In ihrer Rede zu TOP 7+8 (Entwurf eines Gesetzes der Alimentation von Beamtinnen und Beamten sowie Entwurf eines Gesetzes zur Besoldungs- und Versorgungsanpassung in Schleswig-Holstein) erklärt die finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:
"Es ist unsere Aufgabe, dass unsere Beamtinnen und Beamten amtsangemessen besoldet werden. Aber was bedeutet das eigentlich? Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, dem Beamten und seiner Familie lebenslang – entsprechend der Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards – einen angemessenen Unterhalt zu gewähren. Die Beamtin bzw. der Beamte muss über ein Nettoeinkommen verfügen, das seine rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit gewährleistet und ihm über die Grundbedürfnisse der Lebenshaltung hinaus einen im Ergebnis amtsangemessen Lebenskomfort ermöglicht.
Bei der Konkretisierung der amtsangemessenen Alimentation hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum. Seit der Föderalismusreform 2006 liegt dieser Gestaltungsspielraum beim Landesgesetzgeber, also hier bei uns. Die Rechtsprechung zur Frage der Amtsangemessenheit der Alimentation hat sich fortentwickelt. Sowohl beim Bund als auch bei den Ländern hat sich gezeigt, dass die Besoldung in unterschiedlichem Umfang nicht den vom Bundesverfassungsgericht definierten Anforderungen entspricht. So zum Beispiel zum Teil bei der Alimentation von Beamtinnen und Beamten und ihren Familien mit mehr als zwei Kindern. Wir unterschreiten – so das Bundesverfassungsgericht – in einigen Fällen den erforderlichen Abstand zur Grundsicherung. Somit werden hier die Anforderungen an die Alimentation der Beamtinnen und Beamten und ihren Familien mit mehr als zwei Kindern nicht erfüllt.
Wie auch in den letzten Jahren, hat das Land auch in diesem Jahr die jährlichen Anpassungen der Tarifentgelte auf den Beamtenbereich übertragen. Daneben haben wir eine Reihe von punktuellen Verbesserungen bei der Besoldung bereits in den letzten Jahren vorgenommen. Beispielhaft seien hier die strukturelle Erhöhung der Besoldung und Beamtenversorgung um ein Prozent – 0,4 Prozent in 2021 und 0,6 Prozent in 2022 –, die Erhöhung der Besoldung in den Einstiegsstufen um drei Prozent und die Anpassung von Zulagen genannt. Diese Maßnahmen reichen jedoch nicht aus, um das für den nötigen Abstand zur Grundsicherung erforderliche Niveau zu sichern.
Heute legen wir eine vor diesem Hintergrund erarbeitete Lösung vor. Mit dem Wegfall der unteren Besoldungsgruppen und der Neuordnung des kindbezogenen Familienzuschlags soll dem vom Bundesverfassungsgericht definierten Abstandsgebot der Alimentation zur sozialen Grundsicherung Rechnung getragen werden. Es wird darüber hinaus einen Familienergänzungszuschlag geben, als einkommensabhängige Komponente, begrenzt auf die Fälle, in denen ein tatsächlicher Fehlbedarf vorliegt. Und es wird entlastet bei der Beihilfe bzw. Heilfürsorge. So entfallen beispielsweise die Beihilfeselbstbehalte in den unteren Besoldungsgruppen bis einschließlich A9 komplett. Im Bereich der Heilfürsorge der Polizei und der Feuerwehr werden die Kürzungsbeträge der Besoldung von 1,4 Prozent des Grundgehalts auf 1,0 Prozent abgesenkt
In den vergangenen Wochen wurde umfassend daran gearbeitet, die verfassungsrechtlichen Bedenken auszuräumen bzw. diese gegen den praktischen Nutzen und die verfassungsrechtliche Verpflichtung zur angemessenen Alimentation abzuwägen. Was wir aber derzeit sehen, ist, dass ohne verfassungsrechtliche Bedenken eine angemessene Alimentation vielleicht nicht möglich sein wird. Das sollte uns doch auf lange Sicht einmal darüber nachdenken lassen, ob es nicht an der Zeit ist, die rechtlichen Rahmenbedingungen moderner und flexibler zu gestalten. Denn – was wir alle nicht wollen – ist doch, dass wir diese Debatten Jahr für Jahr wieder führen müssen, auf – wortwörtlich – Kosten unserer Beamtinnen und Beamten.
Jetzt mag der ein oder andere denken: 'Die lehnen sich aber ganz schön weit aus dem Fenster.' Ja, manchmal ist das eben nötig, um etwas weiter und besser sehen zu können. Wir sind heute mutig und sind überzeugt, dass wir mit diesem Gesetzentwurf beispielhaft vorangehen und im Zusammenschluss mit den anderen Bundesländern die Beamtenbesoldung moderner und flexibler machen können."
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.