Bernd Buchholz zu TOP 17 "Irreguläre Migration entschlossen eindämmen"

Dr. Bernd Buchholz

In seiner Rede zu TOP 17 (Irreguläre Migration entschlossen eindämmen) erklärt der migrationspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:

"Wir haben gestern zur Regierungserklärung des Ministerpräsidenten über Sicherheitspakete geredet, die nach Mannheim und Solingen alle für erforderlich gehalten haben. Die Ampelregierung in Berlin debattiert heute ein Sicherheitspaket im Bundestag, aber auch die Länderchefs von Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein haben Sicherheitspakete erstellt.

Da geht es ganz viel um Strafrecht, um Ermittlungskompetenzen und um Straftäter. Aber der Täter von Solingen war bis zu seiner Tat strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Er war bis dahin kein Straftäter. Der Mann war vollziehbar ausreisepflichtig. Man hatte zwar den Versuch unternommen, ihn abzuschieben. Der Versuch war allerdings gescheitert, weil man ihn nicht angetroffen hat. Das passiert nicht nur in Nordrhein-Westfalen in ungefähr 50 Prozent der Fälle von versuchten Abschiebungen, sondern auch bei uns in Schleswig-Holstein. Dann müsste sich eigentlich ein Verfahren anschließen, das im Asylgesetz und im Aufenthaltsgesetz vorgesehen ist. Dieses Verfahren heißt ‚Aufenthaltsermittlungsverfahren‘. Also notfalls muss die Person zur Fahndung ausgeschrieben werden, ein Haftbefehl beantragt werden, oder sie muss in Abschiebegewahrsam oder -haft genommen werden. Beim Täter von Solingen ist all das nicht passiert. Das ist der Skandal von Solingen.

Aber es wäre auch bei uns nicht passiert. Denn eine Ausländerbehörde hätte nach einer missglückten Abschiebung die entsprechenden Anträge stellen und das Verfahren einleiten müssen. Und wir wissen aus allen Zahlen, die wir haben, dass genau das auch im Land Schleswig-Holstein nicht passiert. Das haben wir schon nach Brokstedt gewusst. Und deshalb haben wir immer gesagt, wir müssen da etwas ändern, denn der Vollzug dieses Rückführungsmanagements funktioniert nicht.

Unser Antrag zur Zentralisierung des Rückführungsmanagements hat zunächst dazu geführt, dass die Ministerin gesagt hat, dass alles bestens sei. Dann hat sie irgendwie gesagt: ‚Ja, also wir können darüber nachdenken, wollen uns Ihrem Vorschlag auch mal ein wenig zuwenden und gucken uns das ein bisschen an, aber eigentlich sind wir dagegen, weil wir ein Flächenland sind und da geht so etwas nicht‘. Jetzt wird gesagt: ‚Okay, vielleicht geht die Zentralisierung der Ausländerbehörden, sofern es um die Rückführung von Intensiv- und Gewalttäter geht‘. Nochmal: In Solingen ging es nicht um einen Intensiv- und Gewalttäter. Und das beträfe in Schleswig-Holstein rund 150 von 10.000 vollziehbar ausreisepflichtigen Menschen.

Immerhin spricht die Ministerin heute von einem erheblichen Vollzugsdefizit. Und genau darum geht es. Wir müssen uns in Berlin nicht immer weiter überbieten mit neuen Forderungen von Dingen, die ich auch für nicht europarechtskonform halte, beispielsweise Zurückweisungen an der Grenze oder ähnliches. Da wird immer nur draufgesattelt, obwohl wir das Recht, das wir bereits im Land haben, nicht anwenden. Wir vollziehen dieses Recht nicht. Und das sorgt genau für die fehlende Akzeptanz der Migrationspolitik, die letztlich auch Extreme befördert. Denn wenn wir lange Asylverfahren und Flüchtlingsverfahren durchführen und hinterher alle wissen, es passiert sowieso nichts, dann könnten wir uns diese Verfahren auch schenken. Wir müssen da hinkommen, dass entsprechende Rückführungsmaßnahmen auch tatsächlich stattfinden.

Der Ministerpräsident hat Ende August in einem Interview gesagt, dass wir zu mehr Abschiebungen kommen müssen. Da habe ich gedacht: ‚Ja dann mal los im eigenen Land‘. Wir sind das Bundesland, das in der Statistik der westdeutschen Bundesländer am meisten hinterherhinkt mit Abschiebungen pro Kopf auf Asylbewerber. Wir nutzen den Ausreisegewahrsam in Boostedt nicht so richtig und die Abschiebehafteinrichtungen nutzen wir auch kaum.

Man kann das alles so oder so diskutieren. Aber eines kann man nicht wegdiskutieren: Die bestehende Struktur, um Rückführungen vorzunehmen, wird so nie funktionieren, weil die Ausländerbehörden damit völlig überfordert sind. Jetzt haben auch die Landrätinnen und Landräte, die ja mehrheitlich eher der CDU angehören, in einem Hilferuf an das Land gefordert, dass das Rückführungsmanagement endlich zentralisiert werden muss. In Ihren eigenen Vorschlägen, die Sie in den Bundesrat einbringen wollen, plädieren Sie für eine Zentralisierung der Dublin-III-Verfahren in Berlin beim BAMF. Das ist völlig richtig. Aber nun sorgen Sie doch endlich dafür, dass im Lande auch eine Organisationsstruktur geschaffen wird, mit der das Recht umgesetzt wird, das wir schon lange haben. Wir brauchen ein funktionierendes Rückführungsmanagement, das nur funktionieren kann, wenn wir es im Land zentralisieren.

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort.