In seiner Rede zu TOP 47A (Stellungnahme im Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht betr. Antrag auf einstweilige Anordnung; Az. LVerfG 3/23) erklärt der innen- und rechtspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:
"In der Tat, man kann darüber streiten, ob es so richtig sinnvoll ist, dass in Verfahren, in denen Teile des Landtages über die Verfassungsgemäßheit von Mehrheitsbeschlüssen die Judikative anrufen, ob da der Landtag eigentlich eine Stellungnahme abgeben sollte. So richtig Sinn macht das aus meiner Sicht nicht. Aber bitte, das können Sie mit Mehrheit heute entscheiden. Es wäre Ihnen aber natürlich auch möglich gewesen, und das hätte mich dann schon auch bisschen gefreut, wenn Sie als CDU oder Grüne auch ihre Fraktionsmittel in Anspruch genommen hätten. Dann hätten Sie ja als Fraktion in diesem Verfahren eine Stellungnahme abgeben können. Dann hätten die Grünen auch ihre großartige Überzeugung von der Verfassungsgemäßheit dieses ganzen Gesetzespaketes ja durchaus mal unterstreichen können.
Jetzt haben Sie heute Morgen im Innen- und Rechtsausschuss abgelehnt, keine Stellungnahme abzugeben, das ist Ihr gutes Recht, Sie können das mit Mehrheit so machen. Ich würde trotzdem darum bitten, dass wir in den zukünftigen Sitzungen des Innen- und Rechtsausschusses mal darüber reden, ob bei abstrakten Normenkontrollverfahren und bei Organstreitverfahren eigentlich tatsächlich für den Landtag Stellung genommen wird, oder ob es nicht sinnvoller ist, dass Fraktionen für sich Stellung nehmen sollen.
In der Sache merkt man dem Kollegen Koch an, dass ihm wenige Tage vor der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein ziemlich die Düse geht. Das kann man an dem ganzen Verhalten der letzten Tage ja feststellen. Da wird erst eine Sondersitzung ins Spiel gemacht. Der Landtag müsse ganz unbedingt jetzt noch zusammentreten, um eine Stellungnahme abzugeben, weil da ja irgendwie Ungemach droht. Ja, Ihnen droht in der Tat Ungemach. Denn das, was Sie hier Gesetzespaket im März beschlossen haben, droht im Wege der einstweiligen Anordnung wenige Tage vor der Kommunalwahl außer Kraft gesetzt zu werden. Und das mit gutem Grund. Und ich will an dieser Stelle einmal sagen: Sie selbst, Herr Koch, haben diese wunderbare Begründung ja in der ersten Lesung des Gesetzentwurfes hier schon zu Protokoll gegeben. Und sie ist Teil unseres Antragsschriftsatzes geworden und man kann Sie nur wirklich genüsslich zitieren: ‚ Das Verfassungsgericht in Brandenburg hat gesagt: Das könnt ihr nicht ins Gesetz reinschreiben, das ist Teil der kommunalen Selbstorganisation. Das muss vor Ort entschieden werden. Daran haben wir uns zuletzt orientiert und gesagt: So setzen wir es um, das kann vor Ort selber entschieden werden. Das ist Demokratie, die organisieren das für sich selbst. Daran haben wir uns orientiert.' (Quelle: Plenarprotokoll 20/12). Das Gegenteil haben Sie dann anschließend in der zweiten Lesung beschlossen und damit Ihre eigenen verfassungsrechtlichen Bedenken zum Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens gemacht. Was soll ein Landesverfassungsgericht vor diesem Hintergrund eigentlich anders entscheiden als zu sagen, das werden wir kurzfristig außer Kraft setzen.
Nun dürfen wir also gespannt sein, was in den nächsten Tagen tatsächlich entschieden wird. Denn Sie sind ja auf einzelne Argumente in der Sache eingegangen, die zur Begründung der Verfassungswidrigkeit dieser Fraktionsstärkeregelung dienen und auf die kommt es aber im Verfahren der einstweiligen Anordnung überhaupt gar nicht an. Die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Gesetzes vorgetragen werden, können nämlich und müssen bei einem Verfahren der einstweiligen Anordnung grundsätzlich außer Betracht gelassen werden, es sei denn, dass der in der Hauptsache gestellte Antrag insgesamt unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist. Wer mir erklärt, dass der Antrag, den wir gestellt haben, offensichtlich unbegründet oder unzulässig ist, der geht einen weiten Weg. Insoweit erwarte ich, lieber Herr Koch, dass wenige Tage vor der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein, möglicherweise noch heute Morgen oder übermorgen ein Landesverfassungsgericht zunächst mal für Rechtssicherheit in diesem Land sorgen wird. Damit nämlich die Menschen wissen, unter welchen Bedingungen tatsächlich hinterher auch die Parlamente, die Kommunalvertretungen zusammengesetzt werden, die jetzt gewählt werden sollen. Und dafür wird es in der Abwägung gar nicht anders gehen können, als dass man sagt, wir behalten den gegenwärtigen Zustand zunächst mal bei, bis über die Hauptsachefrage entschieden worden ist. Und das ist auch gut so, denn Ihr Gesetz erzeugt in der Sache Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter erster und zweiter Klasse. Das wird in der Antragsschrift noch mal ganz deutlich gemacht. Gemeindevertreter, die in Ausschüssen mitarbeiten dürfen, die mit abstimmen dürfen und Gemeindevertreter, die das nicht dürfen. Dieses Zweiklassensystem in Gemeindevertretungen ist undemokratisch, wird von uns angegriffen und ich bin guten Mutes und überzeugt davon, dass dieses System keinen Bestand haben wird.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort