In seiner Rede zu TOP 39 ("Vertrauen in den Rechtsstaat stärken") erklärt der innen- und rechtspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:
"Es ist gut und richtig, dass wir erneut über die Konsequenzen aus dem Messerangriff in Brokstedt reden. Es ist richtig, dass wir darüber reden, wo wir konkret Schwachpunkte sehen und an den Schwachpunkten auch ansetzen, um sie auszumerzen. Denn für die Zukunft, auch wenn man bei dieser Tat sagen muss, dass diese wohl nicht hätte verhindert werden können, ist es wichtig, alle Regeln so aufzustellen, dass so etwas möglichst eben nicht passiert.
Umso wichtiger ist mir, dass wir an den Dingen ansetzen, die wirklich schiefgegangen sind. Schiefgegangen ist vor allem die Kommunikation zwischen den Behörden. Diese Kommunikation zwischen den Behörden ist nicht etwa nur schiefgegangen, weil die Hamburger falsch gesendet haben. Die Kommunikation ist natürlich auch schiefgegangen, weil eine Ausländerbehörde in Kiel ins Ausländerzentralregister eine Funktionsmail eingestellt hat, an die man sich wenden soll, aber auf die E-Mails seitens Hamburg dann nicht reagiert wurde. Es ist eben nicht so, dass die Hamburger böswillig die E-Mails an die Funktionsmail geschickt haben, sondern dass von Seiten der Kieler Behörden diese Funktionsmail nicht genügend überwacht und kontrolliert wurde. Das ist bitter, aber so ist es nun einmal.
Deshalb finde ich es schon interessant, wenn man auf die Forderung, darauf zu schauen, was die Hamburger besser machen, von Seiten der Ministerin sofort die Antwort bekommt 'Das, was die Hamburger machen, das haben wir alles schon, es hat nur einen anderen Namen'. Im Ausschuss wird aber dann anschließend dargelegt, dass wir das eben nicht haben. Es ist etwas völlig anderes. Die AGASA ist eine nicht-operative Truppe, die Ausländerbehörden berät.
Und GERAS in Hamburg heißt nicht umsonst 'Gemeinsame Ermittlungsgruppe zur Rückführung ausländischer Straftäter'. Im Zentrum steht in der Tat das Wort Rückführung. Weil es darum geht, wie wir Menschen, die sich hier nicht an die Regeln halten, dann auch aus der Bundesrepublik Deutschland heraus bekommen.
Das Rückführungsmanagement immer nur zu betonen, Herr Ministerpräsident, ist das eine, aber wir müssen dann auch konkret werden, wie wir damit umgehen. Jetzt kann man in der Tat natürlich sagen, Strukturen, die für einen Stadtstaat gelten, sind nicht eins zu eins auf ein Flächenland zu übertragen. Aber die Frage ist doch: Muss man nicht eine solche zentrale Einrichtung schaffen, damit es zum Beispiel auch für die Hamburger einen zentralen Ansprechpartner bei uns gibt. Es wäre eine zentrale Stelle, die die Ausländerbehörden genau von dem entlastet, was sie offenbar derzeit nicht leisten können, nämlich sich intensiv mit einzelnen Tätern zu beschäftigen, die eben straffällig geworden sind. Nichts anderes habe ich beantragt und das beantragen wir weiter und ich wäre dankbar dafür, wenn Sie argumentativ darauf eingehen und nicht einfach nur sagen 'Ja, was in einem Stadtstaat gilt passt bei einem Flächenland nicht.' Immerhin haben wir auch die Strukturen für ein Schleswig-Holsteinisches Institut für berufliche Bildung, aus einem Stadtstaat übernommen.
Im Übrigen ist die grundsätzliche Idee, Kompetenzen in einem Land zu konzentrieren, damit sie nicht jede einzelne Behörde haben muss, überhaupt nichts Neues. Das machen wir überall, zum Beispiel beim Breitbandkompetenzzentrum.
Das zweite Wichtige ist, das, was die Sozialdemokraten beantragen: Denn genau das hätte in der Tat ja noch tatsächlich Einfluss auf die Tat von Brokstedt gehabt. Nämlich wenn die Beurteilung von Ibrahim A., die psychologische Betreuung anders gewesen wäre und man zu einem anderen Schluss gekommen wäre. Dass das nicht der Fall gewesen ist, kann man bedauern, aber in der Tat, da anzusetzen, scheint mir richtig.
Dass Menschen, die auf diese Art und Weise unterhalb der Straffälligkeitsgrenze durch ihr Verhalten auffällig werden, weil sie irgendwie nicht anpassungsfähig sind, beobachtet, betreut oder ihnen eine Betreuung anbietet, ist völlig richtig.
Sie haben in ihrem Antrag, dieses Pilotprojekt multiprofessioneller Gewaltpräventionsambulanzen in Bayern thematisiert. In der Tat, habe nichts dazu gefunden. Ich habe etwas über Gewaltschutzambulanzen gefunden, die setzen aber ganz woanders an. Gewaltpräventionsambulanzen müssten ja Anlaufstellen für Menschen sein, die selbst das Gefühl haben, gewalttätig werden zu können und dann muss man sich natürlich schon die Frage stellen, wäre Ibrahim A. einer von denen gewesen, der von sich aus in eine solche Gewaltpräventionsambulanz geht. Das glaube ich nicht.
Der letzten Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft das Thema 'Schwere Straftat und ihre Regelungen im Bund'. Das sind alles Dinge, die wir im Land machen können. Sie müssen auch hier nicht immer nur auf den Bund verweisen, wir können auch viele Dinge im Land machen und in unseren Kompetenzen etwas ändern. Aber wenn es um schwere Straftaten geht, dann will ich darauf hinweisen, dass jemand mit einer Verurteilung von drei Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung nicht den subsidiären Schutzstatus verloren hat. In derselben Statistik, die Sie alle auch vom BAMF bekommen haben, finden sich andere Fälle, in denen Leute nicht einmal zu einem Jahr und auf Bewährung verurteilt worden sind und trotzdem den subsidiären Schutzstatus verloren haben. Das heißt, dass eine individuelle Beurteilung wichtig ist. Das sind alles Themen, die wir im Innen und Rechtsausschuss behandeln können. Ihr Antrag wäre ansonsten hier heute nicht zustimmungsfähig.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort