In seiner Rede zu TOP 1+4+29+31 (Regierungserklärung „Gemeinsam erfolgreich gegen die Pandemie – Schleswig-Holsteins Weg zurück in die Normalität“, Entwurf eines Gesetzes zur Beteiligung des Schleswig-Holsteinischen Landtages beim Erlass von Rechtsverordnungen nach §32 Infektionsschutzgesetz sowie weiteren Corona-Anträgen) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:
„Diese Pandemie hat auch unser Bundesland seit März 2020 in erheblichem Maße herausgefordert. Ich hätte nie gedacht, dass wir jemals zu solch drastischen Mitteln würden greifen müssen. Für uns Freie Demokraten kann ich sagen, dass uns diese Abwägungen oft auch alles andere als leicht gefallen sind. Wobei ich auch sagen muss: Besonders schwierig waren für uns vor allem die bundesweiten Absprachen, die zu der Situation bei uns in Schleswig-Holstein gelegentlich nur bedingt passten. Die handwerklich schlecht gemacht Bundesnotbremse war zumindest hier nicht notwendig und hat Akzeptanz gekostet. Die Horrorszenarien des Bundes wurden zunehmend weniger ernst genommen.
Wir können jedoch konstatieren: Schleswig-Holstein ist sowohl gesundheitlich als auch wirtschaftlich und als Gesellschaft bisher so gut durch diese Krise gekommen wie nur wenige andere Regionen. Das war kein Zufall; wir hatten natürlich auch Glück, aber das hat ganz wesentlich mit der besonnenen Reaktion der Bürgerinnen und Bürger zu tun und auch mit einigen richtigen Entscheidungen der Verantwortlichen. Und dafür bin ich sehr dankbar. Viele Menschen haben sich solidarisch gezeigt – vor allem mit den Älteren, die ja besonders gefährdet sind. Vor allem die Familien mit Kindern und Jugendlichen haben viel Solidarität gezeigt – auch zeigen müssen, aber eben auch die vielen kleinen Unternehmer wie Gastronomen, Kulturschaffende, Einzelhändler und viele andere. Dies sollten wir nicht vergessen. Ganz im Gegenteil: Wir brauchen gerade hier bestmögliche Perspektiven. Vor allem die Interessen von Kindern und Jugendlichen sollten jetzt ganz besonders im Fokus stehen. Das ist die Gesellschaft ihnen schuldig. Das Thema Masken in Schulen ist immer wieder ein Punkt, auf den wir alle häufig angesprochen werden. Ich finde, das ist eine schwierige Entscheidung und das wird mit der 3G-Regel, bei der die Maskenpflicht weitestgehend wegfällt, auch nicht einfacher. In Schulen wird ja regelmäßig getestet du das sollte auch noch eine Weile beibehalten werden. Und ich finde, man muss darüber sprechen, ob die Maskenpflicht nicht zumindest am Platz entfallen könnte, es muss jetzt nur der richtige Zeitpunkt dafür gefunden werden. Und es ist gut, dass auch in unseren Hochschulen, zumindest an den Fachhochschulen, bereits wieder Leben eingekehrt ist. Denn auch für viele junge Erwachsene waren die Maßnahmen oftmals eine große Belastung.
Schleswig-Holstein geht jetzt mit der aktuellen Verordnung erneut bundesweit voran. Wir sprechen vom Paradigmenwechsel, der NDR sprach gar vom ‚kleinen Freiheitstag‘. Wir machen allerdings wieder einmal das, was in dieser Phase der Pandemie sinnvoll, notwendig und verhältnismäßig ist. Bisher haben wir ein sehr erfolgreiches Pandemiemanagement des Landes erlebt – das wird auch so bleiben. Mein Dank geht vor allem an Heiner Garg und sein Team im Gesundheitsministerium, aber auch in den Gesundheitsämtern der Kreise.
Wir haben verschiedene Modellprojekte durchgeführt, beispielsweise im Tourismus, Sport, im Bereich Kultur und in Diskotheken. Dies wurde bundesweit beachtet und gelegentlich auch mit kritischer Distanz beobachtet. Dieser Mut wurde stets belohnt. Uns war und ist die enge Einbindung der Wissenschaft sehr wichtig. Aber: Das müssen eben auch verschiedene Fachrichtungen sein.
Beim Impfen belegen wir im bundesweiten Vergleich den sehr ordentlichen dritten Platz. Das ist überhaupt nicht selbstverständlich, wenn wir zum Beispiel nach Ostdeutschland, aber auch nach Bayern schauen, wo angeblich immer alles besser läuft. Ich kann das zumindest bei Corona überhaupt nicht erkennen. Unsere Impfquote sollte natürlich dennoch weiter steigen, aber das sollten wir durch Aufklärung und verschiedene, einfache Angebote tun und nicht durch Druck und Zwang. Politisch ist nämlich entschieden: Es soll keine Impfpflicht eingeführt werden, also darf es auch keine Impfpflicht durch die Hintertür geben. Es muss gelten: Werben, statt einfach nur unter Druck setzen. Das Impfen bleibt weltweit eine Herausforderung, wenn ich an Asien, Afrika oder auch Südamerika denke. Das liegt auch in unserem eigenen Interesse.
Wir werden auch die Forschung weiter intensivieren müssen: Bei der Behandlung von Patienten in den Krankenhäusern hat man bereits sehr dazugelernt, es fehlen aber noch viele Erkenntnisse zu Medikamenten und zu Long Covid. Und es darf auch keinen erneuten Lockdown geben. Das öffentliche Leben ist weitgehend geöffnet unter 3G-Bedingungen und wir sind der Überzeugung, dass dies funktionieren wird. Unser Weg mit 3G ist ehrlich, sinnvoll und angemessen. Hamburg und andere Bundesländer arbeiten jetzt mit der 2G-Option, die ich in dieser Phase problematisch finde. Denn der Druck wird dort auf die Betriebe verlagert. Wir müssen sehr aufpassen, dass unsere Gesellschaft nicht tief gespalten wird. Und: 2G dürfte für eine erneute Verlagerung von Treffen ins Private sorgen, da vor allem auch viele junge Menschen noch nicht geimpft sind. Insofern halte ich das für kontraproduktiv. Wir sollten ganz genau die Erfahrungen aus dem benachbarten Ausland im Blick behalten, z.B. Dänemark, Großbritannien, Schweiz etc.
Die Tests würde ich persönlich erst etwas später kostenpflichtig machen. Und ich bin auch bei der Abschaffung der Lohnfortzahlung im Quarantänefall von Ungeimpften eher skeptisch. Das Land muss hier Bundesrecht umsetzen, aber auch dies könnte kontraproduktiv bei der Pandemiebekämpfung sein. Es droht absehbar keine Überlastung des Gesundheitssystems. Wir brauchen an vielen Stellen aber auch immer noch eine bessere Datenlage, zum Beispiel bei den Menschen mit Corona in den Krankenhäusern. Es gibt ja Medienberichte, nach denen nicht immer ganz klar zu sein scheint, wie dies gemeldet werden soll. Denn gerade jüngere Menschen, die im Krankenhaus positiv getestet wurden, sind aber mit anderen Beschwerden eingeliefert worden. Da sollte man dann schon unterscheiden.
Die Eigenverantwortung ist nicht abgeschafft, wir stärken sie jetzt ganz massiv. Wir müssen weiterhin sehr aufpassen, dass das Verhältnis zwischen Sicherheit und Freiheit, zwischen Staat und Bürger sich nicht dauerhaft verschiebt. Da muss die richtige Balance gehalten werden. Der Staat darf nichts, was ihm nicht erlaubt ist. Die Bürgerinnen und Bürger dürfen alles, was ihnen nicht verboten ist. Man muss aber auch nicht alles machen, was nicht verboten ist. Wir haben es jetzt mit einer ‚Pandemie der Ungeimpften‘ zu tun. Es gibt aber natürlich auch Impfdurchbrüche, solche Restrisiken wird man nicht vermeiden können, schon gar nicht im Herbst und Winter. Wir müssen den Ausstieg aus den Maßnahmen weiter vorbereiten. Da wird ja immer wieder das Frühjahr genannt, aber das muss der späteste Termin sein. Es gilt jetzt, Optimismus zu verbreiten, vorsichtig zu bleiben, Eigenverantwortung zu stärken und mit klarem Kopf zu handeln. Wir werden mit diesem Virus leider leben müssen. Und wir sehen ja auch, dass ZeroCovid/NoCovid, wie es beispielsweise Australien verfolgt hat, gescheitert sind.
Ich weiß nicht, wer sich von Ihnen vielleicht auch mit Hannah Arendt beschäftigt: Sie hat einmal – in ganz anderen Zeiten – den schönen Satz geprägt: ‚Der Sinn von Politik ist Freiheit‘. Ich finde, dies sollte mit Blick auf das Ende der Pandemie auch unsere Richtschnur sein.“
Es gilt das gesprochene Wort!