„Wir wollen mehr Hochschulautonomie wagen: Aus diesem Grund hat die FDP-Fraktion den Entwurf eines Hochschulfreiheitsgesetzes in das parlamentarische Verfahren eingebracht.
Der Landtag hat ja im Wesentlichen zwei Hebel, um den Hochschul- und Wissenschaftsstandort Schleswig-Holstein zu stärken: Zum einen die Zuschüsse, die das Land an die Hochschulen zahlt. Zum anderen das Hochschulgesetz, also der gesetzliche Rahmen, in dem sich die Hochschulen bewegen.
Über die Zuschüsse des Landes an die Hochschulen debattieren wir hier ja mittlerweile regelmäßig, was daran liegt, dass die Landesregierung finanzpolitisch die falschen Schwerpunkte setzt: Angesichts der chronischen Unterfinanzierung der Hochschulen in unserem Bundesland, der in den letzten Jahren stark angestiegenen Studierendenzahlen und des bei uns ja noch bevorstehenden doppelten Abiturjahrganges im kommenden Jahr muss die Landesregierung hier endlich mehr tun.
Den Hochschulen fehlt es nicht nur an Personal, Gebäuden und ganz grundsätzlich an Planungssicherheit, sondern leider auch an einer starken Lobby in den Reihen der Regierung.
Es ist ja nicht so, dass die Landesregierung keine Möglichkeit gehabt hätte, den Hochschulen zu helfen. Die Entlastung des Landes bei den BAföG-Kosten durch den Bund hätte beispielsweise genutzt werden können, um die größte Not erst einmal zu lindern. So war es zwischen Bund und Ländern ja auch verabredet. Dass sich die Landesregierung an diese Absprache nicht gehalten hat, ist sehr bedauerlich.
Der Hochschulpakt III ist natürlich richtig und angesichts des anhaltenden Studentenansturms auch ganz einfach notwendig, aber er ist eben nicht ausreichend, um den doppelten Abiturjahrgang im Jahr 2016 aufzufangen.
Wenn die Hochschulpräsidien entsprechende Brandbriefe an die zuständige Ministerin schreiben, um diese auf ihre schwierige Lage aufmerksam zu machen und die Koalitionsfraktionen dann Anträge mit der beinahe schon provozierenden Überschrift ‚Schleswig-Holstein ist auf den doppelten Abiturjahrgang vorbereitet‘, dann muss schon von Realitätsverweigerung sprechen!
Sie wissen es doch besser: Da muss man sich heute nur das Interview von Ministerin Alheit in den ‚Kieler Nachrichten‘ anschauen: Es soll nach all der Kritik doch noch nachgebessert werden. Was die Regierung da in Aussicht stellt, ist ja das späte Eingeständnis, dass Schleswig-Holstein eben doch nicht so gut vorbereitet ist.
Das angekündigte Hilfspaket ist notwendig, leider kommt es zu spät und ist wohl auch nicht ausreichend. Es passt vor allem überhaupt nicht zu dem, was die Koalition hier heute in Form ihres Antrages mit der Stimme des Ministerpräsidenten beschließen will.
Letztes Mal hat es ja nicht ganz gereicht. Tun Sie sich selbst den Gefallen und ziehen Sie Ihren Antrag zurück. Wenn die Hochschulen gut vorbereitet wären, bräuchten sie kein Hilfspaket: Das ist doch widersinnig!
Hochschul- und Wissenschaftspolitik ist aber eben auch deutlich mehr als nur Finanzpolitik. Die Landesregierung hatte ihre lange angekündigte Novelle des Hochschulgesetzes mehrfach verschoben. Seit Mitte März wissen wir aber immerhin, was diese wohl beinhalten wird und wir können davon ausgehen, dass sie dem Landtag zu einer der nächsten Sitzungen dann auch offiziell zugeleitet wird.
Für meine Fraktion hatte ich angekündigt, dass wir uns intensiv in die Debatte über die Novellierung des Hochschulgesetzes einbringen werden. Es ist ganz offensichtlich auch notwendig, die Debatte über die zukünftige Hochschulgesetzgebung zu beleben. Der bisherige Entwurf der Landesregierung ist schließlich alles andere als ein großer Wurf: Nicht viel Neues ist darin zu finden, ein paar technische Anpassungen und ein wenig rot-grüne Folklore. Voranbringen wird dies unseren Wissenschafts- und Hochschulstandort kein bisschen!
Den ideen- und mutlosen Vorschlägen der Landesregierung stellen wir deshalb unseren Gesetzentwurf für ein schleswig-holsteinisches Hochschulfreiheitsgesetz entgegen.
Der Name des Gesetzes verrät es schon: Wir haben uns beim Grundgedanken und bei mehreren konkreten Vorschlägen an dem bisherigen Hochschulgesetz Nordrhein-Westfalens orientiert. Nordrhein-Westfalen hat mit seinem Hochschulfreiheitsgesetz sehr gute Erfahrungen gemacht.
Im Vordergrund unseres Entwurfes steht eine Stärkung der Hochschulen durch eine größere Autonomie.
Mehr Freiheit bedeutet natürlich auch immer mehr Verantwortung. Das Ministerium soll nicht mehr für die Detailsteuerung zuständig sein, sondern vor allem als Aufsicht fungieren. Unser Vorschlag würde also einen hochschulpolitischen Mentalitätswechsel bedeuten.
Wir haben in Schleswig-Holstein trotz der Unterfinanzierung gute Hochschulen mit Profil. Die Hochschulen sind sehr unterschiedlich – nicht nur mit Blick auf die jeweilige Größe, sondern auch mit Blick auf ihre Ausrichtung.
Wir wollen mit unserem Vorschlag die Profilbildung der einzelnen Hochschulen erleichtern, damit sie ihre Potenziale noch besser entfalten und sich im bundesweiten und internationalen Wettbewerb besser aufstellen können.
Wir sind der Überzeugung, dass die Hochschulen damit noch attraktiver für Studierende und Lehrende würden, weil die Hochschulen ihre Studien- und Lehrbedingungen bei mehr Beinfreiheit einfacher als bisher verbessern könnten.
Gerade als Konsolidierungsland müssen wir doch den Ehrgeiz haben, das beste Hochschulgesetz in Deutschland zu schaffen. Schließlich wird unser Bundesland auf absehbare Zeit finanziell nicht ganz vorne mitspielen können, von daher sollten wir uns immer in Erinnerung rufen, dass es nicht verboten ist, über möglichst intelligente gesetzliche Rahmensetzung zu diskutieren.
Wir wollen die Hochschulautonomie vor allem in den Bereichen der internen Organisation, der Studienangebote, des Gebäude- und Personalmanagements und bei den Finanzen deutlich ausweiten. Wir wollen die Freiheit der Forschung betonen, bessere Perspektiven für die Mitarbeiter schaffen und sinnvollere Ziel- und Leistungsvereinbarungen festschreiben.
Konkret schlagen wir deshalb vor: Der Genehmigungsvorbehalt des Ministeriums bei den Hochschulverfassungen soll aufgehoben werden. Die Hochschulen sollen künftig mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat über ihre Verfassung selbst bestimmen können. Zudem sollen die Hochschulen unbürokratischer Satzungen erlassen können. Die Position der Präsidentin bzw. des Präsidenten soll nach unserer Auffassung gestärkt werden. Über die Zusammensetzung des Senats sollen die Hochschulen in ihrer Verfassung selbst bestimmen können. Dadurch könnten der Einfluss bzw. die Partizipationsmöglichkeiten einzelner Mitgliedergruppen nach dem Ermessen der einzelnen Hochschule verändert werden.
Wir wollen die selbstbestimmte Einrichtung von Studiengängen ermöglichen: Die Einführung, Änderung und Aufhebung von Studiengängen steht bislang unter dem Genehmigungsvorbehalt des Ministeriums. Dies würde entfallen. Die Notwendigkeit der Akkreditierung und Reakkreditierung von Studiengängen zur Qualitätssicherung bliebe selbstverständlich erhalten.
Die flexible Einteilung des Hochschuljahres soll ermöglicht werden: Den Hochschulen soll also die Möglichkeit gegeben werden, Beginn und Ende des Hochschuljahres selbständig festzulegen. So wäre z.B. eine stärkere Ausrichtung von Studiengängen am internationalen Studienkalender nach dem Ermessen der jeweiligen Hochschule möglich.
Die Übertragung der Hochschulliegenschaften, der Bauherrenfähigkeit sowie der Beschaffung von Großgerät soll vorgenommen werden. Die Hochschulen würden so weitere Entfaltungsmöglichkeiten auch im Liegenschaftsbereich erhalten und könnten sich so unbürokratischer und bedarfsgerechter entwickeln. Sie könnten weiterhin mit der GMSH zusammenarbeiten, müssten es aber nicht. Die Hochschulen sollen auch mehr finanzwirtschaftliche Flexibilität und Handlungsfähigkeit erhalten. Alle Zuschüsse sollen in das Vermögen der Hochschulen fallen.
Wir wollen auch die Schaffung der vollen Dienstherrenfähigkeit und Personalhoheit: Damit verbunden würde das an den Hochschulen tätige Personal im Dienst der jeweiligen Hochschule und nicht mehr im Landesdienst stehen. Hochschulen sollen also das Recht bekommen, selbst Beamte zu haben.
Das Personalmanagement würde dann vollständig bei den Hochschulen liegen, was für uns die entscheidende Grundlage für eine dynamische Entwicklung der Hochschulen wäre. Die Erstattung der Pensionen und der Beihilfe würden weiterhin dem Land obliegen.
Wie die Landesregierung wollen wir die Einführung des ‚Tenure-Track-Verfahrens‘ für Juniorprofessoren und die Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung älterer Professoren: So soll hochqualifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ein verlässlicher Karriereweg angeboten werden können. Die Attraktivität der Hochschulen als Arbeitgeber würde gestärkt werden. Außerdem soll es den Hochschulen ermöglicht werden, Professorinnen oder Professoren bei hervorragender Eignung auch nach Eintritt in den Ruhestand weiter zu beschäftigen.
Diese Regelung würde ermöglichen, dass das Fachwissen der älteren Generation weiterhin in Forschung und Lehre der Hochschulen einfließen können. Auch können Professorinnen und Professoren auf diesem Wege stärker als bisher selbstbestimmt entscheiden, wie und bis wann sie im Alter arbeiten möchten.
Wir wollen die Freiheit von Wissenschaft und Forschung unterstreichen: Wir können und wollen die im Grundgesetz garantierte Wissenschafts- und Forschungsfreiheit nicht in unzulässiger Weise einschränken. Die neuaufgenommene Norm ist somit klarstellender Natur. Ethikkommissionen können die Hochschulen nach ihrem Ermessen einrichten, gesetzlich vorschreiben wollen wir sie nicht.
Wichtig festzuhalten ist: Es soll keine Studiengebühren geben, da sie zumindest einen Teil der Studieninteressierten abschrecken würden.
Ich freue mich auf die Beratung, die von Seiten der Koalition dieses Mal hoffentlich auch zugelassen wird!“