In seiner Rede zu TOP 10 (Mündlicher Bericht zum Konzept für die Umsetzung einer Mobilitätsgarantie für Schleswig-Holstein) erklärt der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:
"Vor ziemlich exakt genau einem Jahr haben Sie von den Koalitionsfraktionen auf Antrag der Koalitionsfraktionen beschlossen, dass dieser Minister ein Konzept für die Mobilitätsgarantie vorlegen soll, und zwar, wie er es selbst aus seinem Antrag gerade zitiert hat, ‚mit dem Ziel, jeden Ort des Landes verlässlich und regelmäßig von früh bis spät an den ÖPNV anzubinden‘.
Und ich habe vor einem Jahr von diesem Pult aus gesagt, Sie legen die Latte verdammt hoch. Eigentlich so hoch, dass der Verkehrsminister nur darunter durchkriechen kann. Aber das tut er nicht. Das tut er nicht, denn er ist gar nicht losgelaufen. Wer nicht losläuft, kann auch nicht untendurch kriechen. Denn er zieht sich mit seinem Bericht auf das zurück, was schon vor seiner Amtszeit angelegt wurde, nämlich mit den Projekten, die es bereits gibt, aber die nichts mit einer Mobilitätsgarantie zu tun haben.
Jetzt bitte einmal wirklich in aller Seriosität, nur damit wir einmal darüber reden, was in anderen Bundesländern dazu wenigstens als Konzept vorgelegt worden ist. Freitagabend hat hier im Zusammenarbeitsausschuss der Staatsrat aus Hamburg vorgetragen, was eine Mobilitätsgarantie eigentlich für Hamburg bedeuten würde. Für die Freie und Hansestadt Hamburg, die als Stadtstaat eine Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs von 33 Prozent der Menschen täglich haben und 21 Prozent der Menschen zwei- bis dreimal die Woche. Bei uns sind es übrigens zum Vergleich neun Prozent täglich und acht Prozent ein- bis zweimal die Woche, also ungefähr ein Drittel dessen von Hamburg.
Was es bedeutet, wenn in Hamburg tatsächlich eine Mobilitätsgarantie eingeführt werden muss, das hat uns der Staatsrat erklärt. Er bräuchte im On-Demand-Bereich für die Bereiche, die bisher nicht an Bushaltestellen angeschlossen sind, einen Kapazitätsbedarf von etwa 10.000 Fahrzeugen in Hamburg. Was für sich alleine noch kein Problem wäre. Nur er würde dazu auch etwa 40.000 Fahrer für diese Fahrzeuge brauchen. Und deshalb hat er auch gesagt, dass diese Mobilitätsgarantie in einer Freien und Hansestadt Hamburg erst dann zu realisieren sein wird, wenn diese Fahrzeuge wirklich real automatisiert unterwegs sein werden, und zwar ohne Fahrer. Und deshalb lassen Sie uns doch mal zurück zur Realität kommen. Der Kollege Vöge hat ja in Wahrheit den Antrag bereits abgelehnt. Es wird in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein ausgeschlossen sein in einem regelmäßigen Takt jeden Ort zu jeder Tageszeit anzufahren. Das wird ausgeschlossen sein.
Und wenn wir auf das SMILE-Projekt gucken, und das ist ein schönes Projekt, man kann ja alles Mögliche auch gerade im ländlichen Bereich ausprobieren. Aber das kostet auch insgesamt 37 Millionen Euro. Davon gehen dann rund zehn Millionen Euro an Aufwendungen für Buslinien und ungefähr 13 Millionen Euro für die On-Demand-Verkehre. Und jetzt sag mir mal einer bitte, wer nach Abschluss dieses Projektes eine auch nur annähernd so große Summe stemmen soll, um das fortzusetzen? Und wer soll finanzieren, dass diese Erweiterung der Linien dort stattfindet? Es ist ein wunderbares Projekt, wir werden viel ausprobieren, aber wir werden vor allem eines produzieren dabei: eine riesengroße Enttäuschung nach Abschluss des Projektes, weil dann das Ganze in sich zusammenfällt. Das ist leider vorprogrammiert an dieser Stelle, denn es ist nicht zu finanzieren, was da alles an Verkehr in diesem Modellkreis dann tatsächlich zusätzlich auf die Straße gebracht wird. 37 Millionen Euro, von denen in Wahrheit der Kreis zukünftig jedes Jahr ungefähr 15 bis 18 Millionen Euro für den ÖPNV stemmen soll. Wie soll er das denn machen? Diese Träumereien, die man gerne in Wahlprogramme fasst und von Mobilitätsgarantien faselt und dann zum Schluss kommen muss, dass die Mobilitätsgarantie für die meisten Menschen erst dann besteht, dass sie ein eigenes Auto besitzen.
Wir haben alle Hände voll zu tun, den ÖPNV in Schleswig-Holstein auszubauen. Wir müssen alles dafür tun, die ÖPNV-Anbindungen und Schienenverkehre besser zu machen. Aber wir haben nicht die Aufgabe, einen Popanz aufzubauen, den niemand in diesem Land in den nächsten zehn Jahren einhalten kann.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.