Christopher Vogt zu TOP 12+13+23+46 "Übergang Kita - Grundschule und verpflichtende Sprachtests und Offensive zur Stärkung der Grundschule"

Christopher Vogt

In seiner Rede zu TOP 12+13+23+46 (Übergang Kita - Grundschule, verpflichtende Sprachtests und Offensive zur Stärkung der Grundschulen) erklärt der Vorsitzende und bildungspolitische Sprecher FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

"Unsere Grundschulen – und diese Erkenntnis setzt sich ja zum Glück immer mehr durch – haben eine ganz zentrale Bedeutung für unsere Bildungslandschaft, weil sie eben für die weitere Entwicklung unserer Kinder und ihren Bildungserfolg sehr entscheidend sind.

Aus diesem Grund hatten wir uns als FDP-Fraktion schon in der Jamaika-Koalition (erfolgreich) dafür eingesetzt, dass an den Grundschulen in Schleswig-Holstein mehr Unterrichtsstunden erteilt werden, weil es da im bundesweiten und auch internationalen Vergleich ganz einfach Luft nach oben gibt.

Die Grundschulen stehen vor gewaltigen Herausforderungen: Das unterstreichen auch alle relevanten Studien – wie der IQB-Bildungstrend oder die IGLU-Studie – in geradezu dramatischer Form.

Wenn jedes fünfte oder – wie beim Lesen – sogar fast jedes vierte Grundschulkind erhebliche Lerndefizite aufweist, ist das mehr als nur erschreckend und alarmierend. Wenn es in der nachkommenden Generation solche Lerndefizite gibt, ist das nicht nur für die betroffenen Kinder und ihre Eltern schlimm, sondern es ist letztendlich natürlich auch ein großes Problem für unsere Volkswirtschaft und somit für die ganze Gesellschaft. Es besteht erheblicher Handlungsbedarf.

Wenn man auf die Ursachen schaut, dann hat die Pandemie – das muss man nüchtern feststellen und das ist ja auch wenig überraschend angesichts der Schulschließungen – natürlich ihre Spuren hinterlassen.

Es gibt aber auch längerfristige gesellschaftliche Trends, die da eine Rolle spielen. Dass zum Beispiel die verstärkte Zuwanderung in den letzten Jahren dazu geführt, dass der Anteil der Kinder, die mehr Sprachförderung benötigen, deutlich gestiegen ist, überrascht ja auch nicht.

Wir wissen aus verschiedenen Studien, dass die Bildungschancen eines Kindes signifikant geringer sind, wenn es bei seiner Einschulung nennenswerte Sprachdefizite aufweist. Deshalb war es auch richtig, dass das Land beim Thema Sprach-Kitas eingesprungen ist. Das erkennen wir an.

Aber die Fachleute – allen voran der renommierte Kieler Bildungsforscher Professor Olaf Köller – mahnen aus meiner Sicht völlig zu Recht an, dass deutlich mehr passieren muss. Wir haben mittlerweile aus meiner Sicht kein Erkenntnisdefizit mehr, sondern ein Umsetzungsdefizit:

Wir schlagen Ihnen deshalb vor, für einen verbesserten Übergang von der Kita zur Grundschule zu sorgen und zwar mit verpflichtenden Sprachtests für alle Kinder im Alter von viereinhalb Jahren, die dann im Bedarfsfall geeignete Maßnahmen der Sprachförderung nach sich ziehen müssen. Das ist natürlich leichter gesagt als getan, aber es ist nun einmal dringend notwendig, hier etwas zu tun.

Leider sind sich die Bildungsministerin und die Sozialministerin hier mal wieder völlig uneins, so dass sich hier in Schleswig-Holstein bisher nichts bewegt. Dies muss sich unbedingt ändern, denn andere Bundesländer sind hier bereits deutlich weiter und auch wir müssen uns hier endlich auf den Weg machen.

Die SPD-Fraktion macht ja einen ganz ähnlichen Vorschlag mit den Vorstellungsgesprächen in den Schulen. Es ist auch richtig – wie zum Beispiel Hamburg – bessere Daten zu generieren, die dann zielgenauere Maßnahmen ermöglichen.

Ich möchte deshalb vorschlagen, dass wir die Anträge in den Bildungsausschuss überweisen und dort mit Fachleuten wie Professor Köller weiter diskutieren. Ich wünsche mir aber auch ein klares Signal der Landesregierung und der Koalitionsfraktionen, dass es jetzt beim Thema Sprachtests und Sprachförderung endlich vorangeht!

Der vor einigen Tagen vorgestellte Handlungsplan zur Stärkung der basalen Kompetenzen der Ministerin geht zwar erneut in die richtige Richtung, er steht aber leider auch unter der Überschrift ‚zu spät und zu wenig‘. Denn die angekündigten Maßnahmen sind leider völlig unzureichend. Schleswig-Holstein braucht eine echte „Grundschuloffensive“, die wir mit unserem Antrag ebenfalls fordern. Es braucht mehr Unterricht in den Kernfächern, der dann aber auch stattfinden und von ausgebildeten Lehrkräften gegeben werden muss. Beides ist leider nicht selbstverständlich, auch daran muss weiterhin und intensiver gearbeitet werden, gerade wenn wir uns die bevorstehenden Altersabgänge bei den Lehrkräften anschauen und wenn wir sehen, was an Nachwuchskräften nachkommen wird.

Bei Lerndefiziten sollte es verpflichtende schulische Nachhilfe geben. Das mag vielleicht nicht besonders populär sein, es ist aber notwendig und Hamburg macht meines Erachtens vor, dass es auch erfolgreich ist. Wir plädieren auch für gezielte Lese-, Rechtschreib- und Matheoffensiven nach Hamburger Vorbild.

In Zeiten knapper Kassen ist das alles andere als einfach, aber die Bildungspolitik und vor allem die Grundschulen müssen einen klaren Schwerpunkt beim Haushalt bilden.

Die Lehrkräfte brauchen – gerade auch in den Grundschulen – mehr Unterstützung bei der Umsetzung der Inklusion und bei der Integration und müssen von unterrichtsfremden Aufgaben stärker entlastet werden, damit sie sich besser auf die Erteilung des Unterrichts und insbesondere auf die Kernfächer konzentrieren können.

Die Bildungsministerin muss sich auch endlich verstärkter dem notwendigen Ausbau des Ganztagsangebotes widmen, auf den es ab dem Jahr 2026 einen Rechtsanspruch geben wird. Hier liegen auch viele Chancen für den Bildungserfolg in den Kernfächern, wenn man es denn richtig macht.

Der Ganztagsausbau darf nicht nur als lästige und teure Pflicht angesehen werden, denn er ist nicht nur wichtig für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern eine echte Chance – gerade für die Stärkung der Grundfertigkeiten oder 'basale Kompetenzen', wie es neuerdings heißt, also Lesen, Schreiben und Rechnen.

Doch statt durchzustarten, trödelt das Bildungsministerium auch hier leider nur herum. Auch das muss sich ändern. Ich freue mich auf die weitere Beratung im Ausschuss!"

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort.