In seiner Rede zu TOP 1 (Streichung von Bahnverbindungen durch die Landesregierung) erklärt der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Bernd Buchholz:
"Diese schwarz-grüne Landesregierung ist heute fast zwei Jahre im Amt. Und nach diesen zwei Jahren können wir heute schon eines feststellen: Verkehrspolitisch ist diese Landesregierung komplett gescheitert. Alles, was Sie sich vorgenommen haben in Ihrem Koalitionsvertrag, werden Sie bis zum Ende der Legislaturperiode nicht realisieren. Das beginnt mit dem Vorhaben – ich kann mal zitieren – ,mehr Verkehre auf den öffentlichen Personenverkehr’ zu verlagern.
Ja, wie denn, wenn ich das Angebot ausdünne? Eine Mobilitätsgarantie haben Sie den Menschen im Lande versprochen, von früh bis spät an jedem Ort in Schleswig-Holstein. Mit dem ÖPNV sollte das sichergestellt werden. Noch vor exakt vier Monaten, am 21. Februar dieses Jahres, stand der Verkehrsminister dieses Landes hier am Rednerpult und erklärte: ,In dem Koalitionsvertrag hat sich die Landesregierung ein anspruchsvolles Arbeitsprogramm für die Verbesserung der öffentlichen Mobilität in Schleswig-Holstein gesetzt und hält trotz schwieriger Haushaltslage auch weiter an diesem fest. Ziel der Mobilitätsgarantie ist eine verlässliche und regelmäßige Anbindung an den ÖPNV von früh bis spät und überall in Schleswig-Holstein.’ Meine sehr verehrten Damen und Herren, was ist denn eigentlich in den letzten vier Monaten passiert?
Wer hat denn da den Überblick verloren? Oder anders, hatte eigentlich jemand den Überblick jemals gewonnen? Über das, was da zu finanzieren ist und was finanziert werden muss? Ich kann nur sagen, offensichtlich nicht.
Denn, meine Damen und Herren, das, was jetzt passiert, fällt ja nicht vom Himmel. Und es ist im Übrigen auch nicht so, dass es die einzige mögliche Alternative wäre, mit Abstellungen zu arbeiten.
Die Tatsache, dass die Kosten der Verkehrsverträge von 260 Millionen Euro im Jahr 2022 auf 370 Millionen im Jahr danach angestiegen sind, ist nicht so ganz einfach zu verstehen. Das sieht mehr danach aus, als ob da was aus dem Ruder gelaufen ist.
Und meine Damen und Herren, dass man dann Prioritäten setzen muss und dass man vielleicht für die eine oder andere Maßnahme sogar Verständnis aufbringen könnte, das gilt dann, wenn man über die Lage Transparenz schafft.
Wenn man sich hinstellt und sagt: “Passt mal auf Freunde, das und das kosten die Verkehrsverträge mehr, das und das sind die Projekte, die wir tatsächlich machen wollen, und das sind die Dinge, die wir uns dann nicht mehr leisten können.” Diese Transparenz gibt es nicht. Das Delta wird mal mit 50, mal mit 70 Millionen Euro benannt, mal ist es hier oder da und ehrlich gesagt, dass man mit sechs Millionen Euro Abbestellungen jetzt irgendetwas erreicht, das glaube ich nicht.
Im Übrigen, meine Damen und Herren, noch ein Punkt zu den Regionalisierungsmitteln. Der Bund hat die Regionalisierungsmittel, die im Jahre 2021 bei exakt 10 Milliarden Euro lagen, kontinuierlich mit zwei Gesetzesänderungen des Regionalisierungsgesetzes deutlich erhöht und mit einer höheren Dynamisierungsquote von drei Prozent dynamisiert. Die Regionalisierungsmittel werden deshalb im Jahr 2031 nicht mehr bei zehn Milliarden, sondern bei 14 Milliarden liegen. Das ist eine Steigerung um 40 Prozent im Verhältnis zu dem, was Sie im Land bisher jetzt an Kürzungen machen.
Argumentieren Sie nicht mit einer irgendwie gearteten Kürzung aus Berlin. Die Erhöhungen der Regionalisierungsmittel haben stattgefunden. Dass wir uns mehr gewünscht haben, Herr Koch, ja, das stimmt für alle. Wir haben uns mehr gewünscht.
Aber dass man mit mehr als der Aufstockung von über einer Milliarde in zwei oder drei Jahren rechnen konnte, das stimmt nun ehrlich gesagt nicht. Und das zweite, meine Damen und Herren, jetzt kommt der Kollege Koch um die Ecke und sagt, ,ja, aber wir haben ja das 49-Euro-Ticket gar nicht gewollt.’ Also ehrlich gesagt, mit Verlaub, Drucksache 20/1394, Fraktionen CDU und Bündnis 90/Die Grünen: ,Deutschland-Tickets als Erfolgsmodell bewahren. Der 50-Prozent-Anteil...’ Sie haben das nicht gewollt? Die Länder haben ihre Bereitschaft erklärt, 50 Prozent dieser Mehrkosten zu übernehmen. Das steht in ihrem Antrag. Haben sie die Folgen nicht überdacht, Herr Kollege Kilian, als sie das hier beschlossen haben? Und sie haben das beschlossen. Es sind doch Ihre Beschlüsse, die jetzt dazu geführt haben.
Und jetzt zu der Frage, muss denn diese Abbestellerei tatsächlich sein, oder gibt es dazu Alternativen? Und ich sage mal, dazu gibt es Alternativen. Weil natürlich auch in den Tagesrandzeiten, übrigens sind nicht nur die Tagesrandzeiten betroffen, sondern, wenn die Verbindung Niebüll-Westerland werktags eingeschränkt wird, dann betrifft das Pendlerinnen und Pendler zu jeder Tageszeit.
Und ehrlicherweise, wenn Sie der Krankenschwester, die morgens um 3:30 Uhr mit dem Zug gefahren ist, oder dem Bäckermeister dann wenigstens gesagt hätten: ,Wir machen mit Nah.SH ein Alternativangebot – ein Sammel-Taxi-Shuttle-Angebot von Nah.SH.’ Da hätte man ja noch sagen können: ,Sie versuchen echt zu sparen, aber sie schaffen ein Mobilitätsthema.’
Nichts davon. Es wird einfach gestrichen. Nach mir die Sintflut. Ohne jede Kreativität.
Stattdessen tingeln die Mitglieder der Regierungsfraktionen am letzten Wochenende nach Geesthacht und setzen sich in einen AKN-Zug, der da extra hingekarrt wird, und tun so, als ob die Reaktivierung dieser Strecke morgen stattfinden würde und damit der Grünen-Ortsvorsitzende jubeln kann. Und bei Nah.SH sitzen Leute, die das tatsächlich auch planen sollen. Was für ein Unsinn, meine Damen und Herren!
Und die Kollegin Waldeck besucht mit ihrem Bundesminister Robert Habeck Malente-Lütjenburg diese Draisine-Strecke, von der man erklärt, da könnte man ja jetzt demnächst mal öffentlichen Personennahverkehr machen. Und alle freuen sich, dass wir noch mehr Schienen wieder in Betrieb nehmen, auf denen dann kein Zug fährt, weil der Minister die Züge alle abbestellt.
Geht's noch, Herr Petersdotter? Geht's noch? Den landesweiten Nahverkehrsplan haben wir hier alle gemeinsam verabschiedet, und zu dem haben Sie in Ihren Koalitionsvertrag geschrieben, ,die Finanzierung der im Landesverkehrsplan vorgesehenen Projekte stellen wir sicher.'
Sie haben nicht gesagt, stellt der Bund sicher, sondern Sie haben gesagt, stellen wir sicher. Nichts stellen Sie sicher. Sie sind nicht mal in der Lage, diesen neuen, diesen landesweiten Nahverkehrsplan so zu priorisieren, dass Sie sagen, okay, das können wir noch, das können wir nicht mehr, das können wir nicht mehr. Das fehlt alles.
Das ist wirklich eine schon jetzt vollständig gescheiterte Verkehrspolitik in diesem Land und auch bundesweit beispiellos. Denn kein anderer Verkehrsminister in den Ländern hat bis jetzt erklärt, dass er aufgrund dieser Lage Abbestellungen vornehmen wird.
Hamburg macht das Gegenteil. Die machen dort Taktverdichtungen. Diese Landesregierung hätte zumindest gewährleisten müssen, dass das Grundangebot des öffentlichen Personennahverkehrs aufrechterhalten wird. Dass sie das nicht getan hat, ist ein Offenbarungseid.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.