Bernd Buchholz zu TOP 17 "Bauen, Bauen, Bauen - Keine Kürzungen bei der Städtebauförderung"

Dr. Bernd Buchholz

In seiner Rede zu TOP 17 (Bauen, Bauen, Bauen - Keine Kürzungen bei der Städtebauförderung) erklärt der wohnungsbaupolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Bernd Buchholz:

"Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns, glaube ich, alle einig in diesem Haus: In Deutschland wäre eine Stadtentwicklung ohne die Städtebauförderung kaum vorstellbar gewesen. Viele Plätze, Parks, Straßen wären ohne Unterstützung nicht umgestaltet, viele Gebäude wären nicht saniert worden.

Die Städtebauförderung schafft es, dass Wohn- und Lebensqualität in unseren Städten verbessert wird. Investitionen werden angeschoben. Es bewegt Menschen, sich auch mit zu engagieren, ändert nachhaltig und umfassend. Das alles sind gar nicht meine Worte, das sind die Worte von der Homepage des Innenministeriums. Und dem ist ja nur zuzustimmen. Deshalb, meine Damen und Herren, das sage ich jetzt gleich mal in Richtung der Sozialdemokraten: Wir können es uns als Opposition immer sehr leicht machen und alles Mögliche fordern. Das ist unser Privileg. Da können Sie jetzt machen, was Sie wollen.

Doch wir werden uns enthalten bei diesem Antrag, weil es uns in den Haushaltsberatungen wirklich ein Stückchen auf das Gesamtkunstwerk des Haushaltes ankommt. Es kommt darauf an, wo die Schwerpunkte gesetzt werden. Es kommt darauf an, wo, wenn gekürzt werden muss, sinnhaft gekürzt werden kann und sollte - und wo wir es anders sehen. Ich sehe zurzeit bei der Städtebauförderung aus bestimmten Gründen den Kürzungsansatz eher nicht. Das will ich erläutern.

Es hat mehrere Gründe dafür. Erstens: Das ist nicht nur ein Programm für die Kommunen, das ist vor allem auch ein Wirtschaftsförderprogramm. Das ist ein Wirtschaftsförderprogramm insoweit, als dass die Brutto-Wertschöpfung, die aus der Städtebauförderung entsteht, in der Regel in der Region, sogar meistens im lokalen Bereich, in der Bauwirtschaft landet. Und wir haben ein Bauwirtschaftsproblem zurzeit. Wir haben eine Konjunkturlage in der Bauwirtschaft, die verheerend ist. Die Reduzierung der Städtebauförderungsmittel würde diesen Konjunkturtrend verstärken. Das bitte ich zu bedenken, wenn die Landesregierung am Nachdenken und am Prüfen ist. Denn das ist ein Aspekt, der auch kurzfristig, selbst wenn man langfristig an bestimmten Stellen sparen muss, einen wesentlichen weiteren Beitrag dazu leisten kann, dass man den eigentlichen Effekt, nämlich die Schwächung der Wirtschaftskraft und damit die Minderung von Steuereinnahmen, noch beschleunigt. Das ist dann nicht besonders hilfreich.

Zweitens, woran ich bitte ebenfalls zu denken in diesem Zusammenhang ist, dass in der Tat das Erstaunliche an der Städtebauförderung ist, dass sie eben für jeden ausgegebenen Euro ein Vielfaches an Geld aus anderen öffentlichen, aber eben auch vor allem aus privaten Kassen ,raised', wie man so schön auf Neudeutsch sagt. Wenn man darauf verzichtet, verzichtet man auf etwa das Siebenfache der eigentlichen Investitionsmittel in die Investitionen des Landes und die Bruttowirtschaft. Ungefähr das Siebenfache. Das sind die Untersuchungen aus dem Jahr 2015. Meine Damen und Herren, sich daran zu vergreifen, ist schwierig.

Drittens: Was ich schließlich zu bedenken gebe, ist eine Tendenz, die ich aus den bisherigen Diskussionen zur Haushaltskonsolidierung wahrnehme, und vor der ich warne. In starkem Maße redet die Landesregierung an allen möglichen Stellen über Einschnitte in Investitionen, in echte Investitionen, insbesondere in die Infrastruktur. Das fängt beim Programm für die Feuerwehrgerätehäuser, das nicht fortgesetzt wird, an, auf kommunaler Ebene. Das setzt sich bei der Städtebeförderung, bei der Reduzierung des Landesstraßenprogramms und so weiter und so weiter fort. Das ist nichts anderes, als Schulden für die Zukunft zu machen. Sie wirtschaften damit auf Kosten der Substanz. Und ich bin als einer der wesentlichen Verfechter der Schuldenbremse immer dafür, dass man mit dem Geld auskommt, das der Staat einnimmt. Aber wenn man parallel dazu, dass einer auf der Seite die Schuldenbremse einhält und auf der anderen Seite die Schulden dadurch aufbaut, dass man Betonschulden veranstaltet, dann ist das mindestens genauso schlimm, wie die Schuldenbremse zu vernachlässigen.

Deshalb, meine Damen und Herren, appelliere ich an die Landesregierung bei diesem Prüfungsprozess, bei aller Konsolidierung, die sein muss, diese Dinge im Blick zu haben. Wirtschaftsförderung, Infrastrukturausbau sind wesentliche Treiber auch für zukünftige Situationen im Lande. Die Wirtschaftskraft des Landes Schleswig-Holstein ist in den letzten zwei Jahren zurückgegangen, nicht gestiegen. Das Bruttoinlandsprodukt ist real deutlich stärker gesunken, als es im Bundesdurchschnitt der Fall ist. 1,1 Prozent Rückgang real des Bruttoinlandsproduktes, während auf Bundesebene nur 0,3 Prozent Wirtschaftsleistung verloren gegangen sind. Übrigens: Das meiste davon auch im verarbeitenden und produzierenden Gewerbe. Produzierendes Gewerbe minus 1,6 Prozent. Das ist nicht ,auf dem Weg zu einem Industrieland'. Das ist auf dem Weg davon weg. Und deshalb ist es jetzt bei allen Konsolidierungsmaßnahmen wichtig, dass man diesen wirtschaftspolitischen Aspekt nicht außer Acht lässt und die Wirtschaftskraft des Landes nicht weiter schwächt.“

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort.