In seiner Rede zu TOP 5+15+23 (u.a. Gesetz zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren) erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Bernd Buchholz:
"Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Herr Minister hat mich mit seinen Ausführungen an meine eigene Rede vom Herbst des letzten Jahres erinnert. Ich hätte auch gerne so angesetzt, aber er hat das aufgegriffen. Das finde ich gut, weil er davon sprach, dass es vielleicht keinen Sturm gibt, aber wir würden immer noch pusten.
Ich hatte letztes Jahr im Herbst eine Rede zu diesem Planungsbeschleunigungsthema gehalten, die ich auch deshalb ganz gut fand, weil sie so poetische Ansätze enthielt. Sie ging nämlich ungefähr so: Aus dem Sturm einer Ankündigung des Ministerpräsidenten, der bei einer Ministerpräsidentenkonferenz sagt, jetzt würde auch im Lande alles gemacht, was planungsbeschleunigungsmäßig möglich ist, bleibt zuhause nach den ersten Gesprächen mit seinem Koalitionspartner dann noch ein Wind und schließlich wird in den ersten Verhandlungen im gemeinsamen Arbeitskreis daraus ein Lüftchen. Dann macht man daraus etwas Konkretes und schreibt es in ein Gesetz. Dann wird das ein Hauch. Wenn am Ende mehr als ein Nichts dabei rauskommt, dann muss man schon zufrieden sein.
So verhält es sich auch mit Ihrem Gesetzentwurf.
Es gab einen Sturm der Ankündigungen der Sachen, die Sie realisieren wollen, von der gezielten gesetzlichen Fixierung des überragenden öffentlichen Interesses auch im Landesstraßenrecht, der Einführung von Stichtagsregelungen, der Festlegung von Artenschutzstandards, Möglichkeiten der Legalplanung und dem Verzicht auf Planfeststellungsverfahren - all das hatten Sie sich vorgenommen. Im Gesetzentwurf machen Sie jetzt was? Sie passen die landesrechtlichen Regelungen an die bundesrechtlichen Regelungen an. Das ist alles.
Wenn der Herr Minister darauf hinweist, in Berlin sei nicht viel passiert, dann muss ich sagen, lesen Sie einmal die Einzelbegründung Ihres eigenen Gesetzentwurfs:
Zu Nummer 2, Buchstabe a, steht da: Harmonisierung mit dem überwiegend gleichlautenden bundesrechtlichen Vorschrift des 16a Bundesfernstraßengesetzes.
Zu Buchstabe b: Analog zur Anpassung des 16a Bundesfernstraßengesetzes. Zu Nummer 3: Ähnelt dem Satz 3 der bundesrechtlichen Vorschrift des 17 Abs. 1 Bundesfernstraßengesetzes.
Zu Nummer 4: Ist die Zwecksharmonisierung mit der bundesrechtlichen Regelung des 17 Abs. 2 des Bundesfernstraßengesetzes.
Zu Nummer 7: entspricht der bundesrechtlichen Vorschrift des 18f des Bundesfernstraßengesetzes.
Soll ich weitermachen? Ja?
Das ganze Gesetz ist die Anpassung des Landesrechts an die Vorgaben des Bundesrechts.
Das ist Ihre Leistung.
Darüber hinaus schaffen Sie keine einzige planungsbeschleunigende Regelung in diesem Land. Keine einzige. Und wissen Sie, Herr Kollege Madsen, ich mache Ihnen das jetzt auch nicht als Minister und Ihnen auch als Koalition nicht zum Vorwurf, weil - und das sage ich jetzt mal ganz offen - uns das in Berlin ja in der Tat nicht viel anders geht.
Aus dem Sturm des Koalitionsvertrages ist auch bis jetzt nur ein Hauch der Umsetzung geworden und der Grund dafür sitzt da drüben. Der Grund dafür ist Ihr Koalitionspartner, meine Damen und Herren!
Meine Damen und Herren, das meine ich jetzt ganz ernst: Wir können es uns nicht mehr leisten, dass eine politische Kraft in Deutschland die Planungsbeschleunigungen auf allen Ebenen massiv verhindert. Und diese politische Kraft – das sind die Grünen.
Das sind sie im Bund. Das sind sie im Land. Und wer das nicht ausspricht, meine Damen und Herren, der macht sich fahrlässig schuldig daran, dass wir keine neuen Regelungen zustande bekommen.
Das ist die ganze Realität. Das ist die ganze Wahrheit. Da geht es um politische Haltungen und dass man da mal über bestimmte Schatten springen muss. Das haben die Grünen bis heute nicht geschafft.
Im Gegenteil!
Das sage ich jetzt auch mal in diesem Hause bei dem Thema, das Sie zurecht aufmachen – die A23, bei dem Thema A20 im Land. Wo haben Sie den da Ihren Koalitionspartner an Ihrer Seite für die gemeinsamen Bundesratsinitiative? Wo ist denn die Gemeinsamkeit, dass Sie diese Projekte vorantreiben wollen? Die gibt es in Wahrheit nicht. Nein, die gibt es nicht.
Der Bundeswirtschaftsminister hintertreibt die Einstufung der A 23 im Deutschen Bundestag und in der Bundesregierung.
Und deshalb, Kolleginnen und Kollegen, bleibt es dabei: In dem Antrag der FDP stehen all die Dinge, die auch im Koalitionsvertrag in Berlin drinstehen, noch mal drin. Und das sind die Dinge, die im Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz am 6. November aufgelistet sind.
Das sind die Dinge, die wir eigentlich umsetzen müssen.
Und ich will gerne im Ausschuss mit damit beraten, wie wir in die Landesgesetze die entsprechenden Regelungen mit reinbekommen. Aber ich sage mal, ich habe wenig Hoffnung, wenn ich den vorgestern verteilten neuesten Bericht zum Normenscreening dieser Landesregierung lese. Und dann lese ich dort zum Beispiel zum Thema überragendes öffentliches Interesse, was Landesstraßen angeht. Im Rahmen einer ressortübergreifenden Unterarbeitsgruppe wurde ein entsprechender Regelungsentwurf geprüft. Ergebnis der Prüfung ist, dass zum jetzigen Stand noch kein konkretes Landesstraßenneubau oder Ausbauvorhaben vorliegt, das für eine Einstufung als im überragenden öffentlichen Interesse liegend geeignet wäre.
Meinen Sie das ernst, meine Damen und Herren? Ich gehe mit Ihnen in alle Ihre Wahlkreise und erkläre in allen Ihren Wahlkreisen, dass für das konkrete Landesstraßenprojekt diese Landesregierung kein überragendes öffentliches Interesse sieht. Das machen wir gemeinsam. Da gehen wir gerne gemeinsam hin. Wie Sie ausgebuht werden vor Ort, das überlasse ich dann Ihnen. Das ist doch nicht Ihr Ernst.
Natürlich gibt es Landesstraßenprojekte, von denen man sagen kann, hier besteht ein überragendes öffentliches Interesse.
Natürlich haben sie die Möglichkeiten auch mit Stichtagsregelung im Landesrecht zu arbeiten. Das haben wir beim LNG-Importterminal ja gezeigt, wie es geht. Im Landesrecht haben wir das LNG-Importterminal realisiert. Durch vorzeitige Maßnahmen, durch Stichtagsregelung.
Und ich sage Ihnen, wenn Sie sich an dieser Stelle im Lande nicht bewegen, dann können Sie so viel nach Berlin zeigen, wie Sie wollen. Sie selber sitzen in demselben Dilemma. Sie bringen es nicht voran, weil Sie nicht die genügenden Gemeinsamkeiten in Ihrer Koalition zustande bringen.
Das Thema Legalplanung, Kollege Harms, das Thema Legalplanung treibt mich um, weil ich ein Verfechter dieses Instruments bin und es auch selbst ja versucht habe als Minister. Doch dieses Instrument der Legalplanung ist tatsächlich nur nutzbar, wenn man auf den entsprechenden Kanon der Rechtsklagemöglichkeiten abstellt. Doch ich denke, wir sollten das machen.
Ich glaube, dass wir an vielen Stellen dadurch aber auch dieses Haus zum Beispiel in eine viel größere Verantwortung bringen als vorher. Denn wir müssen dann im Einzelnen hier prüfen, was eine Planfeststellungsbehörde prüfen müsste. Und das ist richtig viel Arbeit. Dass das ein Parlament kann in seinen Unterausschüssen, das ist nicht unbedingt gesagt. Aber das ist als Aufgabe lösbar.
Was, meine Damen und Herren, zusätzlich dazu kommt, das ist das, was der Kollege Harms angesprochen hat: Mit einer frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung ist viel gewonnen. Ich bin sehr dafür, dass wir die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung verbindlich einführen.
Aber ich habe große Zweifel, dass die Unterschiede zwischen Dänemark und Deutschland auf diese frühzeitige Öffentlichkeitsarbeit zurückzuführen sind. Es gibt in Dänemark, was den Fehmarnbelt angeht, zum Beispiel, keine fundamentalen Oppositionen. Und die gab es auch nicht.
Als der damalige Minister mir in Rödby vorgestellt hat, wie die dort die Fabrikhallen planen, da sagte er zu mir: Guck Dir das an, das ist übrigens ein FFH-Gebiet. Da bauen wir die Fabrik hin, in Abstimmung mit unseren Naturschutzverbänden, weil wir, wenn die Fabrik nicht mehr gebraucht wird, denen versprochen haben, dass das FFH-Gebiet da wieder hinkommt.
Das ist mit dänischen Naturschutzverbände möglich. Ich würde das gerne mal besprechen mit dem BUND und dem NABU in Schleswig-Holstein.
Meine Damen und Herren, die Anstrengungen zur Planungsbeschleunigung müssen auf allen Ebenen verstärkt werden. Das gilt für Berlin auch. Ich sage das ausdrücklich.
Und ich sage auch, dass sich dort die Koalition in Berlin und auch gerade die Grünen bewegen müssen, damit wir tatsächlich Bewegung schaffen.
Aber es gilt auch für Kiel.
Vollmundige Ankündigungen nach Ministerpräsidentenkonferenzen, die hinterher nicht umgesetzt werden, sorgen auch dafür, dass die Leute nicht mehr glauben, dass wir zu Problemlösungen in der Lage sind. Das ist schlecht für die Demokratie, meine Damen und Herren. Deshalb ist Umsetzung der vollmündigen Ankündigungen so dringend erforderlich.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.