In seiner Rede zu TOP 15+18 (Juristenausbildung in Schleswig-Holstein) erklärt der rechtspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:
"Man glaubt es kaum: Es gibt Sätze im Koalitionsvertrag von Schwarz-Grün, die ich gut und richtig finde. Da steht zum Beispiel: ,Wir werden die Überarbeitung der Juristenausbildungsverordnung aufgrund der Reformierung des Deutschen Richtergesetzes (DRiG) dazu nutzen, den Pflichtfachstoff zu überprüfen und zu modernisieren. Dabei ist eine Überfrachtung des Ausbildungsstoffes unbedingt zu vermeiden, um keine zusätzlichen Belastungen für die Studierenden zu schaffen‘.
Und die Frage, die man sich stellt, und wo man sich die Augen reibt, ist der Umstand, dass Sie ein Jahr nach der Verabschiedung des Koalitionsvertrages genau das Gegenteil machen.
Alle Beteiligten, die sich mal mit dem Studium der Rechtswissenschaften auseinandergesetzt haben, wissen, dass es total unsinnig ist, nach vier oder fünf Jahren entscheiden zu lassen, ob man innerhalb von zehn Tagen bei konzentriert sechs oder sieben Klausuren zeigt, ob man ein guter Jurist ist, ein Prädikatsexamensjurist, ein mittelprächtiger Jurist oder eben gar kein Jurist. Das ist lernpädagogischer Unsinn. Das ist insgesamt eine psychische Druck-Belastung, die völlig unrealistisch ist.
Man muss zu Harmonisierungen kommen. Das bedeutet aber nicht, dass man zur Identität mit anderen Bundesländern kommt. Harmonisierung bedeutet, dass man sich darauf konzentriert, die Methodenlehre wieder in den Mittelpunkt zu rücken und nicht die Detailkenntnisse zu den Verträgen der Ehevermittlung oder der Anbahnung von Darlehen oder ähnlichen Finanzierungsinstrumente abverlangt. Das ist jetzt der Kanon, den sie erweitern. Das internationale Privatrecht mit Einzelheiten kommt dazu.
Zusätzlich, ohne dass es Beschränkungen gebe, ist die Vermittlung von Verbraucherdarlehensverträgen und entgeltlichen Finanzierungshilfen hinzugekommen. Die private Ehevermittlung als detaillierter Vertrag setzt demnächst beim Jurastudium in der Prüfung voraus, dass man genau weiß, was Literatur und Rechtsprechung dazu sagen. Das ist eine unsinnige Übertreibung der Detailkenntnisse.
Das ist nicht nur meine Meinung. Es ist die des Dekans der juristischen Fakultät am Dienstag in der Anhörung des Petitionsausschusses und die der juristischen Fakultät insgesamt – ich zitiere aus der Stellungnahme: ,Es ist zu bedauern, dass die von der zivilrechtlichen Fachsäule unterbreiteten und in der Stellungnahme der Fakultät vom 24.2.2023 übernommenen Vorschläge zur Eingrenzung des Pflichtfachstoffes im Bürgerlichen Recht weitgehend unbeachtet geblieben sind. Dies überrascht umso mehr, als die Begründung des JAVO-Entwurfs […] ausdrücklich eine Begrenzung des Prüfungsstoffs propagiert, im Vergleich zu der aktuell geltenden Fassung der JAVO wird jedoch das genaue Gegenteil umgesetzt […].‘
Das sagt die juristische Fakultät. Und Sie setzen sich darüber hinweg. Ich fass‘ es nicht. Mein Appell lautet daher, dass Sie noch einmal in sich gehen. Bei dem Ruhetagsthema haben wir jetzt offensichtlich einen Konsens dahingehend gefunden, dass bei diesen Klausuren nach zwei Tagen dann auch ein Ruhetag erfolgt. Ein Konsens ist schön, aber der muss dann auch im Text der Ausbildungsverordnung stattfinden.
Sie können einen Text nicht so belassen, der es ermöglicht, vier Tage Prüfung hintereinander zu machen, wobei sie sich bemühen wollen, das nicht umzusetzen.
Aber vor allem überlegen Sie bitte nochmal, ob es wirklich einer siebten Klausur in diesem Examen bedarf. Das ist die zweite massive Belastung der Studentinnen und Studenten. Die Strafrechts-Ergebnisse waren auch zu meiner Zeit schon schlecht und man merkt es blöderweise bei dem Juristenausbildungsthema deshalb, weil die Sitzungsvertretung der Staatsanwaltschaften durch Examinierte als Erstes stattfindet. Man sollte mal versuchen, jemanden im Zivilrecht direkt nach dem Examen als Amtsrichter zu fungieren und ihn Verhandlungen durchführen zu lassen.
Das kann der auch nicht sofort. Da wird es immer deutlich, dass nach dem ersten Examen Defizite vorhanden sind.
Wichtig ist es, dass die Professorinnen und Professoren der zivilrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Sparte in ihrer Stellungnahme sehr eindeutig gewesen sind und ihren Entwurf und die Begründung ihres Entwurfes zerfetzen.
Erstes Zitat: ,Bereits die Aussage, ,in den Juristenausbildungsverordnungen anderer Länder ist eine zweite Klausur aus dem Bereich des Strafrechts bereits Standard‘ […] ist unzutreffend. Das Gegenteil trifft zu.‘ Zweites Zitat: ,Die hierfür angeführten schlechteren Ergebnisse im Bereich der Strafrechtsklausur sind in keiner Weise mit belastbaren Vergleichsdaten unterlegt.‘ Drittes Zitat: ,Die in der Begründung genannten Klausurergebnisse aus Sachsen-Anhalt sind selektiv.‘ Sie lassen sich nicht verallgemeinern. Das ist doch eine Ohrfeige der juristischen Fakultät für diese Ausbildungsverordnung gewesen. Es wäre auch möglich, jetzt noch mal einen Anlauf zu unternehmen. Das geht aber nur bundeseinheitlich, denn wir reden von einem Staatsexamen. Man muss hin gehen und in der Justizministerkonferenz hinterfragen, ob man eigentlich an diesem Irrsinn weiter teilhaben will.
Wir verschärfen für ein Examen den Pflichtstoff immer weiter und gehen dann immer mit weiteren zusätzlichen Dingen ran. Wollen wir nicht mal einen wirklich großen Anlauf unternehmen und uns auf die Methodenlehre der Juristerei auf die Grundlagen, die einen Juristen ausmachen konzentrieren und nicht auf die Detailversessenheit und die letzte Kenntnis der Rechtsprechung des BGH. Das ist doch eine Grundsatzfrage, die man beantworten muss. Deshalb liebe Frau Ministerin appelliere ich, nicht nur im Interesse der Studierenden, sondern auch im Interesse des Studienortes Kiel und des Ausbildungsplatzes Schleswig-Holstein, der mit ihrer Juristen Ausbildungsverordnung an Attraktivität im Verhältnis zu allen anderen Bundesländern deutlich verlieren würde: Verzichten sie zumindest auf die 7. Klausur, belassen sie es bei einer Klausur im Strafrecht oder ziehen sie ihren Entwurf der Juristenausbildung ganz zurück.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort