienergänzungszuschläge, die bei geringem Nettohaushaltseinkommen gewährt werden.
Betrachten wir nun den Aspekt der familienfreundlichen Arbeitszeiten. Auch unter diesem Aspekt ist das Land bereits familienfreundlicher als es der Antrag des SSW vermuten lässt. Teilzeit wird ab einem Umfang von 25 Prozent der Wochenarbeitszeit gewährt, es gibt die Möglichkeit eines erweiterten Arbeitszeitkontos. Hier bewegt sich Schleswig-Holstein im Rahmen der Guthabenansparung auf dem Zeitkonto im oberen Bereich. Natürlich müssen wir uns weiter verbessern. Die durch Corona erzwungenen Anpassungen haben uns gezeigt, dass familienfreundliche Arbeitsbedingungen wichtig, aber auch möglich sind. Nun zum Antrag der SPD zur Einführung der pauschalen Beihilfe: Dieser Antrag hat mir vor Augen geführt, wie wichtig der Input aus Expertenanhörungen ist und wie essentiell notwendig es ist, dass wir alle neuen Erkenntnissen gegenüber aufgeschlossen sind und bereit sind, unsere Einstellungen zu ändern, um nicht in alten Strukturen zu verharren und wichtige Entwicklungen hin zu einem modernen Land zu verpassen. Jenes moderne Land, das sich ein Koalitionspartner ganz besonders auf die Fahnen beziehungsweise Plakate geschrieben hat. Gerne hätten wir Freie Demokraten die Möglichkeit einer pauschalen Beihilfe auch unseren Beamten in Schleswig-Holstein eröffnet.
Um es in aller Deutlichkeit zu sagen: Wir Freie Demokraten sehen sowohl die gesetzlichen als auch die privaten Krankenversicherungen als gleichwertige systemnotwendige Säulen eines funktionierenden Gesundheitssystems. Eine Einheitsversicherung, im Volksmund verklärend ‚Bürgerversicherung‘ genannt, lehnen wir ab! Durch die höheren Honorare in der privaten Krankenversicherung erfolgt letztlich auch eine Quersubventionierung der gesetzlich Versicherten und medizinische Innovationen werden gefördert. In Deutschland bleibt einem Großteil der arbeitenden Bevölkerung die Möglichkeit verwehrt, zwischen einer gesetzlichen und privaten Vollversicherung zu wählen. Wir fordern deshalb seit langem einen fairen Marktzugang zu den privaten Krankenversicherungen für alle Versicherten.
Wettbewerb ist jedoch keine Einbahnstraße. Deshalb sollte das Land seinen neuen Beamten einen fairen einmaligen Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung zugestehen, indem der Dienstherr in Form einer pauschalen Beihilfe den hälftigen Beitrag übernimmt. Bisher muss ein neuer Beamter, der sich für die gesetzliche Krankenversicherung entscheidet, die volle Versicherungssumme alleine tragen. Die pauschale Beihilfe würde Schleswig-Holstein beim Werben um die besten Fachkräfte unweigerlich stärken. Ein weiterer – für mich als Finanzpolitikerin nicht ganz unwesentlicher – Aspekt ist, dass die pauschale Beihilfe für den Staat wesentlich günstiger ist. Selbst die Vertreter der privaten Krankenversicherungen haben in der schriftlichen Anhörung bestätigt dass für den Dienstherren die jährlichen Kosten ab dem 57. Lebensjahr niedriger sind. Berücksichtigt man, dass die Krankheitskosten mit zunehmendem Alter steigen und der Staat im aktiven Dienstalter fünfzig und im Pensionsalter siebzig Prozent der Beihilfekosten übernimmt, zeigt sich deutlich, dass wir mit einer pauschalen Beihilfe nicht nur dem Wunsch vieler Beamten entsprächen, sondern auf lange Sicht den Staatshaushalt massiv entlasten würden. Die Entlastung je Beamter auf die Gesamtlaufzeit summiert sich nach Ermittlung des Finanzministeriums auf über 25.000 Euro.
Auch wenn der Verband der privaten Krankenversicherungen mich im Nachgang zur mündlichen Anhörung mittels eines eindringlichen Briefes vom Gegenteil überzeugen wollte und diesen Brief auch per Kopie an unseren Bundesvorsitzenden verschickte, verbleiben wir Freien Demokraten in Schleswig-Holstein bei unserer Einschätzung – Wettbewerb ist keine Einbahnstraße. Die pauschale Beihilfe ist ein familienfreundliches und kostengünstiges Instrument für einen konkurrenzfähigen und modernen Arbeitgeber. Diese Chance verpassen wir heute leider aufgrund unseres Koalitionspartners CDU. Wir werden dieses Thema jedoch weiterverfolgen – nie gab es mehr zu tun!“