Bernd Buchholz zu TOP 7 "Änderung medienrechtlicher Staatsverträge"

Dr. Bernd Buchholz

In seiner Rede zu TOP 7 (Entwurf eines Gesetzes zum Dritten Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge) erklärt der medienpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:

"Ja, das duale Mediensystem in Deutschland ist Garant für Qualität und Vielfalt. Und dazu gehört als unverzichtbarer Bestandteil der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Ich will das ganz deutlich auch als FDP-Abgeordneter in diesem Hause hier sagen, weil es manchmal den Eindruck gibt, als würde da jemand aus der FDP einen Feldzug gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk betreiben. Das ist mitnichten so. Die Bestandsgarantie, die auch das Bundesverfassungsgericht dem öffentlich rechtlichen Rundfunk gegeben hat, die ist nicht nur anzuerkennen, sondern gerade die Vielfaltssicherung in einem so pluralen Mediensystem ist wichtig, da spielt der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine gewichtige Rolle.

Aber der Reformbedarf dieses öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist augenscheinlich. Und er ist augenscheinlicher mehr als je zuvor in diesem Jahr geworden. Und es geht nicht nur um die Dinge beim RBB und es geht nicht nur um die Frage, was darf eigentlich ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk dann in Zeiten des Internets und der Digitalisierung, sondern es geht um viel, viel mehr Fragen, denen man sich in der Tat zuwenden muss. Und da, lieber Kollege Schrödter, ist das Ziel in den drei Säulen richtig ausgegeben. Wir brauchen in Wahrheit einer Schärfung des Programmauftrages. Wir brauchen eine Verschlankung des ganzen öffentlich-rechtlichen Systems – das ist alles richtig. Wir brauchen in Wahrheit auch eine Flexibilisierung, damit man auch reagieren kann und nicht nur linear unterwegs ist und wir brauchen eine Stärkung der Gremien. Aber in allen drei Bereichen, Herr Minister Schrödter, in allen drei Bereichen kommt dieser Medienstaatsvertrag hinter den Anforderungen überhaupt nicht hinterher.

Ich will das an drei Beispielen deutlich machen: Die Schärfung des Auftrages Im §26 des Medienstaatsvertrags wird zur Schärfung des Auftrags vollmundig erklärt, dies sei hier die ultimative Schärfung. In ihrem Begründungsteil heißt es: 'Der Programmauftrag wird nachhaltig reformiert. Es ist das Ziel, hier wirklich intensiv zu schärfen.' Darf ich mal verlesen, was in diesem neuen §26 unter anderem als Programmauftrag drinsteht? Es kommt ein neuer Satz da rein, der heißt: 'Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben die Aufgabe, ein Gesamtangebot für alle zu unterbreiten.' Das fokussiert natürlich total. Ein Gesamtangebot für alle - jeder, der wie ich das Vergnügen hatte als privater Medienunternehmer mal mit einem Intendanten einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt darüber zu diskutieren, ob es nicht eine Konzentration seines Angebotes geben sollte, der weiß, wovon ich rede, denn mit diesem Satz wird alles gerechtfertigt.

Und wenn Sie dann weiter lesen und dann sagen, nein, wir konzentrieren den Programmauftrag jetzt ja insbesondere bei der Unterhaltung auf Unterhaltung, die einem öffentlich-rechtlichen Profil entspricht. Bisher hieß es im Staatsvertrag: 'Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entsprechen.' Das stand schon bisher da drin. Und erklären Sie mir doch mal, was sagt denn dieser neue Staatsvertrag zur Schärfung des Unterhaltungsangebotes? Heißt das, dass Dudelfunk à la N-Joy-Radio demnächst nicht mehr vom Auftrag erfasst ist? Das heißt es natürlich nicht! Welches Angebot wird denn begrenzt? Welches Unterhaltungsangebot soll durch diesen Staatsvertrag stärker justiert werden? Gibt es die Rateshows nicht mehr, die die Privaten viel besser können? Die Schärfung des Programmauftrages findet durch diesen Staatsvertrag absolut überhaupt nicht statt. Im Gegenteil: Der Staatsvertrag gibt allen Medienanstalten die Chance, jedes kopierte Angebot aus den Privaten jetzt auch noch unter dem Programmauftrag zu subsumieren. Und das ist grundfalsch. Die Konzentration, die Sie sich selbst aufschreiben auf ein Bildungs-, Kultur- und ein Informationsangebot, das müsste man fixieren und in den Auftrag auch hineinschreiben. Hier steht es nicht.

Zweiter Teil: Die Flexibilisierung von der der Kollege Schrödter gesprochen hat, ist ja gut und richtig. Nicht alles muss linear ausgestrahlt werden. Aber Sie müssen mir erklären, warum es dann dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk demnächst erlaubt ist, dass er zum Beispiel bei Spielfilmen und Serien Dinge einkaufen und nur noch in Mediatheken oder online abspielen darf, wo es eine eindeutige private Konkurrenz dazu gibt. Warum muss man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk plötzlich als Konkurrenz zu Netflix aufbauen? Sie haben selbst gesagt, das soll nicht on top gehen, aber der Staatsvertrag schafft genau diese Möglichkeit. Und er schafft auch noch den Drei-Stufentest, den der alte Staatsvertrag enthalten, ab, sodass nicht mehr geprüft wird, ob es nicht ein entsprechendes Privatangebot gibt, das hier durch ein öffentliches ersetzt wird.

Dritter Teil: Die Stärkung der Gremien ist wirklich wichtig, das haben wir nur alle gesehen, wobei aus meiner Sicht bei den Vorfällen hier in Kiel viel heiße Luft dabei war und wir haben keine politische Beeinflussung gesehen. Das ist auch gut, dass das alles festgestellt wurde. Aber die Stärkung der Gremien muss doch gerade im Hinblick auf die Kontrolle des Programmauftrages und die Wirtschaftlichkeit stattfinden. Und dann müssen wir nicht nur darüber reden, dass wir das da reinschreiben, sondern auch mal fragen, wie wir denn diese Gremien zusammensetzen. Und dass wir ihnen, und das wäre entscheidend, die Möglichkeit geben, nicht mit ehrenamtlich besetzten Gremien, bei denen der Landesbauernverband genauso beteiligt ist wie die Kirchen und noch vielen weiteren, sondern dass wir Leute da reinsetzen, die in der Tat auch etwas von dem Geschäft verstehen. Da gehören Controller rein, die auch mal sagen können, was macht ihr da eigentlich. Da gehören Menschen rein, die auch den Programmauftrag tatsächlich ernsthaft überprüfen können und nicht dasitzen und sagen: Alles, was mir da vorgelebt wird, wird im Zweifel übernommen.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und wir als Parlament müssen uns im Übrigen auch mal die Frage stellen, ob das, was wir uns da in Deutschland in der Gesamtgrößenordnung leisten, eigentlich noch zeitgemäß ist. Und diese Debatte habe ja nicht ich angeschoben, sondern die hat nach Vorlage dieses dritten Medienrechtsstaatsvertrages der Intendant der größten Sendeanstalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Tom Buhrow, angestoßen. Indem er sich gefragt hat, ob es nicht Zeit wäre, eine zeitgemäße Anpassung des Gesamtsystems vorzunehmen. Brauchen wir wirklich 20 Fernsehsender in Deutschland, 70 Radiosender, 900 Podcasts, 100 Apps mit 28.000 festen Mitarbeitern und 18.000 freien als öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Brauchen wir das in dieser Größenordnung wirklich? Brauchen wir einen mit neun Milliarden Euro europaweit am weitaus größten ausgestatteten öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der über ein Vielfaches des Budgets der BBC in Großbritannien verfügt, brauchen wir das in dieser Größenordnung? Wenn wir sagen, dass das auch mit weniger gehen müsste, dann müssen wir zuallererst an den Programmauftrag ran, ihn schärfer fassen, da dann sagen, was wir haben wollen und was wir nicht haben wollen und dann müssen wir das entsprechend mit den Finanzmittel unterlegen. Das schafft dieser Medienrechtstaatsvertrag leider nicht. Ich erwarte, dass es dann der nächste oder der übernächste auf die Reihe kriegt. Ich jedenfalls habe viele Wünsche zur Änderung dieses Staatsvertrags, die natürlich bei 16 Bundesländern alle nicht mehr einfließen können. Ich sagen aber voraus, dass diese Diskussion zum Sommer, wenn es um das Inkrafttreten dieses Medienstaatsvertrag gehen wird, einmal noch richtig groß aufgedreht wird und es werden die Intendanten der Sender selbst sein, die darüber philosophieren, dass man viel weitergehende Reformen angehen muss."

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort