Bernd Buchholz zu TOP 2 "Sicherung von Tariftreue und Sozialstandards für fairen Wettbewerb"

Dr. Bernd Buchholz

In seiner Rede zu TOP 2 (Gesetz zur Sicherung von Tariftreue und Sozialstandards für fairen Wettbewerb (Tariftreue- und Vergabegesetz Schleswig-Holstein – TTG) erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:

"Ich weiß nicht, das wievielte Mal ich an diesem Pult stehe, um zum Tariftreue- und Vergabegesetz zu sprechen. Lassen Sie mich eine Sache einmal vorwegsagen: Tarifbindung erzeugen zu wollen, ist ja richtig. Und ehrlicherweise müssen wir uns alle fragen, warum wir so viele Unternehmen haben, die mit ihrer OT-Stellung in Arbeitgeberverbänden tatsächlich der Tarifsituation entgehen wollen.

Darüber sollten wir mal ernsthaft im Ausschuss diskutieren. Aber dann bitte zusammen mit den Unternehmen darüber, warum sie das tun. Und nehmen Sie da gerne viele sozialdemokratische Unternehmerinnen und Unternehmer dazu, die das auch tun. Und nehme Sie gerne auch viele grüne Unternehmerin oder viele Gründerinnen und Gründer dazu, die alle sagen: 'Bloß nicht in die Tarifbindung!' Lassen Sie uns diese Diskussion führen, damit wir in der Tat an den Themen arbeiten, um wirklich eine höhere Tarifbindung zu erzeugen.

Aber mit dem, was Sie hier vorschlagen, mit dieser Scheindebatte um ein Tariftreue- und Vergabegesetz, erreichen Sie genau dieses Ziel nicht. Und das muss man auch schon einmal sagen: In 14 Ländern gibt es ein Tariftreue- und Vergabegesetz. Gibt es in irgendeinem dieser Länder eine höhere Rate für repräsentativ erklärte Tarifverträge? Nein. Gibt es in diesen Ländern irgendeine höhere Form von Tarifbindung der Unternehmen? Nein. Gibt es in diesen Ländern irgendetwas, was dafürspricht, dass dort die Tarifbindung ausgeprägt wäre? Nein.

Und mit Verlaub: Wenn Sie in die Begründung Ihres Gesetzes reinschreiben, dass Sie mit diesem Gesetz Lohndumping bei der öffentlichen Vergabe verhindern wollen, frage ich Sie allen Ernstes: Sagen Sie damit, dass bei öffentlichen Vergaben derzeit Lohndumping betrieben wird? Wie gehen Sie eigentlich mit den Vergabestellen und denjenigen um, die im Lande dafür sorgen, dass öffentliche Aufträge gezielt erteilt werden? Sagen Sie das doch mal den Vergabestellen. Gehen Sie in Ihre Kommunen hin und sagen Sie: 'Hören Sie auf mit dem bösen Lohndumping!' Das ist doch irre. Das findet doch gar nicht statt.

Wenn Sie mir noch eines gestatten, Frau Kollegin Nitsch: Wenn Sie sich hinstellen – und das ist eine Plenardebatte, die wird wörtlich protokolliert – und behaupten, dass seit der Abschaffung des Tariftreue- und Vergabegesetz in Schleswig-Holstein massenweise Vergaben an Großunternehmen aus anderen Bundesländern stattgefunden hätte, dann bitte ich Sie, das im Ausschuss zu belegen. Ich bitte Sie, mir das nachzuweisen oder irgendeinen Anhaltspunkt dafür zu liefern. Das können Sie nicht. Das hat nicht stattgefunden. Was ich allerdings kann, ist aus dem Evaluationsbericht und über die Industrie- und Handelskammern und die Arbeitgeberverbände nachzuweisen, dass während der Geltung des Tariftreue- und Vergabegesetzes in Schleswig-Holstein die mittelständischen Unternehmen aus diesem Land an öffentlichen Vergaben bewusst nicht mehr teilgenommen haben, weil sie zu kompliziert, zu bürokratisch und zu unsinnig waren. Das ist die Realität in diesem Land.

Lieber SSW, seien Sie mir nicht böse, das TTG ist ein Wahlkampfschlager bei Ihnen und es ist ein Symbolthema. Wenn wir aber wirklich Probleme lösen wollen, und mangelnde Tarifbindung in Deutschland ist ein Problem, dann müssen wir uns nicht mit Symbolthemen beschäftigen. Sondern wir müssen uns ernsthaft damit beschäftigen, was heute Unternehmerinnen und Unternehmer davon abhält, in Tarifverträge einzusteigen. Was wir auf keinen Fall brauchen, ist etwas, das im Evaluationsbericht ausgedrückt worden ist: Ein bürokratisches Monster, das die mittelständische Wirtschaft in Schleswig-Holstein belastet. Denn Belastungen für die mittelständische Wirtschaft haben wir wahrlich genug. Es gilt zu entbürokratisieren und nicht zu bürokratisieren. Da würde ich Sie bitten, dabei mitzumachen.

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort