Annabell Krämer zu TOP 7 "Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und der Gemeindeordnung"

Annabell Krämer

In ihrer Rede zu TOP 7 (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und der Gemeindeordnung) erklärt die stellvertretende Vorsitzende und finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:

"Das Landesverfassungsgericht hat entschieden, dass das Gesetz über den kommunalen Finanzausgleich (FAG) bis Ende 2024 nachjustiert werden muss. Der Gesetzgeber muss die zentralörtlichen Bedarfe und somit die daraus resultierende Teilschlüsselmasse für die Zentralen Orte gemäß verfassungsrechtlicher Anforderungen substantiell ermitteln.

Der Erhalt einer Teilschlüsselmasse für Zentrale Orte wird als begründbar angesehen und es wird moniert, dass die Teilschlüsselmassenquote der Vorgängerregelung lediglich übernommen und fortgeschrieben wurde. Hier gilt es, die konkreten Bedarfe zu ermitteln.

Was haben Sie nun gemacht? Ich zitiere aus Ihrem Gesetzesentwurf, der die Aufteilung der Schlüsselzuweisungen an Gemeinden, Kreise und kreisfreie Städte und Zentrale Orte regelt:

‚§ 4 wird wie folgt geändert:

…Absatz 1 erhält folgende Fassung:  …‘

Und was hat sich geändert? – Nichts! Nicht ein Wort, nicht eine Zahl hat sich geändert. Wissen Sie was ich glaube? Sie haben es verpennt, der Aufforderung des Landesverfassungsgerichts nachzukommen und haben Ihre Werte gemäß Zielwertsuche ermittelt. In unserem Änderungsantrag geht es jedoch nicht um die horizontale Verteilung der Schlüsselzuweisungen, sondern um die Vorwegabzüge, die für bestimmte Aufgaben dotiert werden.

Als besonders bemerkenswert möchte ich die ‚vermeintliche‘ Verschiebung der Städtebaufördermittel aus dem Einzelplan des Innenministeriums in den kommunalen Finanzausgleich hervorheben. Denn dies ist nicht bloß eine kleine Verschiebung – es bedeutet, dass die Kommunen weniger Geld zu Verfügung haben als vorher. Die Drittelfinanzierung Bund, Land, Kommunen bedeutet jetzt vielmehr Bund, kommunale Gemeinschaft und die einzelnen Kommunen.

Im FAG werden Einrichtungen auf kommunalem Gebiet gefördert, von denen auch Einwohner anderer Kommunen, beziehungsweise umliegende Gemeinden partizipieren. Beim Städtebau ist das wohl nur marginal der Fall. Ansonsten erklären Sie mir, wie Gemeinde X von der Gestaltung des Zingels als Tor zur Innenstadt von Meldorf profitiert oder Stadt Y von dem architektonisch wertvollen Neubau der Grundschulsportanlage in Mastbrook bei Rendsburg? Das werden wir im kommenden Verfahren noch sehr genau im Auge behalten und ggf. Änderungen vorschlagen.

Welche Einrichtungen durch das FAG jedoch profitieren würden, von denen auch Einwohner anderer Kommunen, beziehungsweise umliegende Gemeinden partizipieren, sind insbesondere Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen, kommunale Lehrschwimmbecken und Tierheime. Konkret geht es heute um die Erhöhung der Finanzmittel von zwei bestehenden Vorwegabzügen und die Einführung eines neuen Vorwegabzuges.

Erstens: Schleswig-Holstein hat zu wenig Frauenhausplätze, dieses hat das Innenministerium bereits 2019 festgestellt. Nirgendwo müssen mehr schutzsuchende Frauen abgewiesen werden als in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Ein Rechtsstaat muss in der Lage sein, seine Bürger vor Gewalt zu schützen. Insofern ist es dringend geboten, die Mittel sofort aufzustocken.

Zweitens: Ungefähr 15 Prozent unserer Kommunen stellen flächendeckend die Infrastruktur zur Verfügung, die die Schwimmerziehung der Menschen in unserem Küstenland überhaupt ermöglicht. In den letzten Jahren haben zu viele Bäder aufgrund hoher finanzieller Defizite geschlossen. Das Erlernen der Schwimmfähigkeit wird aufgrund fehlender Bäder zunehmend zu einer Herausforderung. Wir dürfen keine weiteren Lehrschwimmbecken in unserem Land verlieren! Fünfzehn Prozent der Kommunen schultern die Defizite der Bäder, die allen Schleswig-Holsteinern zur Verfügung stehen. Immens gestiegene Betriebskosten erfordern eine Mittelerhöhung des Vorwegabzugs um mindestens 7,5 Millionen Euro auf 15 Millionen Euro in 2025 und eine Dynamisierung der Mittel um 2,5 Prozent jährlich analog zu den Frauenhäusern.

Drittens: Die Unterbringung der Fund- und Sicherstellungstiere durch die Kommunen ist keine freiwillige, sondern eine pflichtige Aufgabe. Insofern ist die institutionalisierte Unterstützung der Tierheime bei den Betriebskosten überfällig. Die Kommunen sind für die Unterbringung der Tiere verantwortlich. Eine anteilige Finanzierung der Tierheime über den kommunalen Finanzausgleich sichert die Bereitstellung des Versorgungsangebots seitens der Tierheime und verhindert das Risiko der Selbstversorgungspflicht durch die Kommunen, die erheblich teurer ist als die Bereitstellung der Versorgung durch das Ehrenamt.

Für die Tierheime hat die Mittelbereitstellung über das FAG den Vorteil, dass nicht mehr bürokratieüberbordende Verhandlungen mit jeder einzelnen Kommune geführt werden müssen. Alleine im Kreis Pinneberg muss das Tierheim Elmshorn mit über 20 Kommunen Einzelverhandlungen führen. Das ist ein erheblicher Bürokratieaufwand, der nicht erforderlich sein sollte. Hier fordern wir die Rücknahme des Kahlschlags bei den Tierheimen und die Überführung der bisher veranschlagten 750.000 Euro in den kommunalen Finanzausgleich

Es sollte auch im Sinne der Kommunen sein zu wissen, dass die Tierheime verlässliche Partner bleiben. Ja, Tiere streiken nicht für ihre Rechte, aber sie sollten sich nicht darauf verlassen, dass die vielen Ehrenamtler in den Tierheimen davor zurückschrecken."

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort.