Bernd Buchholz zu TOP 8 "Die EU muss Vorbild bei der Asyl- und Migrationspolitik sein"

Dr. Bernd Buchholz

In seiner Rede zu TOP 8 (Die EU muss Vorbild bei der Asyl- und Migrationspolitik sein) erklärt der migrationspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:

"Beiden Anträgen wird die FDP-Fraktion zustimmen, weil es natürlich die Basis sein muss, dass unsere Asyl- und Migrationspolitik auf dem Fundament des humanitären Grundgerüstes unserer Gesellschaft aufsetzt. Wir wollen ein Wertesystem verkörpern, bei dem Menschen, die in Not geraten, nicht einfach sich selbst überlassen werden können und in dem wir selbstverständlich auch nicht zulassen dürfen, dass die Genfer Flüchtlingskonvention von eigenen Verantwortlichen am Rande unserer Außengrenze mit Füßen getreten werden. Insoweit zeigt der Bericht der EU-Kommission schon ziemlich nachdrücklich, vor welcher Herausforderung die Europäische Union in den nächsten Jahren und Jahrzehnten, was das Thema Asylpolitik angeht, stehen wird.

Aber ich muss doch ein kleines bisschen Wasser in den Wein gießen, weil wir natürlich in beiden Anträgen zu Recht betonen, dass es uns nur gelingen wird, zu einer vernünftigen europäischen Asylpolitik zu kommen, wenn wir das auf den Schultern aller europäischen Länder tun. Wir brauchen also Einigkeit in Europa. Und Einigkeit in Europa bedeutet auch, dass nicht Deutschland mit seinen Vorstellungen in Europa sagen kann, wo es langgeht, um anschließend zu sagen, dass alle danach agieren müssen. D. h. auch, dass man kompromissbereit sein muss und sich einmal anhören muss, was die anderen darüber denken. Und liebe Frau Midyatli, seien Sie mir nicht böse, aber Frau von der Leyen kommt ja nicht auf die Idee, ein Paket auf den Tisch des Hauses der Europäischen Union zu legen, weil sie es so schön findet. Sondern sie macht das, weil es der Versuch eines Kompromisses ist. Und der Kollege Harms weiß selbst, was in Dänemark in den letzten Jahren im Bereich der Ausländer- und Asylpolitik passiert ist und wie Sozialdemokraten mit ihrem Wahlkampf in Dänemark gerade eine deutlich veränderte und restriktive Ausländerpolitik betrieben haben.

Und deshalb glaube ich schon, dass es uns Veranlassung geben sollte, gerade weil wir vor diesem Paket stehen, einmal zu schauen, was realistisch in Europa vereinbar ist und wie wir eine wirklich gleichmäßige Lastenverteilung hinbekommen. Wir werden sie zum einen nur dann hinbekommen, wenn es innerhalb Europas keine Anreize gibt, in bestimmte Staaten Europas weiterzureisen. Das heißt, wir müssen nicht nur an den Außengrenzen klare humanitäre Standards setzen, sondern wir müssen auch bei den Bedingungen, zu denen man nach Europa kommt, einheitliche Standards setzen. Das ist eine Herausforderung. Denn diese Standards haben wir zurzeit nicht. Aber ansonsten werden wir natürlich keine Lastengleichheit haben, sondern eine Lastenverteilung zugunsten derjenigen, die in ihren Ländern deutlich mehr machen als andere. Und ist das dann noch die faire Lastenverteilung?

Was auch dazugehört, ist die Sicherung unserer Außengrenzen. Das steht als ein wichtiges Kapitel im Koalitionsvertrag der Ampel. Und die Sicherung unserer Außengrenzen bedeutet dann auch nicht, lediglich den ungehinderten Zugang von außen in die Europäische Union zu begrenzen. Das wird auch mit allen Partnern am südlichen Rand der Europäischen Union nicht zu vereinbaren sein. Und deshalb ist der Ausbau von Frontex zu einer echten Agentur, die die Außengrenzen schützt, zwingend notwendig. Und es gibt einen dritten Punkt, der ebenfalls im Koalitionsvertrag steht und über den sich beide Anträge hier ausschweigen: Es bedarf eines wirksamen und gemeinsamen Rückkehrsystems. Das steht im übrigens auch deutlich im Bericht der Europäischen Kommission. Ich lese nur die ersten Sätze vor: 'Die EU-Migrationsvorschriften sind nur dann glaubwürdig, wenn diejenigen, die kein Aufenthaltsrecht in der EU haben, auch tatsächlich rückgeführt werden. Derzeit verlässt nur etwa ein Drittel der Personen, die eine Rückkehranordnung erhalten haben, die EU. Dies untergräbt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger an das gesamte Asyl- und Migrationssystem.' Das muss dann auch Verpflichtung für uns sein. Denn wenn wir einheitlich mit allen und auf allen Schultern unterwegs sein wollen, dann können wir nicht sagen, dass wir Dinge nur machen, wenn es um humanitäre Fragen geht. Sondern das machen wir dann auch auf humanitäre Art und Weise, aber in der Konsequenz, dass alle in Europa auch dieses Asylrecht akzeptieren."

 

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Es gilt das gesprochene Wort