In seiner Rede zu TOP 1 (Aktuelle Stunde zu "Der A23-Ausbau muss als ‘überragendes öffentliches Interesse‘ eingestuft werden") erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:
"Wir haben diese Aktuelle Stunde angemeldet, weil es ein wohl einmaliger Vorgang ist, dass ein Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister in dieser Form gegen den erklärten Willen seines eigenen Bundeslandes handelt. Man könnte ja denken, dass Robert Habeck momentan ganz andere Sorgen hätte. Aber seine Blockade des beschleunigten Ausbaus der A23 sollte der Landtag nicht einfach hinnehmen. Das deutsche Planungsrecht – vor allem im Bereich der Verkehrsinfrastruktur – ist über die Jahre leider zu einem Verhinderungsinstrument geworden. Es ist viel zu kompliziert, so dass alles ewig lange dauert und unnötig viel Steuergeld kostet. Das sorgt immer wieder für jede Menge Frust und untergräbt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in demokratische Prozesse und auch in die Handlungsfähigkeit unseres Staates. Für einen wirksamen Umwelt- und Tierschutz wäre diese Komplexität des Planungsrechts übrigens gar nicht notwendig. Unsere Nachbarn in Dänemark machen vor, wie man europäisches Recht auch pragmatisch und besser anwenden kann.
Der Landtag diskutiert deshalb – aus gutem Grund – schon seit vielen Jahren immer wieder über die Notwendigkeit schnellerer Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich. Leider ist da auf Bundesebene in den letzten Jahren wenig passiert. Aufbauend auf den Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP hatte Bundesverkehrsminister Wissing dann im vergangenen November einen Gesetzentwurf in die Ressortabstimmung gegeben, der die Vorhaben des ‚Vordringlichen Bedarfs‘ – darunter der Weiterbau der A20 – als Projekte des ‚überragenden öffentlichen Interesses‘ erheblich beschleunigen sollte. Dies stieß und stößt jedoch weiterhin auf den Widerstand der Grünen, die zwischenzeitlich sogar erklärt hatten, sie wollten keinen einzigen Meter Autobahn mehr bauen. Und auch die Beschleunigung von Maßnahmen an den Bundeswasserstraßen lehnen die Grünen zu unserem völligen Unverständnis leider vehement ab. Dabei wäre es ökologisch sinnvoll, Verkehre auf die Wasserstraßen zu verlagern. Nach monatelangen Diskussionen konnte man sich dann aber Ende März in der Koalition – als ersten wichtigen Schritt – darauf verständigen, dass die sogenannten Engpassbeseitigungen an Autobahnen – das sind die beiden Kategorien VB-E und FD-E – als Projekte von ‚überragenden öffentlichen Interesse‘ eingestuft und zukünftig erheblich beschleunigt geplant werden sollen. Zudem sollen zukünftig viele Schienen- und Radwege deutlich schneller geplant werden können.
Viele der stark belasteten Autobahnstrecken befinden sich im Westen und Süden der Republik. In Schleswig-Holstein fällt im Bereich der Autobahnen lediglich der dringend notwendige Ausbau der A23 zwischen Hamburg-Eidelstedt und Tornesch in diese Kategorie. In der vergangenen Woche mussten wir dann erfahren, dass ausgerechnet Robert Habeck – kurz vor der Verabschiedung des Gesetzentwurfes im Bundeskabinett – darauf bestanden hat, dass dieses Projekt nicht beschleunigt geplant werden soll. Der Bundeswirtschaftsminister handelt damit in skandalöser Weise gegen schleswig-holsteinische Interessen. Und das darf der Landtag Schleswig-Holstein nicht einfach hinnehmen! Er hatte mit seiner grünen Kabinettskollegin Lemke ja bereits die weitere Beschleunigung der A20 und des Nord-Ostsee-Kanals ausgebremst. Das halten wir schon für höchstproblematisch. Jetzt will er nicht einmal mehr dieses Projekt beschleunigt geplant sehen. Warum eigentlich nicht? Was spricht eigentlich aus grüner Perspektive dagegen, die ständigen Staus zu vermeiden und viel Zeit und Geld zu sparen? Von diesem Ausbauprojekt würden nicht nur viele Pendlerinnen und Pendler, sondern natürlich auch die Wirtschaft in der Region Unterelbe und an der Westküste profitieren. Und es ist auch notwendig, wenn wir an das geplante Großklinikum oder an die mögliche Ansiedlung von Northvolt denken.
Von den Grünen heißt es jetzt, dass dieses Projekt in der Koalition ja nie geeint gewesen sei, da es gar nicht auf einer Liste gestanden hätte, die das Kanzleramt bei der Beratung im Koalitionsausschusses verteilt habe. Das ist aber nicht richtig! Der Koalitionsausschuss hatte sich ausdrücklich auf die Beschleunigung der beiden bereits genannten Kategorien der Engpassbeseitigung bei Autobahnen geeinigt! Und im entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung werden ja auch keine einzelnen Projekte aufgezählt, sondern lediglich die beiden genannten Autobahnkategorien, die zu beschleunigen sind. Wobei es nach der Kabinettsbefassung mittlerweile ein einziges Projekt gibt, das tatsächlich namentlich genannt wird: Es ist der Ausbau der A23, weil Robert Habeck eben darauf bestanden hat, dieses als einziges Projekt bundesweit auszuschließen.
Diese ‚Lex Habeck‘, diese bizarre Blockade des Bundeswirtschaftsministers, muss dringend korrigiert werden. Die betroffenen Bundesländer haben ja schließlich auch zugestimmt. Hamburg hat einen grünen Verkehrssenator! Und auch Schleswig-Holstein, wo sich Schwarz-Grün nach zähem Ringen am Ende auf ein ‚Mobilitätspaket‘ geeinigt hatte, hat dem beschleunigten Ausbau zugestimmt. Wenn die Behauptung der Grünen stimmen würde, dass man sich im Koalitionsausschuss auf Bundesebene auf den Ausbau der A23 ausdrücklich nicht geeinigt hätte, hätten die Grünen dazu ja wohl kaum eine Verhandlung mit der CDU geführt. Das wäre ja geradezu absurd. Die grüne Landesvorsitzende erklärte nach der schwarz-grünen Einigung, die Grünen hätten an dieser Stelle ‚in den sauren Apfel‘ beißen müssen. Nachdem Habeck den beschleunigten Ausbau der A23 dann nur wenige Tage später aus dem Gesetzentwurf hat streichen lassen, erklärte Anke Erdmann, dass man damit ‚natürlich gut leben‘ könne. Das glaube ich gern! Ich glaube aber nicht, dass sich die Grünen in Schleswig-Holstein mit Robert Habeck nicht abgestimmt haben und – wie wir alle – dann ebenfalls von seinem Veto überrascht wurden. Und ich merke an den Reaktionen der Kollegen der CDU, dass die das auch nicht glauben. Dieser Vorgang ist deshalb auch eine Bloßstellung des Ministerpräsidenten, der bei der A20 ja noch allen Ernstes versucht hatte, für Habecks Blockade Bundesverkehrsminister Wissing verantwortlich zu machen. Den Vorwurf, die FDP würde sich zu wenig für die beschleunigte Planung von Autobahnen einsetzen, erhebt die Nord-CDU übrigens sehr exklusiv! Es fehlt auch nicht an einer Lobby Schleswig-Holsteins innerhalb der Koalition auf Bundesebene. Das Problem ist hier der einflussreichste Vertreter der schleswig-holsteinischen Grünen, Robert Habeck, der mit seiner Blockade in Berlin Günthers Entscheidung für ein schwarz-grünes Bündnis zunehmend absurd erscheinen lässt. Daniel Günther sollte deshalb mit Robert Habeck dringend ein sehr ernstes Gespräch führen. Auf meine Kleine Anfrage, ob er dies denn zur A20 getan hätte, hat mir die Landesregierung geantwortet, dass er dem Bundeskanzler und dem Bundesverkehrsminister einen Brief geschrieben hätte. Mit Robert Habeck hat Daniel Günther also offenbar gar nicht gesprochen.
Beim RND- bzw. KN-Talk hatte sich Minister Habeck in Sachen A20 übrigens halbwegs pragmatisch gezeigt: Es sei ein „‘Schildbürgerstreich‘, dass die A20 immer noch mitten in Bad Segeberg enden würde. Man solle sie doch bis zur A7 oder bis zur A23 weiterbauen. Ja, es ist ein Schildbürgerstreich, der zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger in Bad Segeberg geht und der in unserem Planungsrecht begründet liegt. Und nein, die A20 sollte nicht an der A7 oder an der A23 enden. Die A20 muss über die Elbe nach Niedersachsen führen, damit sie ihre volle Wirkung – vor allem für unsere Westküste, die derzeit große wirtschaftliche Chancen hat – auch erfüllen kann. Und da ist es tragisch, dass ausgerechnet der Bundeswirtschaftsminister dies bisher nicht erkannt hat. Diese schmerzhafte Lücke in unserer Infrastruktur muss endlich geschlossen werden. Man wird nämlich auch in Zukunft noch Straßen brauchen. Ich frage mich, was jetzt eigentlich aus der schwarz-grünen Koalitionseinigung geworden ist? Kommt das Schülerticket, das die Grünen offenbar als Kompensation für ihre Zustimmung zum beschleunigten Ausbau der A23 verhandelt haben, jetzt trotzdem? Minister Madsen sieht ein solches Ticket ja sehr kritisch. Und wenn ja, wie soll es ausgestaltet und wie soll es bezahlt werden?
Schleswig-Holstein darf nicht weiter darunter leiden, dass der Ministerpräsident wegen seiner taktischen Koalitionsentscheidung in Berlin derart gehemmt auftreten muss. Wie man derzeit hört und liest, verhandelt der grüne Landesverkehrsminister aus NRW, Oliver Krischer, der zunächst auch nicht so begeistert von der Planungsbeschleunigung war, übrigens gerade mit dem Bund darüber, dass erst eins, dann zwei weitere Autobahnprojekte aus NRW in die Kategorien, die beschleunigt geplant werden sollen, neu aufgenommen werden sollen. Das finde ich hochinteressant. Ich bin der Meinung, man sollte den Grünen hier entgegenkommen: Die beiden von NRW gewünschten Projekte sollten zusätzlich aufgenommen und die Streichung der A23 zurückgenommen werden. Das wäre doch ein fairer Kompromiss."
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort