In seiner Rede zu TOP 5 (Gesetz zur Ermöglichung des Bodycam-Einsatzes) erklärt der polizeipolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Bernd Buchholz:
"Es ist drei Jahre her, dass das Polizeirecht in diesem Land umfänglich geändert und damals der Bodycam-Einsatz geregelt worden ist. Mit gutem Grund hat man damals gesagt: Wir wollen den Einsatz der Bodycam in Wohnungen nicht.
Das haben Grüne und FDP in einer Jamaika-Koalition damals durchgesetzt, weil die Unverletzlichkeit der Wohnung aus Artikel 13 ein besonders hohes Gut ist.
Seitdem ist was passiert. Das will ich überhaupt nicht leugnen. Insbesondere die Veränderung der Tatsache, dass wir es mit einem Delikttypus zu tun haben, der gerade im Feld der häuslichen Gewalt viele Übergriffe produziert hat, die in Wohnungen stattfinden, muss und musste zu neuem Nachdenken führen.
Deshalb haben auch wir neu nachgedacht und gesagt: Ja, auch wir sind nicht mehr grundsätzlich gegen den Einsatz von Bodycams in Wohnungen. Aber dann bitte so, dass wir uns auch wirklich an die wahnsinnig engen Vorgaben des Grundgesetzes halten.
Diese wahnsinnig engen Vorgaben sind nun mal leider so, dass nicht alles, was wünschenswert ist, in einem Gesetz dann auch gemacht werden kann.
Der Artikel 13 GG hat einen Schrankenkanon, das ist jetzt was für juristische Feinschmecker, der wirklich kompliziert ist. Und die Entstehungsgeschichte nach der Reform dieses Artikel 13 GG ist wirklich nochmal auch besonders interessant. Aber Artikel 13 Absatz 5, der den Einsatz von technischen Mitteln in der Wohnung regelt, wurde 1998 ganz bewusst mit reingenommen. Danach greift die Schranke des Artikel 13 Absatz 5 nur zum Schutz des Einsatzes derjenigen, die auch wirklich bedroht sind. Und eben nicht gegenüber Dritten, die vielleicht auch einer Bedrohung ausgesetzt sind.
Es ist in der Anhörung noch mal sehr deutlich von Gutachtern herausgearbeitet worden, es verfassungsrechtlich auf jeden Fall sauberer ist, wenn die Schranken des Artikel 13 Absatz 5 GG genommen wird und die Schutzmöglichkeit oder die Angriffe gegen Dritte explizit nicht im Gesetz aufgenommen werden.
Es mag sein, dass man sich das anders wünscht, aber es ist eben so, dass das lex specialis in Artikel 13 Absatz 5 GG, eben nicht Artikel 13 Absatz 7 GG auslöst.
Man kann das mit Sicherheit verfassungskonform regeln, so wie es zum Beispiel das Land Bremen in seiner Regelung gerade gemacht hat. Da finden sich im Gesetz die Dritten an der Stelle nicht.
Insgesamt tut man hier auch in diesem Landtag so, als ob alle Bundesländer nun einen Bodycam-Einsatz in Wohnungen geregelt haben. Das ist mitnichten der Fall. Es sind nur sechs andere Bundesländer, in denen das überhaupt zulässig ist.
Davon ist in einem es eben auch anders geregelt. Deshalb, meine Damen und Herren, werden wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Wir stimmen aber auch nicht dagegen. Wir werden uns an der Stelle enthalten, weil wir dokumentieren wollen, dass der Bodycam-Einsatz in Wohnungen durchaus auch ein Thema ist, das wir befürworten, aber eben nicht innerhalb dieser Regelungsweise.
Und die Regelung hat auch noch weitere Schwächen, Frau Ministerin, denn sie ist durch ihre parlamentarischen Beratungen an der Stelle aus meiner Sicht nicht besser geworden. Der Änderungsantrag, der jetzt den Kernbereich, privater Lebensgestaltung noch mal besonders dadurch schützen will, indem er untersagt, die Aufnahme überhaupt erst stattfinden zu lassen.
Bisher war der Gesetzentwurf so gedacht, dass der Richter anschließend bei Prüfung des Materials entscheidet, ob entweder die Voraussetzungen nicht gegeben sind oder ob gegebenenfalls der Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen ist, weswegen die Aufnahme nicht verwertet werden darf.
Jetzt muten wir der Beamtin oder dem Beamten zu, bei Betreten der Wohnung nicht nur die Eingriffsvoraussetzungen zu prüfen, die sowieso schon schwierig sind, sondern im Anschluss auch noch die Frage zu erörtern, ob in den Kernbereich privater Eigenverantwortlichkeit eingegriffen wird.
Meine Damen und Herren, Eutin wird mit der Frage zu tun haben, wie wir das einer normalen Vollzugsbeamtin und einem normalen Vollzugsbeamten beibringen sollen. Das ist eine Regelung, die aus meiner Sicht an der Praxis weit vorbei geht. Und deshalb werden wir sehen, wie die Polizei mit dieser Regelung umgeht.
Ich hätte mir es an der Stelle einfacher gedacht und ich hätte gehofft, dass man auch auf unseren Änderungsantrag hin eine Regelung findet, die ganz mineralwasserklar unserer Verfassung entspricht. Das ist aus unserer Sicht jetzt nicht der Fall, deshalb werden wir uns enthalten. Gegen den Einsatz als solchen haben wir nichts einzuwenden.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.