In seiner Rede zu TOP 7+19+28 ("Mobilitätsgarantie und ein Bildungsticket für Schleswig-Holstein sowie grenzüberschreitenden Schienenverkehr") erklärt der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:
"Dies ist der erste Antrag in dieser Legislaturperiode von den Koalitionsfraktionen, der nicht die Bundesregierung adressiert hat. Der Verkehrsminister bekommt die Aufgabe, ein Konzept zur Umsetzung einer Mobilitätsgarantie zu erstellen mit dem Ziel, jeden Ort Schleswig-Holsteins zuverlässig und regelmäßig von früh bis spät an den öffentlichen Personennahverkehr anzubinden. Das finde ich als Vision völlig richtig und richtig gut. Aber das Konzept, das erwarte ich jetzt auch. Und ich wünsche beim Erstellen des Konzeptes viel Freude. Denn das Zusammenführen des öffentlichen Personennahverkehrs auf Kreisebene mit dem Schienenpersonennahverkehr auf Landesebene, das wird ein Akt. Insoweit sollten wir uns eine Frist setzen, wann wir Ihr Konzept hier erwarten dürfen. Denn nur etwas zu beschließen und im Anschluss zu sagen, das werde alles schwierig, reicht nicht aus. Sie greifen hier als Koalitionsfraktionen so hoch ins Regal, dass Sie dem Verkehrsminister eine Latte hinlegen, unter der er eigentlich nur unter durchlaufen kann. Ich wünsche Herrn Madsen viel Erfolg.
Im Übrigen haben Sie in Ihrem Antrag zur Mobilitätsgarantie darauf hingewiesen, dass es im Land einige interessante Modellprojekte gibt, deren Ergebnisse man mal auswerten sollte. Wenn das Schleiprojekt tatsächlich richtig gut funktioniert, dann wäre ja das die Basis für ein entsprechendes Konzept. Den Minister jetzt aber das Konzept machen zu lassen, ohne dass man die Basis dafür hat, ist nicht rasend schlau. Das Konzept in Rendsburg-Eckernförde, dass wir angeschoben haben, zeigt jetzt erste Ergebnisse. Es zeigt vor allem auch, dass es mitnichten einfach ist, es in einer solchen Form auszugestalten, dass man tatsächlich sämtliche Orte anschließen kann. Und sie vernachlässigen zudem, dass es auch in anderen Kreisen ohne Zutun des Landes gute Modellprojekte gibt, wie etwa im Kreis Plön. Denn das dortige Anruf-Linien-Fahrt-Konzept ist durchaus modellhaft und könnte auch auf viele andere Bereiche auf Landesebene übertragen werden. Aus all diesen Konzepten die Ergebnisse zusammenzutragen, das Beste da herauszusuchen und zu einem Gesamtpaket zu machen, das ist wie gesagt ein richtiger Brocken. Aber vom Grundsatz her ist das richtig und deshalb auch zu unterstützen.
Der Antrag der Sozialdemokraten zum Bildungsticket klingt in der Tat super: Wir machen das jetzt für alle, für die Schülerinnen und Schüler und für die Auszubildenden und Studierenden und Freiwilligendienstleistenden. Und zwar alles mit dem Deutschlandticket. Gestatten Sie mir dazu eine kurze Frage: Warum reden wir dann eigentlich noch von öffentlichem Personennahverkehr? Wir reden hier über das Deutschlandticket und dann geht es darum, dass das deutschlandweit gilt. Das hat mit Nahverkehr nicht mehr viel zu tun. Was Sie hier machen, ist ein Ticket für alle Leute zu schaffen, das mit ihren täglichen Lebenswegen nichts mehr zu tun. Das Semesterticket für die Studierenden ermöglicht ihnen freie Fahrt in ganz Schleswig-Holstein und in Hamburg. Ins Allgäu zu fahren, hat mit ihrem realen täglichen Leben hingegen nichts zu tun. Wenn Sie meinen, dass wir einen subventioniertes Fernverkehrsticket für alle brauchen, dann sollten Sie das auch so beantragen. Lassen wir daher die Kirche im Dorf: Nur weil es jetzt ein deutschlandweit gültiges Ticket gibt, sollten wir das Modell des öffentlichen Personennahverkehrs nicht zu einem aufgebauschten Thema machen, bei dem alle nur noch für 49 Euro durch ganz Deutschland fahren werden.
Wir sollten uns auch die Zahlen noch einmal auf der Zunge zergehen lassen. Ich komme genau wie die SPD auf eine Summe von rund neun Millionen Euro im Monat, also auf mehr als 100 Millionen Euro im Jahr, die es das Land kosten würde. Bei insgesamt 330 Millionen Euro Regionalisierungsmitteln und weiteren Landesmitteln von rund 60 Millionen Euro würde dieses Ticket ein Drittel bis ein Viertel des Gesamtbudgets verschlingen. Und da stellt sich die Frage, welche Verkehre wollen Sie abbestellen, um das zu finanzieren? Welche Verkehre wollen Sie abbestellen? Wenn Sie dieses Thema realisieren wollen, können Sie mit den Mitteln, und zwar auch bei massiver Aufstockung der Regionalisierungsmittel, nicht annähernd dahin kommen, dass wir tatsächlich ohne Abbestellungen von Verkehren unterwegs sein werden. Das Deutschlandticket zum Vehikel zu nehmen und in dieser Größenordnung hier alles aufzustocken, das halte ich für übertrieben und auch für nicht notwendig. Im Übrigen – ich traue mich vermutlich als einziger hier, die so zu sagen – ist es der falsche Ansatz, immer noch weiter in den Tarif zu investieren statt endlich erst mal dafür zu sorgen, dass die Infrastruktur auch vorhanden ist. Das ist einfach falsch. Denn es nützt der Frau in Nordfriesland oder dem Mann im Kreis Plön überhaupt nichts, wenn Sie so viel Geld für günstige Tarife ausgeben, dafür aber bei ihnen selber weiterhin kein Bus fährt.
Die Chancen des Deutschlandtickets zu nutzen, liebe CDU, da bin ich auch dafür, auch wenn ich eine bestimmte Sache Ihres Antrages zum Jobticket nicht richtig verstehe. Im Koalitionsantrag steht: „Der Landtag kritisiert, dass der Arbeitgeberanteil mit lediglich 25% deutlich unter den Möglichkeiten des aktuellen schleswig-holsteinischen Modells liegt.“ Der Arbeitgeberanteil ist keinesfalls bei 25% gedeckelt. Sondern der Arbeitgeber hat selbstverständlich die Möglichkeit, wie bisher auch mehr dazu zu geben. Aber einen Rabatt gibt es erst ab 25%. Und wenn es in der Diskussion um das Jobticket in diesem Lande darum geht, das irgendjemand nach dem Motto sagt, das habe nicht funktioniert, dann kann ich nur sagen: Am besten funktioniert es offenbar dort, wo das Land der Arbeitgeber ist. Es funktioniert noch zu wenig bei denjenigen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber draußen im Land. Dafür müssen wir massiv weiter werben. Und natürlich muss auch die Landesregierung weiter massiv bei Dritten dafür werben. Denn das Jobticket an sich ist ein sehr vernünftiges und durch den Arbeitgeberanteil auch sehr attraktives Angebot.
Mein letzter Punkt ist der Antrag zum grenzüberschreitenden Schienenverkehr, dem wir uns auch angeschlossen haben. Denn es ist doch selbstverständlich, dass die Landesregierung dafür kämpfen soll, einen Haltepunkt für Fernverkehre in Schleswig-Holstein zu bekommen. Das war bisher die normale Aufgabenbeschreibung eines Verkehrsministers in diesem Land. Wenn Sie dazu einen extra Antrag wollen, dann können wir den gerne zusammen beschließen. Ich möchte nur auf Folgendes hinweisen: Fernverkehre in Deutschland sind eigenwirtschaftliche Verkehre.
Und eigenwirtschaftliche Verkehre sind private Verkehre von bestimmten Verkehrsträgern. Und der bestimmt, was passiert, weil er das ganz alleine bezahlt, ohne irgendeinen staatlichen Zuschuss. Wenn Sie also auf irgendeinen Betreiber zugehen und mit ihm verhandeln wollen, dann müssen Sie dem auch einen Anreiz bieten. Ich bin gespannt."
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort