In seiner Rede zu TOP 37B (Keine Gerichtsstrukturen nach Gutsherrenart!) erklärt der justizpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:
"Also fassungslos ist noch ein geringer Ausdruck für das, was ich über die Art des Verfahrens denke. Kollegin Schiefer, wir reden hier immerzu über Planungsverfahren und über die Notwendigkeit einer frühzeitigen Beteiligung. Und jetzt erklären Sie hier von diesem Podest aus, dass im Falle der Justizreform von oben alternativlos einfach mal eine Ansage gemacht werden muss. Herzlichen Glückwunsch!
Das ist das Gegenteil von alledem, was man heute anwenden darf. So geht man mit Beschäftigten nicht um. Im Übrigen nur noch mal ein kleiner Hinweis: In einem privatwirtschaftlichen Unternehmen hätte man das aufgrund der Bestimmung des Betriebsverfassungsgesetzes gar nicht gedurft. Da ist schon ab den ersten Planungen der Betriebsrat einzubeziehen. Im öffentlichen Dienst erklärt die Ministerin von oben, dass das alles alternativlos ist. Dann bitte erklären Sie mir, Frau Ministerin, warum das so mit den jetzt beschlossenen Haushaltsberatungen verkoppelt ist. Sie schreiben den Bediensteten, dass man nicht vorher kommunizieren konnte, weil die Haushaltsaufstellung dem im Wege stand. Aha. Welche Auswirkungen hat das alles im Haushalt 2025? Null. Es gibt keine Auswirkungen im Haushalt 2025. Das sagen Sie selbst. Auswirkungen kann die Entscheidung frühestens mittelfristig haben. Es gibt keine unmittelbaren Auswirkungen einer derzeit noch gar nicht ausgereiften Reform. Deshalb gab es überhaupt keinen Grund, die Betroffenen nicht frühzeitige zu beteiligen. Das ist schon der erste Punkt, Frau Ministerin, mit dem Sie diese Justizstrukturreform versemmelt haben und zwar bereits von Anfang an. Diese Art des Umgangs musste zu entsprechenden Reaktionen führen. Also wie gesagt: Fassungslosigkeit ist noch ein vorsichtiger Ausdruck.
Wann gehe ich mit Alternativlosigkeit, wie Sie sich selbst ausdrücken, in die Öffentlichkeit? Wenn ich genau weiß, welche Entscheidungsvariante was kostet. Sie haben überhaupt kein Gebäude für ein zentrales Justizzentrum. Ich höre heute in Ihrer Rede, Sie wollen irgendwo zentral etwas anmieten. Ich bin gespannt, in welcher Größenordnung man in Schleswig-Holstein in der Mitte etwas findet, das man anmieten kann, um die Sozialgerichte und Arbeitsgerichte zu zentralisieren und einen großen Gerichtssaal zu bauen. Wollen Sie das McArthurGlen Designer Outlet in Neumünster anmieten? Was ist das denn für eine Planung? Ich bin gespannt, wie Sie das machen wollen.
Und was bedeutet das für die Amtsgerichte? Wollen Sie jemandem in Stormarn sagen: ‚Nö, eines für den Kreis reicht‘? Das größte Amtsgericht ist Ahrensburg, lösen Sie Reinbek dann auf? Wo sollen die Bediensteten aus Reinbek hin in Ahrensburg? Die Umbaumaßnahmen, die dafür notwendig wären, haben einen Vorlauf von mindestens fünf, sechs Jahren. Das können Sie doch heute schon absehen. Es ist absurd, anzunehmen, dass Sie innerhalb von drei Jahren Liegenschaften bei Amtsgerichten umgebaut haben, um die Leute dort unterzubringen. Liebe Frau Ministerin, wenn Ihr Plan ist, dass die Justiz demnächst vorrangig aus dem Homeoffice arbeitet, dann sage ich Ihnen, das lehnen wir entschieden ab. Sie haben den Baum in der Justiz angezündet, ohne einen konkreten Plan zu haben, wo es eigentlich hingehen soll. Und dann von Alternativlosigkeit zu sprechen, wenn man noch keine konkrete Planung hat, ist mehr als fahrlässig.
Wenn mit einer solchen Reform tatsächlich große Einspareffekte ohne Schwierigkeiten möglich sind, bin ich immer dafür zu haben. Aber gerade bei der letzten Reform der Arbeitsgerichtsbarkeit im Lande sind die Arbeitsgerichte in Husum und Meldorf weggefallen. Da hat die Justiz von sich aus gesagt: ‚Wir dürfen uns aus der Fläche nicht zurückziehen, wir machen von uns aus jede Woche einen Gerichtstag in Husum und in Meldorf, damit man uns nah und dicht erreichen kann.‘ Das macht die Justiz von sich aus, um nah bei den Menschen zu bleiben. Und Sie sagen jetzt: ‚Das war nett von euch, aber unnötig, denn das geht alles an einem zentralen Standort.‘ Und das auch noch für eine Sozialgerichtsbarkeit, in der es gar keinen Anwaltszwang gibt, sondern wo das wesentliche Element darin besteht, dass die Menschen auch mal direkt hingehen können, weil sie ihr Anliegen vortragen wollen. Und jetzt sollen die Menschen an einen zentralen Ort gehen? Frau El Samadoni hat sich da als Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten heute zu Recht geäußert. Das geht wirklich an den Bedürfnissen der Menschen im Land komplett vorbei. Im Ergebnis werden wir über ihre Planungen beraten und ich sage Ihnen, wir werden uns alles konstruktiv anschauen.
Aber schon von Anfang an von Alternativlosigkeit zu sprechen, um den Leuten zu erzählen, dass das alles quasi schon fertig ist, ohne einen Plan zu haben, das finde ich mehr als waghalsig. Solche Manöver haben an anderen Stellen Leute schon ihren Posten gekostet, weil sie mit etwas rausgegangen sind, von dem sie nicht wussten, wo es eigentlich hinführen sollte. Ich kann das nicht nachvollziehen. Lassen Sie uns die große Linie doch noch einmal abstimmen bitte. Ist die Alternativlosigkeit wirklich dergestalt, dass ich sage: Einsparungen, die ich erzielen will, muss ich zwingend aus dem Justizhaushalt erbringen? Ist das die einzige Alternative?
Wenn ein Staat in eine schwierige Haushaltslage kommt, muss er sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren. Aber diese Kernaufgaben heißen in einem Staat u.a. Bildung, innere Sicherheit und Justiz. Auf diesen müssen klare Prioritäten liegen. Wir wollen jetzt nicht von den Rangern reden, die im Tunneltal bei Ahrensburg den Leuten sagen, ob sie auf dem richtigen Fußweg sind. Dafür ist Geld da. Aber in der Justiz sagen wir den Leuten, ihr müsst in andere Gebäude an zentrale Orte umziehen. Mich haut das um. Ich werde diese Pläne verfolgen, aber ich sage Ihnen auch einen entschiedenen Widerstand aus diesem Haus gegen solche Zentralisierungsideen zu.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.