Bernd Buchholz zu TOP 28 "Stärkung der Tarifbindung in Schleswig-Holstein"

Dr. Bernd Buchholz

In seiner Rede zu TOP 8 (Mündlicher Bericht zur Stärkung der Tarifbindung in Schleswig-Holstein) erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:

"Man darf am Anfang zwei Sachen festhalten: Der Minister hat in seinem Bericht zu Recht gesagt, dass er sich in die Tarifdiskussion bei Vestas nicht einmischt. Und das ist auch gut so. Denn Tarifautonomie bedeutet nun mal eben auch die Freiheit der Tarifparteien, Verträge abzuschließen oder eben auch nicht. Das wissen die Kollegen genauso wie die Kollegen von der IG-Metall, dass es das Recht von Vestas ist zu sagen, dass sie keinen Tarifvertrag wollen. Das ist Artikel 9 unseres Grundgesetzes und enthält die negative Koalitionsfreiheit. Und ein Minister tut gut daran, sich daran auch zu halten, wenn man auf dem Boden der Verfassung steht. Das heißt natürlich nicht, dass es von der Geschäftsleitung von Vestas schlau ist, keinen Tarifvertrag abschließen zu wollen. Ich würde sagen, dass es in der Tat viele gute Argumente für einen Tarifvertrag gibt, von denen auch Vestas etwas hätte. Gerade in Zeiten, in denen ein solcher Fachkräftemangel herrscht, in denen ein Arbeitskräftemangel herrscht, in denen man sich auch für die Zukunft seine Arbeitskräfte sichern sollte, gibt es gute Gründe, einen vernünftigen Tarifvertrag abzuschließen. Ich stehe hier als jemand, der in seinen Managementzeiten immer in einem Unternehmen gewesen ist, das in der Tarifbindung war und auch einen Betriebsrat hatte. Und auch wenn ich die Vorteile dieses Tarifbindungsthemas und der Betriebsräte immer gesehen habe, so muss ich trotzdem sagen, dass es keine Pflicht dazu gibt. Deshalb sind all diese zwanghaften Versuche und die Frage, wie man Unternehmen in Tarifverträge zwängt, ob durch ein Tariftreue- und Vergabegesetz oder durch andere Sachen, die sind zum Scheitern verurteilt. Das wird so nicht funktionieren.

Was das zweite Thema angeht, so hatte auch ich den Eindruck, dass der Minister keinen einzigen Vorschlag gemacht hat, wie man die Tarifbindung stärken kann. Dabei ist die Idee relativ einfach, wie man so etwas hinbekommen könnte. Dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer etwas von einem Tarifvertrag haben, wurde hier ausgeführt. Wie wäre es denn, wenn man auch für die Arbeitgeber einen Anreiz setzt, dass auch sie etwas von einem Tarifvertrag haben und daher einen abschließen. Ich mache da auch gerne einen Vorschlag: Deutschland verfügt über ein extrem starres Arbeitszeitgesetz. Wie wäre es denn, wenn der Bundesgesetzgeber in dieses Arbeitszeitgesetz flexiblere Regelungen reinschreiben würde, die man über einen Tarifvertrag möglich machen könnte. Das wäre also eine sogenannte Öffnungsklausel im Bundesgesetz und erleichtert genau die Tarifabschlüsse, die Sie hier fordern.

Lassen Sie uns doch in der Tat in dem anstehenden Fachgespräch mit den Tarifparteien darüber nachdenken, was sowohl für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber als auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Anreiz sein könnte, in einen Tarifvertrag hineinzugehen. Das ist ein Weg, mit dem man Menschen zum Abschluss von Tarifverträgen bringt. Mit Zwang wird das, das kann ich Ihnen sagen, aus meiner Sicht definitiv nicht gelingen.

Ich will an dieser Stelle aber auch mal ganz deutlich etwas in Richtung der Arbeitgeberverbände sagen: Ich habe schon in meiner Zeit als Wirtschaftsminister angesichts der völlig veränderten Situation am Arbeitsmarkt relativ schwer verstanden, warum so viele Arbeitgeberverbände sich damit schwertun, ihre OT-Stellung aufzugeben. In Wahrheit ist dies doch vor dem Hintergrund eines Nachfragemarktes am Arbeitsmarkt heutzutage für alle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber überhaupt nicht mehr möglich. Unter Tarif zu bezahlen, und das wird jeder kleine und mittelständische Unternehmer Ihnen erzählen, bekommt man wirklich keine Leute mehr. Wenn das bei unserer kleinteiligen Wirtschaftsstruktur so ist, dann geht mein Appell dahin, dass sich die Arbeitgeberverbände im Vorgriff auf unser Fachgespräch noch mal ernsthaft hinsetzen und sagen, was sie eigentlich davon abhält, die Tarifbindung stärker anzubieten. In diesen Zeiten gibt es eigentlich keine Gründe mehr dafür, Tarifverträge vom Grundsatz her abzulehnen. Sondern es gibt gute Gründe, solche einzugehen.

Allerdings, und das muss man jetzt auch in Richtung der Gewerkschaften sagen, wird das nur zu fairen wechselseitigen Bedingungen gehen. Das heißt auf Deutsch: Es gibt Wege, die Tarifbindung zu stärken, aber dazu müssen auch beide Tarifparteien bereit sein. Insbesondere würde das auch bedeuten, dass man auf das eine oder andere möglicherweise im gesetzlichen Rahmen liegende Thema einmal mit flexiblen Öffnungsklauseln reagiert und es den Tarifparteien wieder überlässt, gemeinsam Lösungen zu finde und auch über die Rahmengesetzgebung hinauszugehen. Dann schafft man auch Anreize für mehr Tarifverträge."

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort