In seiner Rede zu TOP 12 (Verstärkte Förderung der Schulsozialarbeit) erklärt der Vorsitzende und bildungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:
"Der Antrag von SSW und SPD ist ja so angenehm kurz und allgemein gehalten, dass man ihm eigentlich nur zustimmen kann. Die Landesregierung soll damit dazu aufgefordert werden, die Kreise und Kommunen verstärkt darin zu unterstützen, die Schulsozialarbeit an den allgemein- und berufsbildenden Schulen zu fördern und auszubauen. Das können wir in dieser „norddeutsch wortkargen“ Form sehr gut mitgehen. Der Antrag ist trotz der großen Übersichtlichkeit auch immerhin deutlich aussagekräftiger als der länger geratene Alternativantrag der Koalition. Ich könnte meine Rede jetzt eigentlich schon beenden, aber den Gefallen werde ich Ihnen nicht tun.
Die Schulsozialarbeit ist in den letzten vielleicht 15 bis 20 Jahren zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Schullandschaft geworden. Unumstritten war dies lange nicht. Obwohl wir zur schwarz-gelben Regierungszeit im Land ja massive Konsolidierungsmaßnahmen vornehmen mussten, ist das Land damals bei der Schulsozialarbeit erstmals offiziell und nennenswert in deren Mitfinanzierung eingestiegen, die dann mit den Jahren immer weiter angestiegen ist. Sie befindet sich in Schleswig-Holstein aber immer noch auf einem ziemlich niedrigen Niveau. Wenn ich nichts übersehen habe, zahlt das Land dafür bisher rund 18 Millionen Euro pro Jahr, was im Durchschnitt nicht einmal 25.000 Euro pro Schule bedeutet – was dann auch nur gerade einmal eine halbe Vollzeitstelle wäre.
Die Schulsozialarbeit ist in Schleswig-Holstein nicht in einem geordneten Prozess bzw. nach einem einheitlichen Konzept ausgebaut worden. Die Herausforderungen an den Schulen sind natürlich auch recht unterschiedlich und das Engagement und die Leistungsfähigkeit der vielen Schulträger sind es auch. Zunehmende Herausforderungen bei der Inklusion, über deren Umsetzung man auch trefflich streiten kann, und bei der Integration haben den sozialpädagogischen Betreuungsbedarf in den letzten Jahren spürbar weiter erhöht, ohne dass die Anzahl der sozialpädagogischen Fachkräfte an den Schulen in entsprechendem Maße erhöht werden konnte. Die Zunahme der Verhaltensauffälligkeiten – noch beschleunigt durch die Corona-Pandemie – sorgt leider dafür, dass die normale Beschulung vieler Kinder und Jugendlicher schwieriger wird und es zu immer mehr sozialpädagogischer Unterstützung an den Schulen kommen muss. Natürlich kann die Schule nicht der „Reparaturbetrieb der Gesellschaft“ sein, wie es oft heißt, aber es bringt natürlich auch nichts, gesellschaftliche Realitäten nicht anzuerkennen und viele Kinder und Jugendliche zurückzulassen. Nicht jede Schülerin und jeder Schüler hat das Glück, in einem stabilen sozialen Umfeld aufzuwachsen. Viele Kinder und Jugendliche stehen vor Herausforderungen wie familiären Problemen, sozialer Not oder psychischen Belastungen. An dieser Stelle kommt dann oft die Schulsozialarbeit ins Spiel, die die Lehrkräfte unterstützen kann, damit sich diese vor allem auf die Erteilung des Unterrichts konzentrieren kann.
Wir alle hier wissen: Der Landeshaushalt muss derzeit von der Koalition mit großer Mühe wieder ins Lot gebracht werden. Das wird in den nächsten Jahren noch sehr interessant werden. Jede Ausgabe muss gut durchdacht werden und es müssen klare Schwerpunkte gesetzt werden. Bei der Schulsozialarbeit wird das Land – wie damals bei der Haushaltskonsolidierung unter Schwarz-Gelb – meines Erachtens nicht darumkommen, mehr Geld als bisher auszugeben. Ich sehe da vor allem Defizite bei der Ausstattung der Gemeinschaftsschulen: Die Lehrkräfte brauchen vor allem hier mehr Unterstützung bei der Inklusion und bei der Integration. Man wird diese beiden Großbaustellen nicht voranbringen können, ohne die personelle Ausstattung entsprechend zu verbessern. Es reicht aber nicht aus, hier vor allem auf den Bund zu zeigen und zu meinen, dass das Startchancenprogramm für die Erledigung eigener Hausaufgaben dienen könnte.
Es müssen meines Erachtens auch die unterschiedlichen Unterstützungssysteme, wie z.B. Schulbegleiter, Schulassistenten, Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter – auch im Interesse eines effizienteren Ressourceneinsatzes – neu geordnet, sinnvoll zusammengeführt und klarer geregelt werden. Das ist natürlich ein sehr dickes Brett, dass es gemeinsam mit den Kommunen und dem für die Sozialgesetzgebung zuständigen Bund zu bohren gilt. Aber im Moment ist es ja so, dass vor allem an größeren Schulen die unterschiedlichsten Berufsbilder unterwegs sind und es verschiedene Dienstherren gibt. Das heißt, dass die Schulleitungen zwar viele soziale Unterstützung erhalten, aber nicht immer so darüber verfügen können, wie es vor Ort vielleicht sinnvoll wäre. Wir brauchen bei der Schulsozialarbeit meines Erachtens insgesamt klarere Vorgaben: Was soll die Schulsozialarbeit leisten? Was kann sie nicht leisten? Wie hoch sind die Bedarfe tatsächlich? Und wie kann man das am besten erfassen und regeln? Gerade im Hinblick auf den weiteren Ausbau der Ganztagsbetreuung ist es meines Erachtens dringend nötig, hier klare Konzepte und Bedarfe zu berechnen und festzulegen."
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort