In seiner Rede zu TOP 33+34 (Reaktivierung der Bahnstrecke Geesthacht – Hamburg) erklärt der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:
"Geesthacht hat die bestmögliche ÖPNV-Anbindung verdient. Die bestmögliche ÖPNV-Anbindung ist aber auch die, die man sich leisten kann und die dem entspricht, was tatsächlich real möglich ist. Diese Debatte, die Sie hier führen, ist ein bisschen eine Debatte, die heißt: ,Lasst uns von den Fakten nicht irritieren, sondern einfach den politischen Willen bekunden, dass wir eine Strecke reaktivieren wollen.'
Diese Debatte wird geführt, obwohl es dafür wahnsinnig viele Vorkenntnisse gibt, die Sie alle ausblenden, weil offenbar niemand von Ihnen die Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2020 wirklich gelesen hat. Das finde ich nicht besonders faszinierend, weil man, ehrlich gesagt, erwarten darf, dass ein bisschen Grundlagenwissen vorhanden ist.
In Wahrheit wissen wir aber auch, wie diese Anträge entstanden sind. In der Bürgerschaft in Hamburg haben drei Fraktionen zusammengesessen. Die SPD-Fraktion hat es zuerst gemerkt und hat den Antrag abgeschrieben. Dann haben es die CDU und die Grünen gemerkt und denselben Antrag abgeschrieben. Und ohne Kenntnis über diese abgeschriebenen Anträge wurden dann beide ins Plenum eingebracht worden.
Sorry, mit Verlaub, das ist keine seriöse Arbeit in der Politik, sondern das ist ein bisschen hinterherlaufen.
Jetzt wollen wir doch mal ein bisschen die Fakten angucken. Der größte verkehrliche Nutzen, wenn man die Strecke von Geesthacht nach Hamburg rein reaktivieren wollte, wäre die Einbindung der Strecke ins S-Bahn-Netz von Hamburg.
Das würde ein Überwurfbauwerk voraussetzen, das bis Nettelnburg geht. Da hat die Machbarkeitsstudie schon gezeigt, dass dieses Thema etwa bei 250 Millionen Euro liegen würde. Bei 7.000 Fahrgästen wäre das absolut nicht darstellbar. Hamburg hat Schleswig-Holstein gesagt, das sei nicht darstellbar, das streichen wir.
Die zweite Variante des Durchbindens nach Hamburg, die sehr, sehr langfristig möglich sein könnte, wäre über die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Berlin und Hamburg. Um die es geht bei Bergedorf, durch Durchfädeln über die Weichen tatsächlich einen Regionalzug einmal die Stunde durchbinden zu können.
Die Voraussetzung ist, dass im Hamburger Hauptbahnhof deutlich mehr Kapazitäten geschaffen werden und auf der Strecke insgesamt eine erhebliche Kapazitätsausweitung möglich ist. Das ist weder geplant, noch steht das zu vermuten an. Das ist also ausgeschlossen. Bleibt als dritte Variante. Und das ist die Variante, die auf dem Tisch liegt. Eine sogenannte BOStrab-Variante, eine Straßenbahnvariante, die - und jetzt bitte auf der Zunge zergehen lassen - für genau 7.000 Menschen einen Zeitgewinn von genau drei Minuten realisiert und dabei mindestens 100 Millionen Euro kostet. Mindestens 100 Millionen Euro. Und deshalb ist es doch eben gerade keine Zeitverschwendung, wenn man sich zunächst einmal die Frage stellt, ob wir es überhaupt mit einem positiven Kosten-Nutzen-Faktor schaffen, eine Bundesförderung dafür zu bekommen.
Das ist die Vorfrage, die man stellen muss. Alles andere ist das Verschwenden von Steuergeldern, weil es ohne Sinn und Verstand in die Vorplanung geht. Deshalb muss man an dieser Stelle einfach einmal sagen, dass wir ein betriebswirtschaftliches Gutachten für Hein Schönberg, für Rendsburg-Seemühlen und für Kellinghusen-Wrist gemacht haben.
Natürlich immer vorher, um vorher zu wissen, ob es wirtschaftlich ist oder nicht.
Das lehnen Sie jetzt ab und sagen: ,Nein, wir wollen das unbedingt machen.'
Ist es wirklich Ihr Ernst, dass Sie in dem Antrag schreiben, ,die Finanzierung der Planung durch die beteiligten Länder sicherzustellen' und die Erfüllung der Voraussetzungen sei für eine Bundesförderung anzustreben? Das ,Anstreben einer Bundesförderung'? Sie wollen es also auch machen, wenn es keine Bundesförderung gibt? Habe ich das richtig verstanden?
Von den 100 Millionen Euro, die es mindestens kostet, würde das bedeuten - weil die Aufteilung in der Regel nach dem Streckenverlauf auf dem jeweiligen Landesgebiet erfolgt und nicht nach den Brückenbauwerken -, dass etwa drei Viertel der Summe von Schleswig-Holstein getragen werden. Das sind 75 Millionen Euro. Stand heute.
Das wollen Sie allen Ernstes hier beschließen? Das wollen Sie?
Das Geld haben Sie doch gar nicht.
Machen Sie den Menschen draußen nicht vor, dass Sie irgendetwas beschließen und es genauso endet wie bei der Bäderbahn, als die Pferde des Kollegen von der Heide durchgegangen sind und er dann hinterher sagte: ,Tut mir leid, wir haben es geprüft, es ist aber nichts geworden.'
Sie beschließen hier etwas, das mindestens eine Vorfrage klären muss - und das ist die betriebswirtschaftliche Frage. Und die Frage ist dabei, ob das überhaupt förderfähig ist. Und da sage ich Ihnen, dass in den in der Machbarkeitsstudie genannten 75 Millionen Euro zum Beispiel die Bahnüberquerungen am Curslacker Heerweg überhaupt nicht enthalten sind.
Sie würden heute auf eine Größenordnung von geschätzt etwa 150 bis 170 Millionen Euro als Kosten für diese Strecke kommen. Wenn Sie dafür mit einem eisenbahnbetriebswirtschaftlichen Gutachten einem positiven Kosten-Nutzen-Faktor hinbekommen, dann sollten Sie das tatsächlich machen.
Von mir aus nehmen wir das Ganze gerne noch einmal mit in den Ausschuss. Aber treiben Sie nicht einfach ein Vorhaben voran, von dem Sie übrigens sagen müssen, dass das Projekt im Landesweiten Nahverkehrsplan (LNVP) mit null Finanzierung vorgesehen ist.
Welches andere Projekt wollen Sie denn dann eigentlich im Gegenzug zurückstellen? Sagen Sie uns doch, welches Projekt nicht realisiert werden soll aus dem LNVP, damit das finanziert werden kann. Ich jedenfalls kriege darauf keine Antworten.
Wir können Ihrem Antrag so nicht zustimmen. Er ist unseriös. Stimmen Sie unserem Antrag zu, damit wir das in der richtigen Reihenfolge machen.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.