In seiner Rede zu TOP 29 (Zentralisierung Rückkehrmanagement) erklärt der migrationspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:
"Dass die Kommunen in diesem Land angesichts der Fragen von Migration vor gewaltigen Herausforderungen stehen, dürfte in diesem Haus Konsens sein. Die Fragen von Flüchtlingsunterbringung, Integration, insbesondere Integration in den Arbeitsmarkt, aber auch Rückführung stellen Kommunen zunehmend vor riesengroße Probleme. Einige davon müssen sie bewältigen, einige davon können sie gar nicht bewältigen.
Und dass sie das gar nicht bewältigen können, zeigen bestimmte Zahlen, die wir in den letzten Wochen einfach mal versucht haben, über die Ausländerbehörden im Lande in Erfahrung zu bringen, indem wir unsere Kreistagsfraktionen gefragt haben. Wir haben gefragt, wie viele Menschen in euren Kreisen und kreisfreien Städten sind eigentlich bei den Ausländerbehörden in Betreuung? Wie viele Mitarbeiter sind für sie zuständig? Wie viele Ersuchen auf Rückführung können deshalb stattfinden? Und die Zahlen dafür sind schon beeindruckend, aber sie zeigen eben auch, wieso es so nicht weitergehen kann.
Mehr als 300.000 Menschen befinden sich in der Betreuung unserer Ausländerbehörden im Land. Mehr als 300.000 Menschen! Für sie sind insgesamt etwa 330 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Vollzeit in den Ausländerbehörden zuständig. Und das heißt: Pro Mitarbeiterin oder Mitarbeiter müssen in einer Bandbreite zwischen 530 und 1400 Asylbewerberinnen und Asylbewerber in den Ausländerbehörden betreut werden. 1400 Menschen, für die eigentlich Integrationsmaßnahmen, für die Titel, Duldungstitel, Aufenthaltstitel und so weiter ausgestellt werden sollen und bei denen dann parallel durch diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch noch gegebenenfalls Rückführungen stattfinden sollen. Dass das nicht funktionieren kann, liegt auf der Hand und müsste eigentlich jedem auch klar sein. Und es führt auch dazu, dass die Ausländerbehörden zunehmend überlastet sind. Das führt in einem Kreis wie in Pinneberg dazu, dass bei 815 vollziehbar ausreisepflichtige Menschen über das ganze Jahr durch die Ausländerbehörde genau 24 Ersuchen auf Rückführung gestellt wurden. Das ist die Realität in Schleswig-Holstein und führt im Ergebnis dazu, dass Rückführungen in Schleswig-Holstein im Verhältnis zu fast allen anderen Bundesländern bei uns in der Regel viel weniger stattfinden als in anderen Bundesländern. Und das ist nicht nur im schwarz regierten Bayern der Fall. Baden-Württemberg als grün-schwarz regiertes Land hat zwar etwa dreimal so viele Erstanträge, aber etwa fünfmal so viele Rückführungen. Hamburg hat so viele wie wir, aber deutlich mehr Auslastung bei Rückführungen und natürlich auch bei der Inanspruchnahme unserer Abschiebehafteinrichtung.
Und es ist auch kein Wunder, warum das so ist. Unsere Ausländerbehörden in den Kreisen und kreisfreien Städten sind so organisiert, dass sie die Menschen nach Buchstaben aufgereiht und nicht nach Herkunftsländern betreuen. Ob der Herr mit dem Anfangsbuchstaben A aus Albanien kommt oder aus Montenegro ist in der Ausländerbehörde erstmal egal. Aber derselbe Mitarbeiter, der diese vielen Asylsuchenden zu betreuen hat, soll jetzt die Rückführungsmaßnahme gegebenenfalls nach Montenegro organisieren. Dass er das in der Regel nicht tut, weil er überhaupt gar keine Kenntnis darüber hat, wie die Situation vor Ort aussieht, wen er eigentlich alles anfragen muss, wen er bei der Polizei braucht, um die Rückführung zu organisieren, wo er ein Flugzeug herkriegt, das den Menschen da hinbringt und so weiter und so weiter, das ist nicht nur nicht von der Hand zu weisen, sondern jeder versteht sofort, dass man dann sagt: ‚Das lassen wir mal lieber‘. Und genau das passiert.
Die Antwort darauf ist relativ einfach. Und die heißt: Die Kompetenzen im Land, die man hat für solche Maßnahmen, müssen gebündelt werden. Und das machen wir ja in allen möglichen anderen Bereichen auch. Wenn ich dort, wo ich Rückführungsnotwendigkeiten habe, eine zentralisierte Einheit habe, die über Spezialwissen verfügt, dann könnte diese Einheit auch viel effizienter und übrigens teilweise auch viel kostengünstiger damit umgehen. Denn eine Rückführungsmaßnahme, die wir selbst organisieren, aus Schleswig-Holstein heraus, kostet die Kreise und kreisfreien Städte das Geld. Wenn wir sie so organisieren, dass die dänischen Nachbarn im Zweifel auch noch jemanden mitschicken dürfen, werden die Kosten komplett von der Europäischen Union getragen. Dass man all sowas in den Ausländerbehörden nicht weiß, ist kein Problem der Ausländerbehörden, sondern es ist ein Problem, dass sich das Ministerium solcher Fragen nicht annimmt. Obwohl in § 71 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes seit 2019 der Satz verankert ist: ‚Für die Vollziehung von Abschiebungen ist in den Ländern jeweils eine zentral zuständige Stelle zu bestimmen.‘ Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.