In seiner Rede zu TOP 1 (Aktuelle Stunde zu "Lehren aus dem Fall Brokstedt: Behördenkommunikation verbessern und ein konsequentes Rückführungsmanagement etablieren") erklärt der migrationspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:
"Meine Gedanken waren in den letzten Wochen ganz oft bei den Eltern und Angehörigen der beiden Getöteten aus dem Zug in Brokstedt. Was müssen sie eigentlich gedacht haben angesichts dieser Schlagzeilen, dass die Behörden hier versagt haben und ein Behörden-Pingpong stattfand? Was müssen sie gedacht haben, nachdem Frau Faeser sich geäußert hat, als ob man diesen Täter hätte ausweisen können?
In Wahrheit kann man sich bei diesen Menschen nur entschuldigen, auch dafür, wie hier kommuniziert worden ist. Denn ich sage auch mal an dieser Stelle: Das, was wir im Innen- und Rechtsausschuss des Landtages hier und was wir im Justizausschuss der Bürgerschaft in Hamburg erlebt haben, war schon ein beschämendes Schauspiel des 'wir haben alles richtig gemacht' und 'die Fehler sind immer woanders gemacht worden'. Und Herr Kollege Koch: Leider sortieren Sie sich genau in diese Reihe heute ein, indem Sie sagen, dass es auch auf der Ebene des Landes überhaupt kein Behördenversagen gibt. Ich finde das unzureichend, denn leider gibt es auch auf Landesebene Möglichkeiten, um einzugreifen. Behördenversagen hat es hier auch allen möglichen Bereichen gegeben. Das beginnt in Nordrhein-Westfalen mit fehlenden Pflichtmitteilungen an das BAMF. Das geht in Hamburg weiter mit einem Staatsrat, der bei uns in der Innenausschusssitzung sagte, man habe die Information immer an die örtliche zuständige Ausländerbehörde gegeben. Und das sei nach Nummer 42 der Mitteilungen in Strafsachen auch so vorgesehen. Er vergisst aber, der Öffentlichkeit zu erklären, dass nach §87 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes in Deutschland die zuständige Behörde auch zu informieren ist. Das wird dann im Rahmen einer Protokollerklärung der Hamburger Bürgerschaft angefügt. Und in Kiel werden Mails nicht gelesen, weil sie auch ehrlicherweise in Funktionspostfächer gelangen, wo Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter alles bis zum Ende durchlesen und sofort richtig einsortieren und schalten müssen.
Wir haben etwas zu verändern und das können wir auch auf Landesebene. Und einer der Vorschläge, den wir gestern gemacht haben, ist: Konzentrieren wir uns doch auf diejenigen, die ausreisepflichtig sind oder gemacht werden müssen und straffällig geworden sind in diesem Land. Konzentrieren wir uns eben nicht auf diejenigen, die eine Ausbildungsduldung oder ähnliches haben. Konzentrieren wir uns also nicht auf diejenigen, die wir eigentlich hierbehalten sollten, sondern auf die, die straffällig geworden sind. Und dafür gibt es in Hamburg eine sehr sinnvolle Struktur: die gemeinsame Ermittlungs- und Rückführungsgruppe für ausländische Straftäter (GERAS). Dort sitzen Vertreter aus der Innenbehörde mit Vertretern aus der Ausländerbehörde zusammen. Diese müssen nicht auf einen Server zugreifen, sondern sie behandeln die Fälle gemeinsam. Bei uns müsste noch jemand aus dem Justizministerium dazukommen, weil das für Rückführungen zuständig ist. Denn bei uns ist ja die Zuständigkeitskomplexität noch größer, weil wir drei verschiedene Behörden haben, die Sie geschaffen haben, Herr Kollege Koch, weil die Integrationsministerin mit Rückführungen nichts zu tun haben wollte.
Aber wenn man diese Behörden zusammenfasst und diese Stelle dann auch als Anlaufpunkt für zum Beispiel GERAS in Hamburg macht, dann hat man eine Struktur geschaffen, mit der man niemanden zusätzlich informieren muss, sondern sich sofort schnell um die Sache selbst kümmern kann. Ich appelliere an Sie, darüber nachzudenken, solche Strukturen im Land zu schaffen und da können Sie unterhalb der Aufsichtsbehörden sowohl im Integrationsministerium, Innenministerium und Justizministerium eine solche schlagkräftige Einheit schaffen. Der Ministerpräsidenten lässt sich vernehmen, wer hier straffällig wird, der habe sein Gastrecht verwirkt. Herr Ministerpräsident, bitte sagen Sie auch, wo das Recht verändert werden soll. Sagen Sie, an welchen Stellen das Ausländerrecht zu verschärfen ist. Und Herr Koch, gucken Sie nicht immer nur nach Berlin, sondern machen Sie Ihre Vorschläge dazu. Ich glaube, Sie werden keinen einzigen gemeinsamen Vorschlag zustande bekommen, bei dem Sie sich einig sind darüber, wie Sie das Recht tatsächlich verschärfen wollen. Denn in Wahrheit sind Sie uneinig darüber, wie Sie Rückführungen tatsächlich handhaben wollen.
Rückführungen lassen sich dann doch, wenn sie intelligent gemanagt werden, in einem deutlich größeren Maße realisieren. Und genau das zeigt Hamburg durch GERAS. Die 195 im letzten Jahr in der Abschiebehaftanstalt befindlichen Menschen waren mit 120 aus Hamburg und nur 48 waren aus Schleswig-Holstein. Und das ist, bezogen auf die Einwohnerzahl und auch bezogen auf die Flüchtlingszahl, eine erstaunliche Größenordnung von Hamburg. Warum ist das so? Weil Hamburg extrem viel konsequenter mit dem Rückführungsmanagement umgeht. Und ich erwarte, dass nach den Worten jetzt auch diese Landesregierung beim Rückführungsmanagement deutlich konsequenter wird, das auch im Haushalt hinterlegt und real in Taten zeigt, was sie in Reden ständig äußert."
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort