In seiner Rede zu TOP 12 (Werkstatttage zur Verbesserung der Berufsorientierung) erklärt der bildungspolitische Sprecher und Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:
„Mit diesem Antrag wollen wir die Berufliche Bildung und die Berufsorientierung in Schleswig-Holstein deutlich verbessern, weil dies aus unserer Sicht auch dringend notwendig ist! Die Schülerzahlen an den Beruflichen Schulen sind in den letzten Jahren leider gesunken – teilweise sogar massiv!
Dabei wird der Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt mittlerweile quasi von Tag zu Tag größer und die allermeisten Fachkräfte werden in den nächsten Jahren in den Berufen gebraucht, für die man eine klassische duale Ausbildung braucht – also vor allem in den Berufen des Handwerks.
Die gesunkenen Schülerzahlen haben in einigen Bereichen mit einem gewissen Strukturwandel zu tun, zum Beispiel mit Blick auf die Bankkaufleute im ländlichen Raum oder leider auch mit Blick auf den Bäckerberuf, wenn wir uns zum Beispiel die Westküste anschauen.
Die gesunkenen Schülerzahlen entstehen aber in erheblichem Maße auch durch die anhaltende, fatale gesellschaftliche Entwicklung, dass insgesamt zu wenig erkannt wird, welche großen Chancen die jungen Menschen in den Berufen der dualen Ausbildung – vor allem im Handwerk – haben. Damit meine ich nicht nur die mittlerweile oft sehr guten Verdienstmöglichkeiten, sondern auch die großartige Möglichkeit, aus seinem Talent das Beste zu machen und sich selbst im Beruf zu verwirklichen.
Es ist ein vielfach widerlegter Irrglaube, dass nur Abitur und Studium eine gute berufliche Laufbahn ermöglichen. Und diese wichtige Erkenntnis muss viel stärker den jungen Menschen und auch ihren Eltern viel stärker vermittelt werden.
Viele Länder auf der Welt beneiden unser Land um das funktionierende System der dualen Berufsausbildung und versuchen, es zu kopieren. Das passiert uns ja ansonsten nicht mehr so oft. Es wird deshalb höchste Zeit, dass wir diesen hohen Wert selbst wieder stärker erkennen und auch entsprechend handeln.
Die Landesregierung reagiert auf die sinkenden Schülerzahlen derzeit mit dem sogenannten ,Masterplan Berufliche Bildung': Was zunächst hochinteressant klingt, beinhaltet vor allem eine nicht unerhebliche Ausdünnung des Unterrichtsangebots. Ich verstehe zwar, dass man auf sinkende Schülerzahlen angesichts der begrenzten personellen Ressourcen und der teils sehr klein gewordenen Klassen irgendwann auch reagieren muss. Aber es besteht dadurch natürlich die reale Gefahr, dass man die Abwärtsspirale damit noch einmal weiter verstärkt.
Wir wissen doch schließlich alle, dass längere Anfahrtswege zur Beruflichen Schule die dort angebotenen Ausbildungsgänge für viele junge Menschen unattraktiver machen. Es muss endlich wieder mehr dafür getan, die Nachfrage deutlich zu steigern.
Wenn man sich im Land umschaut, gibt es einige gute Beispiele dafür, was hierbei helfen kann. Ein besonders gelungenes Beispiel sind aus unserer Sicht die sogenannten ,Werkstatttage', die seit einigen Jahren im Lauenburgischen durchgeführt werden.
Dort gehen Schülerinnen und Schüler von dreizehn allgemeinbildenden Schulen – wovon übrigens zehn Gemeinschaftsschulen sind – aus verschiedenen Orten in der Region für eine gewisse Zeit an das Berufsbildungszentrum des Kreises, um dort verschiedene Berufe und Tätigkeiten praktisch besser kennen zu lernen. Das bedeutet zweifelsohne einen gewissen organisatorischen Aufwand – das Land gewährt dafür auch einige zusätzliche Stellen und es müssen Dinge wie zum Beispiel die Schülerbeförderung organisiert werden.
Aber die Rückmeldungen rechtfertigen diesen Aufwand aus unserer Sicht, denn sie sind äußerst positiv und das kann ja in Wahrheit auch niemanden überraschen, denn die praktische Erfahrung bzw. das eigene Erleben ist immer deutlich effektvoller als alles andere. Wir schlagen Ihnen deshalb heute vor, dass dieses erfolgreiche Projekt zukünftig landesweit stattfinden soll.
Dies würde die wichtige berufliche Orientierung, bei der es vielerorts noch sehr viel Luft nach oben gibt, deutlich stärken. Mit den Werkstatttagen ist es im Herzogtum Lauenburg gelungen, eine erstklassige Verzahnung von allgemeinbildenden und beruflichen Schulen bei der Berufsorientierung zu etablieren.
Dies eröffnet den teilnehmenden Schülerinnen und Schülern dort über zwei Wochen hinweg die Möglichkeit, sich an den Werkbänken und in den Laboren der beruflichen Schule auszuprobieren. So werden Schwellenängste genommen und Wege aufgezeigt.
Die Schülerinnen und Schüler kommen bereits in der Orientierungsphase – in der Klassenstufe 8 – in kleinen Gruppen in sinnvoll gestalteten Modulen mit den einzelnen Berufsbildern in Kontakt und können anschließend deutlich besser einschätzen, welche Berufe etwas für sie sein könnten – oder eben auch nicht.
Wenn dies landesweit geschehen würde, könnte dies nicht nur mehr junge Menschen für die duale Berufsausbildung begeistern, sondern auch merklich dazu beitragen, dass sich die viel zu hohen Abbrecherquoten verringern – nicht nur in der dualen Ausbildung selbst, sondern auch bei den Studierenden, die hierdurch vielleicht gar nicht erst das ;falsche' Studium aufnehmen, sondern gleich in der dualen Berufsausbildung landen.
Ich bin mir sicher, dass sich viele allgemeinbildende Schulen für eine landesweite Ausweitung der Werkstatttage begeistern würden und sich dies in das Landeskonzept Berufsorientierung gut integrieren ließe. Den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen habe ich gesehen. Er lässt mich, ehrlich gesagt, etwas ratlos zurück.
Ich möchte vorschlagen, dass wir die beiden Anträge im Bildungsausschuss mit den verschiedenen Akteuren weiter vertiefen, denn es geht um ein wirklich elementar wichtiges Thema, das man nicht einfach abbügeln sollte."
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.