In seiner Rede zu TOP 40 (Verfassungsschutzbericht 2023) erklärt der innenpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Bernd Buchholz:
"Aus meiner Sicht sind die Zahlen des Verfassungsschutzberichts 2023 in zweierlei Hinsicht ein wirkliches Warnsignal. Das eine ist die Steigerung der politisch motivierten Kriminalität. Das ist hier schon gesagt worden. 40 Prozent mehr Deliktsfälle, das ist viel. Das zeigt, dass wir uns in einer Gesellschaft bewegen, in der offenbar bestimmte Gruppen meinen, dass der Verstoß gegen rechtsstaatliche Grundregeln zum Teil der politischen Auseinandersetzung gehört oder dazu gemacht werden kann.
Das ist insoweit gefährlich, als dass Demokraten deshalb herausgefordert sind, jederzeit zu sagen, dass rechtsstaatliche Grundregeln in einem demokratischen Gemeinwesen eingehalten werden müssen und zwar von allen zu jeder Zeit, um eine wirklich demokratische Auseinandersetzung zu führen.
Da geht es natürlich um Rechte, aber es geht auch um Blockaden von Fähren, es geht um Blockaden von Startbahnen, es geht auch um Blockaden von Straßen. Nirgendwo ist es gerechtfertigt, die rechtlichen Regeln eines Rechtsstaates zu durchbrechen und da irgendwo Hand an unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu legen.
Ich finde aber, man muss es auch nicht zu alarmistisch machen an dieser Stelle. Wenn man sich die Delikttypen im Rahmen der politisch motivierten Kriminalität anguckt, dann sieht man, dass im Bereich der Delikte von links im wesentlichen Sachbeschädigungen die größte Rolle spielen und im Bereich der Delikttypen von rechts im wesentlichen Propagandadelikte. Und da ist aus meiner Sicht genau das zweite Warnsignal angezeigt: Es gibt eine Tendenz in der rechten Szene, sich offener propagandistisch auch hinter das zu stellen, was man da an extremistischen Thesen verbreitet. Es gibt einen größeren Mut in der rechten Szene, sich offen zu zeigen und offen ausländerfeindlich und hetzerisch unterwegs zu sein.
Das muss uns sensibilisieren - ganz in dem Sinne, wie die Vizepräsidentin, Frau von Kalben, es heute Morgen hier anlässlich des 20. Juli gesagt hat. Es ist lange nicht mehr allein die Aufgabe des Verfassungsschutzes, hier etwas zu tun. Es ist lange schon eher die Aufgabe der Gesamtgesellschaft, sich an vielen Stellen immer stärker dagegen zu wenden, was hier stattfindet und was hier offen zur Schau getragen wird.
Wir alle sind gefordert, ob mit den ,Omas gegen Rechts' oder sonst irgendwo, Zeichen zu setzen dagegen, dass so ein offenes Zurschaustellen dieser Dinge stattfindet. Gerade die Veranstaltung, die jetzt fürs Wochenende hier geplant ist, ist ein Zeichen dafür. Man trifft sich jetzt zwar einerseits im Geheimen und im Verborgenen andererseits gibt es das offene Einladen von wirklich gesichert-faschistischen Gruppierungen, rechtsextremistischen Gruppierungen durch die AfD des Landes. Das ist eine neue Dimension.
Insoweit will ich zum Abschluss hier nur sagen, dass ich dem Landesamt für Verfassungsschutz außerordentlich dankbar bin für die Vorgehensweise im letzten Jahr und in den letzten Jahren und für die Arbeit, die da gemacht wird. Das ist wichtig für uns alle, aber es ist jetzt schon lange nicht mehr nur allein Aufgabe des Verfassungsschutzes, dies zu beobachten.
Ich bin ja dankbar, dass die Koalitionsfraktionen bereit sind, wenigstens den Verfassungsschutzbericht im Ausschuss zu beraten. Man hat ja geradezu den Eindruck, man muss dankbar dafür sein, dass überhaupt noch was in den Ausschüssen weiter beraten oder vertieft werden darf in diesem Parlament, weil offenbar die Auseinandersetzung nur noch über die Ihnen genehmen Inhalte in die Ausschüsse übertragen werden. Sie wollen bestimmte Themen nicht anfassen und ehrlich gesagt: Das finde ich unparlamentarisch.
Aber was ich eigentlich sagen will: Wenn wir diesen Verfassungsschutzbericht beraten, dann sollten wir auch einmal gucken, wenn es so einen massiven Anstieg von Straftaten, also von Kriminalität gibt, wie auf der Seite der Justiz diese Kriminalität verarbeitet wird. Und wir sollten einmal den Blick darauf wenden, ob die Steigerung der entsprechenden Kriminalitätsphänomene sich auch umsetzt in eine dann auch zügige Abarbeitung im Bereich der Justiz.
Wir wissen alle, dass wir Defizite auf Seiten der Staatsanwaltschaften haben, weil wir mit Personalmangel zu kämpfen haben. Aber wenn gerade in diesem Kriminalitätsphänomenbereich das Gefühl entstehen könnte, dass solche Straftaten zwar begangen werden, aber auch nicht zeitnah zu entsprechenden Reaktionen des Rechtsstaats führen, dann wäre das schwierig. Und deshalb glaube ich, dass unser Blick darauf gerichtet sein sollte, tatsächlich zu gucken, was nicht nur im Bereich des Innenministeriums, sondern auch im Bereich des Justizministeriums mit der Verarbeitung dieser entsprechenden aufgeschlagenen Fälle tatsächlich passiert.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.