In seiner Rede zu TOP 24+31 (Bericht über den Regelstandard „Erleichtertes Bauen“ sowie zur Machbarkeitsstudie zum klimaneutralen Wohnungsbau in Schleswig-Holstein) erklärt der wohnungsbaupolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:
"Auch ich danke der Ministerin für den abgegebenen Bericht. Vor allem aber danke ich der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen für die Untersuchungen, die hinter dem Bericht stehen, den in diesem Hohen Haus offensichtlich noch nicht jeder verstanden hat, was da drinsteht. Das hat der Beitrag der Kollegin Braun gerade gezeigt.
Ich versuche, mich auf zwei Bereiche zu fokussieren. Das eine ist der Bereich des Regelstandards Erleichtertes Bauen. Prof. Walberg und die Arbeitsgemeinschaft weisen in der Untersuchung nach, dass die Effizienzhauskategorien 55 und 40 – die auf dem Grundgedanken basieren, dass wir alle immer effizientere Häuser bauen müssen und nur dadurch ökologisch wertvoll werden – mitnichten einen ökologischen Effekt haben, sondern sogar einen negativen ökologischen Effekt haben. Durch die grauen Emissionen von Beton und übertriebene Standards haben wir nicht nur das Bauen verteuert, sondern auch noch der Ökologie einen Bärendienst erwiesen. Das steht in der Studie. Das müssen Sie sich mal auf der Zunge zergehen lassen.
Das heißt auch, dass es völlig richtig ist, wenn die Landesregierung jetzt den Regelstandard Erleichtertes Bauen als Grundstandard für die Förderung nimmt, also für alles, was wir im geförderten Wohnungsbau machen. Aber in Wahrheit muss doch die Erkenntnis sein, dass das für alle Baustandards gelten muss. Wieso sollten wir bei der KfW plötzlich Effizienzhaus-40-Kategorien fördern, wo nachgewiesen ist, dass das ökologisch sinnlos ist? Im Gegenteil, dass es sogar noch ökologische Schwierigkeiten macht? Bis hin zu den Dingen, die man heute in Häusern verbaut, wie beispielsweise die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, von der Professor Walberg am Montag in einer Veranstaltung sagt, das sei eine CO2-Schleuder. Aber gepriesen worden ist sie unter dem ökologischen Gesichtspunkt, dass wir unbedingt noch effizienter werden müssen.
Dass mit diesen Kategorien aufgeräumt wird, ist dankenswert. Es ist richtig, dass die Landesregierung auf diese anderen Standards setzt. Es ist wichtig, dass wir jetzt für das regelmäßige Bauen von den Standards, die wir die ganze Zeit immer gepredigt haben, herunterkommen. Prof. Wallberg weist nach, dass wir vor 20 Jahren ungefähr 600 Vorschriften für das Bauen beachten mussten. Heute sind es 3.600. Von denen sind mit Sicherheit 1.500 überflüssig oder falsch. Wir müssen weg von übertriebenen Standards, um das Bauen wieder in Gang zu bringen.
Jetzt kommen wir zu dem zweiten Punkt. Man muss in eine Machbarkeitsstudie schon mal tief reinlesen, damit man versteht, was eigentlich das Fazit ist. ‚Machbarkeitsstudie klimaneutrale Wärme‘ – ich zitiere aus dem Fazit: ‚Alle drei untersuchten Szenarien […] erreichen unter der Voraussetzung einer 100 Prozent emissionsfreien leitungsgebundenen Wärmeversorgung das Ziel der Klimaneutralität im Wohngebäudebestand in Schleswig-Holstein im Jahr 2045.‘ 100 Prozent leitungsgebundene Wärme! Im zweiten Teil der Studie weist Herr Prof. Walberg nach, dass in Schleswig-Holstein im besten Falle eine 40-prozentige leitungsgebundene Wärmeversorgung möglich ist. Und das merken wir ja alle bei unseren kommunalen Wärmeplanungen gerade. In den Kommunen stellen gerade alle fest, dass das alles sehr schön ist, aber es eben auch nur für einen minimalen Teil der eigenen Kommune möglich ist, in diesem Bereich irgendetwas zu machen. Also nochmal kurz: Im ersten Teil der Studie steht: Klimaneutral bis 2045 funktioniert nur, wenn die Wärmeversorgung zu 100 Prozent leitungsgebunden wäre. Das werden wir aber nicht haben.
Im zweiten Teil steht: ‚Im Jahr 2040 sind hingegen selbst beim ambitioniertesten der Szenarien auch unter Verwendung von extremen Ansätzen bei der Gebäudeeffizienz noch bestimmte Restemissionen im Wohngebäudebestand in Schleswig-Holstein vorhanden.‘ Das bedeutet: Ihr Klimaziel 2040 im Gebäudebereich ist Utopie. Nehmen Sie das zur Kenntnis, denn das ist Teil Ihrer Studie.
Im dritten Teil der Studie geht es dann darum, wie sich das Ganze denn tatsächlich auf die Haushalte in Schleswig-Holstein auswirkt. Hier nur einige Beispiele aus der Studie selbst: Eine Familie in einem Haus, das vor 1919 gebaut worden ist, ein Eigenheim, eine Familie mit zwei Kindern, freistehendes Haus in Neumünster, 120 Quadratmeter Wohnfläche. Bisherige Wohnkosten 1.100 Euro, zukünftige Wohnkosten 1.600 Euro im Monat. Das sind 500 Euro im Monat für eine Familie mit zwei Kindern oder 6.000 Euro im Jahr mehr. Zweites Beispiel: Im einfachsten Szenario sind Senioren und Seniorinnen in einem Zweipersonenhaushalt mit 65 Jahren, Wohnfläche 100 m², freistehendes Haus in Eckernförde. Die bisherigen Wohnkosten betragen 1.060 Euro, die zukünftigen Wohnkosten erhöhen sich auf 1.360 Euro bei Einsatz einer Wärmepumpe. Da sind die Kosten für den Einbau der Wärmepumpe noch gar nicht mit eingerechnet. Das sind die Wohnfolgekosten. Das halten Sie für eine sozialverträgliche Umsetzung beim Bauen? Da ist Sprengstoff drin! Deshalb finde ich es gut, dass es diese Studien gibt und ich finde es gut, dass wir intensiv darüber reden.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.