In ihrer Rede zu TOP 25 (Mehr Gesundheit im Schulalltag fördern) erklärt die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Anne Riecke:
"Am 16. Januar 2025 wurde ein Urteil des Bundesgerichtshofs gegen zwei Lehrerinnen rechtskräftig. Sie wurden wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Der Hintergrund: Im Sommer 2019 endete eine Klassenfahrt nach London in einer Tragödie. Ein 13-jähriges Mädchen stirbt nach einer Überzuckerung an einem Herzinfarkt. Das Mädchen litt an Diabetes Typ 1. Die Lehrerinnen haben im Vorfeld Fehler bei der Abfrage von Erkrankungen gemacht. Und: Sie kannten die Schülerin nicht. Folgenschwer war auch ihre Einschätzung zum Krankheitsbild der 13-jährigen. Erst am letzten Tag wurde sie in ein Krankenhaus gebracht und verstarb. Ein dramatischer Vorfall, der eine juristische Odyssee auslöste, in der sogar den Eltern kurzfristig eine Anklage drohte, die Lehrkräfte im Vorfeld nicht richtig informiert zu haben.
Die Tragik des Falls soll nicht die Schuldfähigkeit darstellen, sondern vielmehr, wie so etwas in Zukunft vielleicht verhindert werden kann.
Weitere Fälle, die ich persönlich erlebt habe, sind Inobhutnahmen, die viel früher hätten durchgeführt werden können, weil Verletzungen durch medizinisches Fachpersonal ganz anders hätten beurteilt werden können. Dies hätte eine Inobhutnahme oder eine Intervention bereits in einem sehr viel früheren Stadium herbeigeführt.
In Schleswig- Holstein gibt es für Kinder und Jugendliche zahlreiche Vorsorgeuntersuchungen. Von U-Untersuchungen bis hin zu anderen Untersuchungen gibt es ein enges Raster. Es gibt bei Nichterscheinen eine Erinnerung. Jedoch müssen wir auch wissen, dass diese Untersuchungen keine Pflicht darstellen und tatsächlich auch nur Momentaufnahmen des körperlichen und psychischen Zustandes bei Kindern und Jugendlichen sind.
Lehrerinnen und Lehrer sind in Schleswig-Holstein auf langwierige Wege angewiesen und bestellen Kreisfachberatungen ein, um mit Kindern und Jugendlichen über chronische Erkrankungen zu sprechen, mit ihnen umzugehen und um sie in den Schulalltag zu integrieren. Letztlich mit dem Ziel, den Schülerinnen und Schülern einen Weg aufzuzeigen, wie man ‚normal‘ am Unterricht teilnehmen kann und vielleicht einen Förderstatus erlangt. Es geht dabei nicht um die Aberkennung der Kompetenzen der Kreisfachberatungen, denn sie leisten einen wichtigen Beitrag. Es geht hier vielmehr um einen weiteren Schritt, um Kinder eng und verantwortungsvoll zu begleiten.
In einem Bericht des RKI können wir lesen, dass 2021 bereits jedes sechste Kind im Alter von 0-17 Jahren an einer chronischen Krankheit gelitten hat. Darüber hinaus ist sind große Teile dieser Kinder und Jugendlichen noch bis in das Erwachsenenalter betroffen.
Ebenfalls wird vom RKI ausdrücklich beschrieben, dass die Krankheitslast durch chronische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter nicht nur gesundheitliche Aspekte im engeren Sinne betrifft, sondern sich auch durch Beeinträchtigung von Bildungserfolgen und erschwerter Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausdrückt. Darüber hinaus können zusätzliche Probleme entstehen, wenn Kinder und Jugendliche Stigmatisierungen, Mobbing und Ausgrenzungen wegen ihrer Erkrankung ausgesetzt sind.
In mehreren Bundesländern liefen bereits Machbarkeitsstudien und die Schulgesundheitsfachkräfte gehören hier bereits zu einem Berufsbild und sind als fester Bestandteil etabliert in das Schulleben. Zu Recht. Es ist klar, dass wir uns hier mit Verantwortlichkeiten des Personals auseinandersetzen müssen. Träger müssen u.U. gesucht werden und die Finanzierung muss geklärt werden. Aber die positiven Aspekte überwiegen für mich. Bei ähnlichen Modellprojekten gaben mehr als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler an, öfter über ihre Gesundheit nachzudenken und viel über ihre Gesundheit gelernt zu haben. Ein wichtiger und nachhaltiger Faktor in Zeiten von Impfmüdigkeit und zunehmend chronisch erkrankten Menschen.
Jeder Lehrer kennt die Situation, dass viele Kinder bei Unwohlsein und kleinen Verletzungen nach Hause geschickt werden müssen. Mehr als 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen konnten nach einem Besuch im Krankenzimmer der Schulgesundheitsfachkraft wieder in den Unterricht zurückkehren. Lehrkräfte gaben die Rückmeldung, dass sie durch die gesundheitliche Versorgung einzelner Schülerinnen und Schüler durch die Schulgesundheitsfachkraft ihren Unterricht fortführen konnten. Der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die sich wegen Erkrankungen oder Behinderung gehänselt und ausgegrenzt fühlten, konnte reduziert werden. Viele Schulleitungen sprachen sich für Schulgesundheitsfachkräfte aus.
Im Ganzen lässt sich zusammenfassen, dass die gesundheitliche Unterstützung die Teilhabe der Schülerinnen und Schüler am Bildungsprozess erhöht und ein bildungsförderlicher Effekt auf das Schulleben verzeichnet werden konnte. Dies gilt nicht nur für Schülerinnen und Schüler, sondern auch für Eltern. Für Lehrerinnen und Lehrer könnten diese Themen zu Entlastungen führen und mehr Nachhaltigkeit in Gesundheitsfachthemen bringen. Das Thema ist es wert, dass wir es weiterhin behandeln sollten und wir würden es gerne in den Ausschuss überweisen."
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.