In seiner Rede zu TOP 8+11+24+28 (Schleswig-Holsteinisches Wohnraumschutzgesetz sowie "Junges Wohnen" in Schleswig-Holstein umsetzen, Herausforderungen für den Wohnungsbau gemeinsam meistern und EU-Gebäuderichtlinie sozial gerecht ausgestalten) erklärt der wohnungsbaupolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:
"In der Tat: Die Wohnungsmarktsituation in Deutschland und in Schleswig-Holstein macht große Sorgen. Und ehrlich gesagt im Hinblick auf die Zukunft und auf die nächsten Jahre noch viel größere Sorgen, als wir sie aktuell schon sehen. Eines ist absehbar: Wir erleben einen drastischen Rückgang von Beantragungen von Baugenehmigungen für Projekte. Wir erleben, dass sich das Investieren in den Wohnungsmarkt nicht mehr lohnt, und dass man sich zurückzieht. Und das ist übrigens völlig unabhängig von der Frage, wer das tut, aber letztlich kann auch eine Kommune als Eigentümer von Wohnungen oder als Bauherr von Wohnungen es sich nicht leisten, dauerhaft defizitär zu arbeiten.
Und da bin ich dem Kollegen Deckmann ganz dankbar, weil er an einer Stelle das gesagt hat, woran es tatsächlich liegt: Über die letzten Jahre haben wir alle in allen Parlamenten mit dafür gesorgt, dass die Standards für das Bauen in Deutschland immer weiter verteuert worden sind. Das ist, lieber Kollege Petersdotter, nicht der gierige Vermieter. Und auch die Nebenkosten sind nicht das Problem. Das Problem sind Standards, die wir immer weiter hochgesetzt haben und die dazu führen, dass ich heute eine ganz normale Wohnraumsituation für unter 16 Euro nicht mehr herstellen kann, wenn ich sie neu baue. Da suche ich mir andere Investitionsmöglichkeiten, wenn ich das Geld irgendwo investieren kann. Das ist die reale, ganz simple marktwirtschaftliche Situation, in der wir uns befinden.
Die Konklusio daraus müsste dann sein, dass wir die Standards senken müssen. Und da schaue ich jetzt mal auf Sie alle. Sie haben nachher gleich eine der Möglichkeiten, wenn es um die Abwasserdichtheitsprüfung für Eigentümerinnen und Eigentümer geht. Eine völlig unsinnige Maßnahme, die einfach nur Geld kostet, können Sie locker sofort abschaffen. Eines dieser Standardthemen, lieber Kollege Petersdotter, ist auch leider aus meiner Sicht etwas fälschlich dargestellte EU-Gebäuderichtlinie, denn es geht in Wahrheit nicht darum, wieviel Prozent des Gebäudebestandes saniert werden muss, sondern innerhalb welchen Zeitraums zu welchen Standards. Und wenn ich das, was da im EU-Parlament beschlossen worden ist, umrechne auf das, was ich für ein Wohnungsbauunternehmen in Schleswig-Holstein annehme oder für so manchen Privathaushalt, dann sage ich Ihnen voraus: Wird das so umgesetzt, droht die Insolvenz oder die Privatinsolvenz. Es ist schlicht unrealistisch, was da aufgeschrieben worden ist. Und zwar technisch und wirtschaftlich unrealistisch, weil alles ökonomisch einfach nicht darstellbar ist für die Menschen, die das machen sollen und technisch auch gar nicht umsetzbar. Deshalb geht es bei der EU-Gebäuderichtlinie nicht darum, etwas sozialer zu gestalten. Diese EU-Gebäuderichtlinie muss, weil sie völlig irrational ist, komplett überarbeitet werden.
Und deshalb unterscheiden wir uns dann eben auch in den Lösungen, die für das Problem am Wohnungsmarkt bestehen. Die Landesregierung will jetzt eine Landesentwicklungsgesellschaft einsetzen. Was soll diese Landesentwicklungsgesellschaft machen? Kann die für geringere Kosten als für 16 Euro pro Quadratmeter bauen? Wenn ja, warum? Kann sie nicht, im Gegenteil: Das ist ein zusätzlicher Verwaltungsapparat, den man aufbaut. Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft kann es auch nicht anders. Das sind doch alles keine Lösungen, sondern die Lösungen liegen schlicht und ergreifend im Zusammenhang zwischen dem, was es kostet und was ich für Auflagen mache, und ob die Auflagen tatsächlich hochfahre oder absenke. Und da muss man dann eben sagen: Ja, der Klimaschutz ist ein wichtiges Thema, der Lärmschutz ist ein wichtiges Thema, all diese schützenswerten Themen sind ein wichtiges Thema und in Wahrheit führen sie natürlich zu Kosten. Und diese Kosten sorgen dafür, dass man sich das in bestimmten Bereichen schlicht nicht mehr leisten kann.
Es ist der richtige Ansatz, zu diesem Zeitpunkt über die Förderung des sozialen Wohnungsbaus heranzugehen. Das macht die Bundesregierung mit 14,5 Milliarden Euro. Und das setzt auch jetzt die Landesregierung aus meiner Sicht in vorbildlicher Art und Weise um. Den Impuls zu nutzen, dass vielleicht der sozial geförderte Wohnungsbau ein wenig zum Treiber der Baukonjunktur werden könnte. Denn hier droht noch was ganz anderes, was zurzeit nicht beleuchtet wird: Wenn das Bauhauptgewerbe in Deutschland konjunkturell in den Knick geht, dann geht die Konjunktur insgesamt in die Delle. Das Bauhauptgewerbe hat uns in der Corona-Zeit gerettet, weil es neben den vielen anderen Bereichen der Volkswirtschaft, die wir haben, so stabil und mit Wachstum unterwegs war. Wenn jetzt der Einbruch des Bauhauptgewerbes droht, dann droht konjunkturell für Deutschland eine extrem schwierige Phase. Deshalb ist es richtig, mit sozialen Wohnraumförderungen anzusetzen. Ich sage es noch mal, wir sollten da nicht gegeneinander spielten. Die 14,5 Milliarden Euro in Berlin sind genauso richtig wie die Umsetzung hier auf diese Art und Weise. Und es richtig dann unter sozialen Gesichtspunkten die individuelle Förderung einzusteigen, damit diejenigen, die am wenigsten haben, sich diesen Wohnraum leisten könnte. Deshalb ist die Wohngelderhöhung goldrichtig gewesen und deshalb ist es auch der richtige Ansatz, hier individuell zu fördern und nicht mit der Gießkanne anzusetzen.
Und es ist richtig, auch für die Studentinnen und Studenten etwas mehr zu tun und das gilt in diesem Bundesland vielleicht auch ganz besonders, denn die 17 Millionen Euro, die jetzt über das Programm 'Junges Wohnen' nach Schleswig-Holstein fließen können und die hier kofinanziert werden, bringen uns aus einer Situation, dass bei uns in Schleswig-Holstein theoretisch nur jeder 19. einen Anspruch auf einen studentischen Wohnheimplatz haben könnte. Im Bundesdurchschnitt ist das jeder 13. Das Wohnheimangebot für Studentinnen und Studenten in Schleswig-Holstein liegt bei 5,5 % und ist damit auf dem vorletzten Platz des bundesdeutschen Rankings. Ich würde mir wünschen, wenn auch da die Landesregierung nicht nur mit der Kofinanzierung der Bundesmittel, sondern auch mit anderen Mitteln etwas stärker hineingehen würde.
Und dann sind wir bei den Bildern, die der Kollege Petersdotter gerade erzeugt hat und bei denen wir uns natürlich sofort alle versammeln und sagen: Wir kennen sie alle, die vergammelten Zimmer, die verschimmelten Bäder, die Duschkabinen, die kaputten Treppenhäuser und sagen alle 'Katastrophe, sowas darf man doch nicht zulassen. Die Verwahrlosung von Mietwohnungen muss dringend unterbunden werden.' Aber, Herr Petersdotter, das schreibt selbst die Landesregierung im Gesetzentwurf. Es handelt sich um durchaus gravierende, aber es handelt sich um Einzelfälle. Deshalb stellt sich doch die Frage: Ist eine solche staatlich regulierte Wohnraumbewirtschaftung tatsächlich notwendig und sinnvoll, wenn es darum geht, Einzelfälle zu behandeln. In jeder Legislaturperiode der letzten 20 Jahre haben entweder die Piraten oder der SSW und die SPD immer wieder Wohnraumbewirtschaftungsgesetze vorgelegt. Ich zitiere mal aus der Debatte des Jahres 2018 den leider jetzt nicht anwesenden Kollegen Peter Lehnert von der CDU-Fraktion: 'Ich halte einen Gesetzentwurf, der eine umfangreiche staatlich regulierte Wohnraumbewirtschaftung fordert, weder inhaltlich für zielführend noch für hilfreich, die komplexen Problemstellungen für unsere Wohnungsmärkte zu lösen. Eine nennenswerte Wohnungsverwahrlosung ist für mich nicht erkennbar. Auch weil Vermieter ein Interesse daran haben, dass ihre Wohnungen erhalten werden und dauerhaft vermietet werden können. Ein solches Gesetz würde nur viel zu viel Bürokratie verursachen und einen erheblichen zulässigen Verwaltungsaufwand schaffen.' Sie werden uns im Ausschuss diese völlig veränderte Situation, was die Wohnungsverwahrlosung angeht, aufzeigen müssen. Denn ehrlich gesagt, als Begründung dafür reicht mir das derzeit nicht.
Lassen Sie mich zu einem letzten Punkt kommen und das ist das Zweckentfremdungsthema. Es ist in einer angespannten Wohnungsmarktsituation sicherlich richtig, dafür zu sorgen, dass Dinge, die für andere Zwecke geschaffen worden sind, nicht umgewidmet werden sollen. Trotzdem ist jede Zweckentfremdungssatzung ein erheblicher Eingriff in die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes. Und der muss begründet sein und der muss wirklich gut begründet sein, denn wer Zweckentfremdung behauptet, der muss sagen, dass eine gewisse Notlage vorliegt. Deshalb warne ich davor, von dem Begriff einer angespannten Wohnungsmarktlage wegzukommen. Im Gegenteil, ich erwarte eigentlich, dass wir während der Ausschussberaterin zu einer klareren Definition kommen, wann denn Zweckentfremdung vorliegt, weil wir sonst zu relativ schnellen Darlegungen von Umwandlungsfragen kommen, die die Gemeinde in die Lage versetzen, Eigentumseingriffe zu machen, die sie in dieser Weise nicht machen dürften.
Und lassen Sie mich einen letzten Hinweis geben. Insbesondere ein touristisches Land wie Schleswig-Holstein lebt von Ferienhäusern und Ferienwohnungen. Und wir alle wissen, dass der Bestandsschutz für diejenigen, die Ferienhäuser und Ferienwohnungen betreiben auch gerade bei solchen Zweckentfremdungssatzungen ein wichtiges Thema ist. Wer hat denn alles für seine Ferienwohnung eine Genehmigung als Ferienwohnung in diesem Land? Wir der Bestandsschutz tatsächlich gewährleistet? Das werden wir im Ausschuss zu besprechen haben. Denn diese Satzungen wären in der Lage, auch touristisch ein erhebliches Loch zu reißen.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort