Bernd Buchholz zu TOP 26 "Dem Fachkräftemangel im öffentlichen Verkehr effektiv entgegenwirken"

Dr. Bernd Buchholz

In seiner Rede zu TOP 26 (Dem Fachkräftemangel im öffentlichen Verkehr effektiv entgegenwirken) erklärt der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:

"Es gibt Tage, da freue ich mich, nicht mehr Verkehrsminister zu sein – zum Beispiel beim Lesen Ihres Antrages. Wenn man Ihren Antrag liest, dass der Landtag die Landesregierung bittet, ein Konzept für Aus- und Fortbildung zu erstellen, etwas Familienfreundliches für das Bahnpersonal zu machen, dann frage ich mich, was der Verkehrsminister da jetzt alles machen soll. Das ist wirklich sensationell. Es liest sich ein wenig, als müsste der Minister zum Jagen getragen werden. Und es liest sich ein bisschen so – und das allerdings verwundert mich –, dass das, was bisher eigentlich die normale Aufgabe der Verkehrsunternehmen war, plötzlich in den Verantwortungsbereich der Landesregierung rutscht. Ein Aus- und Fortbildungskonzept ist doch ehrlich gesagt nicht Sache der Landesregierung. Das ist Sache der Verkehrsunternehmen, die sich um den Verkehrsvertrag bewerben. Eine Frage von Familienfreundlichkeit muss man auf Unternehmerseite herstellen und nicht durch ein Konzept der Verwaltung.

Das hier mittlerweile eine gewisse Staatsgläubigkeit in diesem Hause herrscht, das mag sich bei vielen von Ihnen so durchgesetzt haben. Aber es gibt immer noch so etwas wie Angebot und Nachfrage und darauf sollte man setzen. Es gibt aber Rahmenbedingungen, an denen man schrauben kann, und das ist richtig in dem Antrag. Ich verstehe zum Beispiel nicht, warum Busfahrer auf dem Niveau B1 Deutsch sprechen müssen. Wenn das jemand ist, der mit der Straßenverkehrsordnung ordentlich umgehen kann und in der Lage wäre, auch noch seine Führerscheinprüfung auf Englisch ablegen zu dürfen, warum nicht? Ja, jetzt fragen Sie mich, muss er denn nicht mit den Fahrgästen sprechen? Nein, muss er nicht. Wir haben in Deutschland meines Erachtens eine zu starke Fixierung auf die eigene Sprache, gerade im Vergleich zu anderen Ländern wie im skandinavischen Raum. Das würde ich mir übrigens auch für die Verwaltung des Landes wünschen, dass neben Deutsch auch Englisch möglich wäre.

Natürlich brauchen wir Einwanderung. Natürlich brauchen wir Möglichkeiten, auch leichter auch Prüfungen zu kommen. Natürlich brauchen wir diese ganzen Rahmenbedingungen und übrigens finde ich auch die Idee, das Absenken des Alters auf 21 Jahre eine gute Idee. Ich finde nur eines in der Fachkräftedebatte wichtig: Wir werden nicht umhinkommen, angesichts der demographischen Situation insgesamt nicht immer nur über zusätzliche Fachkräfte zu reden, sondern auch über Produktivitätssteigerung. Und deshalb werden wir über Technologien reden müssen. Und wir werden deshalb darüber reden müssen, warum im Schienenverkehr nicht automatisiert gefahren werden kann. Und wir werden auch darüber reden müssen, warum man mit anderen Systemen und durch Technik nicht auch Menschen ersetzen muss, denn wir werden ansonsten einfach nicht in der Lage sein, all das Personal, das wir in allen möglichen Bereichen brauchen, tatsächlich mit Menschen zu besetzen.

Und ich finde, die Diskussion ist in vielen Bereichen zu führen, zum Beispiel auch im Pflegebereich. Ich verstehe bis heute nicht, warum das Personal in Krankenhäusern die meiste Zeit für die Dokumentation von Krankenthemen an einem PC sitzen müssen. Da sind wir technisch eigentlich meilenweit von entfernt. Warum kann eine pflegende Kraft nicht einfach am Krankenbett direkt in ein sprachgesteuertes System sprechen und anschließend gucken, ob alles richtig wiedergegeben ist? Warum nutzen wir diese Technik nicht, um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten? Staatsgläubigkeit ist mir ferner als die Gläubigkeit daran, dass Technologie an vielen Stellen in der Lage wäre, unsere Probleme besser in den Griff zu bekommen. Ich wünsche dem Minister mit der Abarbeitung dieses Antrages viel Freude.

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort